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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz
Autoren: Michael Wallner
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Wünschen für die Party, verließ sie das Primark , stolzierte auf die Oxford Street und genehmigte sich zwei Häuser weiter einen Waldmeister-Shake. Das ist London, dachte sie, am Strohhalm saugend, das ist Leben, das ist die Art, wie es mir gefällt!

6
    W oran sie sich sofort erinnerte, war der zackenhafte Buch stabe N aus ihrem Traum. Das Gebäude, vor dem sie stand, hatte genau diese Form, die sie bereits in nächtlichem Zustand erblickt hatte. Ein seltsamer Bau, von hohen schmiedeeisernen Gittern umgeben. Als Sam ihre Einladung aus der Tasche zog, begriff sie, dass darauf kein Restaurantname stand. Wieso hatte sie geglaubt, eine Dinnereinladung finde in einem Lokal statt? Stattdessen befand sie sich offenbar vor Teddies Privatadresse, dem Stammschloss seiner Familie. Kein anderer Name passte für dieses Haus: Es bestand aus mehreren Trakten, mit hohen viktorianischen Fenstern, einer Säulenportika und Ziergeländern auf den Terrassen. Auch wenn der Mittelteil erleuchtet war, drangen keine Stimmen heraus; schweigend lag der Bau vor dem Mädchen, das sich unsicher auf den hohen Absätzen hielt.
    Bei genauerem Blick auf die Einladung stellte sie fest, dass sie nicht wusste, was »Inauguration« bedeutete. Zu welchem Anlass war sie eigentlich geladen? Vergeblich suchte sie nach einer Klingel, machte ein paar Schritte am Zaun entlang; da schwang das doppelflüglige Tor auf und gab den Weg auf das Anwesen frei. Samantha stöckelte zum Portal, suchte umsonst jemanden, dem sie ihre Einladung zeigen konnte, und ging hinein.
    Die Halle war ganz aus Marmor; unangenehm laut knallten Sams Absätze auf dem Steinboden. Beim Durchschreiten zählte sie dreizehn Säulen auf beiden Seiten, ein düsteres Gemälde zierte die Decke. Vor dem Treppenhaus wuchs eine Palme aus einem Piedestal, sie hatte schwarze Perlen als Früchte und schien das einzig Lebendige hier unten zu sein.
Sam begriff das Ganze nicht – sie war pünktlich; wo versteckten sich die Gäste? In beklemmender Stille stieg sie die Stufen hoch, vorbei an einer Galerie von Ölporträts, die gemalte Leute aus längst vergangenen Zeiten zeigte.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Treppenhauses öffneten sich gleichzeitig drei Türen, beschwingte Musik, Licht und Bewegung drangen heraus. Erleichtert lief Sam auf die eleganten Menschen zu. Die Stimmung wirkte so ausgelassen, als ob sie schon seit Längerem feierten. Auf den nächsten Metern überfiel Sam ein weiterer Zweifel: Die Abendgarderoben waren nicht so traditionell, wie sie erwartet hatte. Samantha sah einen Hut mit Schachbrettmuster, ein rotes Kleid, hoch geschlitzt und mit Schleppe, einen Hosenanzug aus durchsichtigem Material; sie kam sich in ihrem grauen Hänger ganz unscheinbar vor. Dennoch trat sie mit erwartungsvollem Lächeln ein, sah in jedermanns Hand ein Glas, ein Kellner in schwarzer Livrée bot auch ihr etwas zu trinken an. Sie nippte, fand den Champagner köstlich und versuchte, inmitten der fremden Gesellschaft gelassen zu wirken. Selbstverständlich kannte sie niemanden von den anwesenden Damen und Herren; es wäre auch seltsam gewesen, wenn die Lernschwester aus dem Chelsea and Westminster hier ein vertrautes Gesicht entdeckt hätte.
    Da kam es bereits auf sie zu. Der Kopf eines Truthahns, die Glubschaugen – tatsächlich war es Mr Lockool, der ihr entgegentrat; auch heute trug er einen Gehrock, mitternachtsblau, mit ebensolcher Schleife. Sam brachte keine artige Begrüßung hervor, sondern fragte brüsk: »Sie sind auch hier?«
    »London ist eben ein Dorf.« Seine kräftigen Finger umschlossen ihre. »Ohne Ihre Arbeitstracht sind Sie kaum wiederzuerkennen.«
    Sam hätte sich über das Kompliment gefreut, wäre es nicht
ausgerechnet von ihm gekommen. »Sie kennen also die Familie K… die Ks… die K…!« Wie das Gegacker einer Geistesgestörten hörte sich das an, aber hol sie der Teufel, ihr fiel der Name nicht ein! Der Name, der ihren Traum durchspukt hatte, der Name, der auf der Einladung stand, der Name des nächtlichen Tänzers kam ihr nicht in den Sinn.
    »Es gibt kaum eine ältere Freundschaft als meine zu dieser Fa ilie«, lächelte Lockool.
    K - und wie weiter? Fremdländisch, ostländisch hörte es sich an. Während ihrer Gedankenakrobatik trank Sam den nächsten Schluck. »Das ist doch eine Dinnerparty?«, fragte sie, da sie fürchtete, der Champagner würde ihr zu Kopf steigen.
    »Soll ich Sie herumführen und einigen Leuten vorstellen?«
    In diesem Moment betrat jemand den
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