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Bestien

Bestien

Titel: Bestien
Autoren: John Saul
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Kakao hinterher und
lief hinaus. Erst als auch Kelly gegangen war, enttäuscht über
das Ausbleiben des Streites, auf den sie sich gefreut hatte,
wandte Blake sich seiner Frau zu.
»Wir haben bereits entschieden«, sagte er, »daß er dieses
Jahr in die Mannschaft eintreten sollte. Wir sprachen den
ganzen Sommer darüber.«
Sharon schüttelte den Kopf. »Du sprachst den ganzen
Sommer darüber«, berichtigte sie ihn, »Du hast darüber
gesprochen, seit er das Licht der Welt erblickte. Aber es wird
nichts daraus, Blake.« Sie sah ihn an, und ihr Ton wurde sanft.
»Ich weiß, wieviel es dir bedeutete, aber Mark ist nicht du und
wird es nie sein. Vielleicht, wenn er nicht krank geworden
wäre …« Sie verstummte, und ihr Blick umwölkte sich bei der
Erinnerung an die Krankheit, die ihren Sohn beinahe getötet
hätte und Blakes Träume, daß Mark eines Tages seine eigenen
Ruhmestaten auf dem Footballplatz wiederholen würde, hatte
zunichte werden lassen. Dann holte sie tief Atem und führte
den Gedanken zu Ende. »Vielleicht würde jetzt alles anders
aussehen, wenn er nicht krank geworden wäre, aber vielleicht
auch nicht. Mark ist einfach nicht für diesen Sport gemacht. Es
ist nicht bloß seine Größe – es ist auch sein Temperament.
Siehst du das nicht?«
Blake Tanners Gesicht verdüsterte sich; er stand
schwerfällig auf. »Ich sehe eine ganze Menge, Sharon. Ich
sehe, daß ich einen Sohn habe, der ein Knirps und ein
Weichling ist, der eine Mutter hat, die es ihm durchgehen läßt.
Mein Gott! Verbringt all seine Freizeit mit einem Fotoapparat
und einem Haufen Kaninchen und halbtoten Vögeln! Wenn ich
in seinem Alter so gewesen wäre…«
»… hätte dein Vater dich verprügelt!« erwiderte Sharon
aufgebracht. »Und dein Vater war ein Trunkenbold, der dich
und deine Mutter aus jedem Grund verprügelte, der ihm in den
Sinn kam, und auch dann, wenn er keinen Grund finden
konnte! Wünschst du Mark ein solches Leben? Daß er seine
ganze Wut und Erbitterung auf dem Footballplatz abreagiert,
wie du es tatest?«
»So war es nicht«, widersprach Blake. Aber natürlich war es
genau das gewesen, und er wußte es so gut wie Sharon.
Tatsächlich war Sharon diejenige gewesen, die es von Anfang
an begriffen hatte, als sie einander in der Oberschule
kennengelernt hatten. Und immer dann, wenn er geglaubt hatte,
das Leben bei seinem Vater nicht mehr auszuhalten, hatte sie
ihn ermutigt, nicht zurückzuschlagen und die Verhältnisse zu
Hause nicht schlimmer zu machen als sie schon waren.
»Zieh deine Spielkleidung an und geh auf den Platz und
bleib dran, bis du nicht mehr wütend bist«, hatte sie ihm wieder
und wieder gesagt. »Denn wenn du jetzt nichts dagegen tust,
wirst du genau wie dein Vater, und solch einen Mann würde
ich nie heiraten.« Also hatte er ihren Rat befolgt, und es hatte
sich gelohnt. Seine Wut und Erbitterung hatten sich im Spiel
gelöst und waren in bedingungslosem Einsatz und Siegeswillen
aufgegangen; und am Ende hatte ihm das Können, das er sich
auf dem Spielfeld angeeignet hatte, das Collegestudium
bezahlt.
Er war nicht wie sein Vater und würde es nie sein.
Außer daß er tief in seinem Inneren noch immer die
Hoffnung nährte, daß sein Sohn genau wie er würde; daß er
durch Mark die Tage seiner Jugend noch einmal erleben
könnte, als die Menge ihm von der Tribüne zugejubelt hatte,
als ihn ein gelungenes Abspiel über fünfzig Meter mit
prickelnder Befriedigung erfüllt und jedes erzielte Tor ein
unvergleichliches Gefühl frohlockender Selbstbestätigung
verschafft hatte. Es spielte keine Rolle, daß Sharon überzeugt
war, es werde nie geschehen, denn in seinem Herzen war die
Gewißheit, daß es geschehen würde.
Schließlich war Mark erst im zweiten Jahr an der
Oberschule. Er hatte durch seine Krankheit ein Jahr verloren
und war nun der Älteste in seiner Klasse. Er konnte noch
immer einen Wachstumsschub bekommen. Zur Zeit seiner
Krankheit hatten die Ärzte gesagt, daß er zwar niemals die
Körpergröße seines Vaters erreichen werde, es aber andererseits keinen Grund zu der Annahme gebe, daß er unter dem
Durchschnitt bleiben würde. Folglich konnte er dieses Jahr
oder im nächsten Sommer noch immer anfangen emporzuschießen, wie Blake es mit fünfzehn getan hatte. Und dann …
Blake sagte jedoch nichts von seinen Hoffnungen, denn
Sharon, die nach all ihren Jahren zusammen stets genau wußte,
was in ihm vorging, kannte seine Gedanken beinahe so gut wie
er selbst. Also begnügte er sich mit
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