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Blutheide

Blutheide

Titel: Blutheide
Autoren: K.Hanke und C. Kröger
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Katharina begann, die Akte noch einmal von vorn zu lesen. Vielleicht konnte sie ja doch einen entscheidenden Hinweis entdecken, um damit ihren Chef davon zu überzeugen, dass sie ihren Job gut machte und nicht nur hier in Lüneburg war, um amouröse Abenteuer zu erleben.
17.42 Uhr
    Benjamin Rehder saß an seinem Schreibtisch. Sein Büro war nur durch eine Glaswand vom Nebenraum getrennt, sodass er die neue Kollegin an ihrem Arbeitsplatz sehen konnte. Normalerweise setzte er sich zusammen mit den anderen ins Großraumbüro, weil es einfach hilfreich war, um sich über den jeweils gerade aktuellen Fall untereinander auszutauschen. Manches Mal wusste er jedoch den Luxus zu schätzen, als ranghöchster Kommissar der Dienststelle auch ein eigenes Büro zu haben, in das er sich in besonderen Situationen zurückziehen konnte. Jetzt war so eine besondere Situation: Mit allem hatte er am Tatort gerechnet, mit nervenden Schaulustigen, mit der kaum vermeidbaren Presse in Gestalt des Lokalreporters Saalbach … aber ganz sicher nicht damit, dass sein Zwillingsbruder ihm plötzlich gegenüberstehen würde. Er war sich sicher, nach außen einen gelassenen Eindruck gemacht zu haben, was ihm wichtig war, doch in ihm drin hatte es definitiv anders ausgesehen. Acht Jahre war es her, dass sie sich zuletzt gesehen hatten. Dazwischen hatte es nur einige wenige Telefonate und ein paar Informationen durch seine Eltern gegeben.

    Er entließ ein »Pffffff« aus seinen gespitzten Lippen. Erst gestern hatte er an Benedict gedacht und ihn anrufen wollen. Benjamin Rehder fragte sich, seit wann sein Bruder wieder in der Stadt war und vor allem warum. Er schwankte zwischen Freude und Verunsicherung. Ohne Frage hatte ihm sein Bruder gefehlt. Doch es war einfach zu viel passiert in der Vergangenheit, als dass er sich jetzt unvoreingenommen freuen konnte. Er fühlte in sich hinein, ob er enttäuscht darüber war, dass Bene sich nicht gleich bei ihm gemeldet hatte, um ihm zu sagen, dass er wieder in Lüneburg war. Überrascht stellte er fest, dass es nicht so war. Er konnte seinen Zwilling sogar ein wenig verstehen, hatte er ihm doch damals mehr als deutlich gemacht, wie sehr er sein Verhalten und seine lockere Einstellung zum Leben verachtete. Ob Bene hier wohl wieder Fuß fassen wollte? Oder stattete er der alten Heimat nach all den Jahren nur einen kurzen Besuch ab und hatte es deswegen sowieso für unnötig befunden, sich bei ihm zu melden? Egal, wie es war, fest stand: Sie würden reden müssen. So bald als möglich. Am besten jetzt gleich. Zu lang schon hatte er, Ben, geschwiegen. Rehder wollte schon zum Telefon greifen, um seinen Bruder um ein Treffen zu bitten, als sein Blick erneut durch die Glasscheibe seines Büros auf Katharina von Hagemann fiel. Etwas musste er zuerst erledigen, bevor er mit Benedict sprechen würde. Er stand auf, ging in den Nebenraum und sprach Katharina an, die in eine Akte vertieft war. »Frau von Hagemann, wie sieht es aus – gehen wir zusammen ein Glas Wein trinken? Sozusagen, um auf Ihren Einstand anzustoßen?«
    Die neue Kollegin sah ihn etwas ungläubig an, und Benjamin Rehder war klar, dass er nicht sonderlich glaubhaft geklungen hatte. »Okay, ich sage es lieber gerade heraus: Ich muss mit Ihnen sprechen und ich würde das lieber in einer etwas unbürokratischeren Umgebung tun.«
18.13 Uhr
    Katharina beobachtete ihren Chef Benjamin Rehder, während er sich mit einem Aschenbecher in der Hand einen Weg durchs Lebrello bahnte. Das moderne Bistro hatte er vorgeschlagen, und es war ein eindeutiger Kontrast zu der Lokalität am vergangenen Abend. Hier war alles sehr trendy und durchgestylt, eine typische Chill-out-Lounge. Katharina gefiel es hier auf jeden Fall, obwohl sie sehr gespannt und etwas unsicher war, was Rehder mit ihr besprechen wollte. Es hatte vorhin im Büro absolut nicht so geklungen, als wenn es etwas mit dem Fall zu tun hätte. Ob es um seinen Bruder ging? Wollte er etwa mit Katharina über ihre Verbindung zu seinem Zwilling sprechen? Katharina fand es zwar nach wie vor unglücklich, dass sie mit dem Bruder ihres Chefs im Bett gewesen war, aber letztlich war das ihre Privatsache. Genau das würde sie Rehder auch sagen, wenn er sie darauf ansprechen sollte. Außerdem würde sie ihn bitten, nicht über ihre jüngste Vergangenheit in München zu sprechen, falls er davon anfangen sollte. Katharina war sich sicher, dass er die Fakten aus ihrer Akte kannte. Er war schließlich ihr Vorgesetzter und hatte
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