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Biker's Barbecue (German Edition)

Biker's Barbecue (German Edition)

Titel: Biker's Barbecue (German Edition)
Autoren: Stefan Micke , Tobias Micke
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gezogenen Kanal übrig gelassen, der sich nun langsam wieder mit Brackwasser füllt. Lake Michigan sah da mehr nach Ozean aus! Nur die vielen Fischer, die um diese Tageszeit ihren Krabben- und Austernfang an die touristenverseuchten Uferlokale abliefern, machen die unmittelbare Nähe des großen Meeres einigermaßen glaubhaft.
    Vor lauter Frustration erleide ich einen weiteren Reifenschaden. Immerhin schon mein dritter auf dieser Reise. Was das anlangt, habe ich viel aufgeholt in den letzten Tagen. – Vielleicht kann ich Tobi am Ende doch noch schlagen? Immerhin sind es ja noch beinahe 50 Meilen bis San Francisco.
    Unser vorletztes Reifenpflaster findet unter lautem Gefluche seinen endgültigen Bestimmungsort auf Stefans Vorderrad. Mein „Kriechpatschen“ hat sich dafür sonderbarerweise etwas beruhigt, ich muss ihn nur noch zweimal am Tag aufpumpen. Sogar die Luft scheint unter diesen Umständen keine Lust mehr zu haben, aus den Reifen in das bitterkalte, nordkalifornische August-Tief zu entweichen.
    Bei Stinson Beach (hier hat man wenigstens echten Meerblick) verlassen wir das zermürbende Auf und Ab von Highway 1 und fahren stattdessen auf einer Panoramastraße Mt. Tamalpais hinauf. (Es ist der letzte Berg vor San Francisco. Der aller letzte – und diesmal wirklich.) Es geht auf sieben Uhr zu, und wir klettern noch einmal unermüdlich auf über 2000 Fuß durch die Muir-Redwoods den Wolken entgegen. Es war schon unten kühl, oben wird es dafür empfindlich kalt.
    Anfangs können wir noch die Bucht von Stinson Beach sehen, später nur noch Dunst. Bei einer kurzen Abfahrt verabschieden sich unsere Finger vor Kälte. (Stand hier nicht irgendwo „Kalifornien“?) Dann schwappt der Nebel über die Straße. Wir können nichts mehr sehen. Noch schlimmer: Man kann auch uns nicht mehr sehen. Es wird gefährlich. Irgendwo da unten in der grauen Suppe mag San Francisco sein. Aber bei dieser Sicht könnten wir auch durch San Francisco durchradeln und würden es nicht bemerken. Ein unbeleuchteter Porsche mit quietschenden Reifen rast knapp an uns vorbei. Es ist Zeit aufzuhören.
    Als uns vor einer erneuten Abfahrt jemand freundlich zuwinkt, ist für uns alles klar: „Dürfen wir über Nacht hier oben bleiben?“, fragen wir. Wir dürfen.
    Der freundliche Winker ist Matt aus Colorado; er ist gerade bei einem Freund namens Dirk zu Besuch. – Dirks Haus wäre jedermanns Traum: 1910 gebaut, viel Holz, Blick zwischen den Bergen hindurch auf die San Francisco Bay (jedenfalls bei Schönwetter), 20 Minuten ins Zentrum, Hängematte mit Golden-Gate-Blick, ruhige Lage – toll! Dirk arbeitet bei der Rettung in Frisco, hat heute Nachtdienst und weiß daher noch gar nichts von seinem Glück. Matt sagt, er wird ihm später Bescheid geben, aber Dirk habe bestimmt nichts dagegen, unser Gastgeber zu sein.
    Dank einer langen, heißen Dusche rasseln wir beide noch einmal haarscharf an einer bösen Erkältung vorbei.
    Obwohl unser großes Ziel, die Golden Gate Bridge, in den letzten Tagen durch die mühselige Anreise einen ziemlich nüchternen Anstrich bekommen hat, wird das morgen, an unserem 68. Tag, einer der tollsten Augenblicke meines Lebens sein. Die Stunden bis dorthin sind noch zermürbender als Weihnachten in meiner Kindheit: das Warten, der ungeduldige Blick auf die Uhr und den Kalender. Das war immer das Schlimmste.
    Die Räder scheinen sich jedenfalls überlegt zu haben, doch noch durchzuhalten. Immerhin: Wir haben noch genau einen Flicken, obwohl ich schon seit geraumer Zeit mit einem Loch in jedem meiner Reifen fahre (gestern früh war plötzlich auch im Hinterrad keine Luft mehr). Morgen wird es wohl das letzte Mal sein, dass ich pumpen muss.

    7.
    The coldest winter I ever spent was a summer in San Francisco. Mark Twain

    Tag X. In der Nacht hat Dirks Mischlingswelpe wie verrückt geplärrt (zum Erwürgen!). In der Früh lernen wir dann auch Dirk selbst kennen. Bis zur Brücke sind es höchstens 15 Meilen, erzählt er uns. Tatsächlich werden es nur noch elf sein.
    Als wir unsere Räder vor die Haustür schieben, ist es saukalt. Ein Tag, um im Bett zu bleiben. Wozu sind wir hier überhaupt hergekommen? So schön warm hatten wir es unterwegs (zum Beispiel in der Wüste von Oregon). Der Nebel hängt noch immer dicht über der Straße; auf Mt. Tamalpais sieht es aus wie in einem türkischen Bad, nur ist es leider nicht so warm. Trotzdem versuchen wir, die Abfahrt ins Tal so schnell wie möglich hinter uns zu bringen, schon
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