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Ausgelacht

Ausgelacht

Titel: Ausgelacht
Autoren: Steffi von Wolff
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beste Patentante, die man sich nur wünschen kann. Sie ist verlässlicher als deine Oma, die alles vergisst. Sie hat weder einen einzigen Geburtstag vergessen noch Weihnachten, Ostern und was weiß ich. Sogar an deinen Namenstag hat sie gedacht und dir Geschenke gemacht. Bei jeder guten Note hast du etwas von ihr bekommen. Und als du klein warst, weißt du noch, wie gern du zu ihr in die Wetterau gefahren bist? Oma hat immer vergessen, dich einzuladen, aber Tante Dora nie.» Tante Dora war die Schwester von Britts Oma, also der Mutter von Britts Mutter. So halt irgendwie. Britt kam damit immer ein wenig durcheinander.
    «Mama, da war ich drei oder vier.»
    «Du bist auch noch gern hingefahren, als du zehn oder zwölf warst.»
    «Das ist trotzdem Ewigkeiten her. Und ich war seitdem nicht mehr da.»
    «Sie scheint aber sonst niemanden zu haben.» Nora stellte die Teller zusammen. «Ich finde, das ist das Mindeste, was du jetzt für sie tun kannst.»
    «Aber das Studium …»
    «… fängt erst im Oktober an. Das sind noch fast vier Monate. Abgesehen davon kannst du ja dann auch ein paar Mal nach Frankfurt fahren und dich schon mal ein bisschen umsehen. Nach einer Wohnung zum Beispiel. Das sind gerade mal vierzig Kilometer.»
    «Bad Nauheim.»
Britt sprach die beiden Worte so aus, als handele es sich um eine ansteckende Krankheit. «Das ist tiefste Provinz.»
    «Es ist eine Kleinstadt», wurde sie von ihrer Mutter korrigiert.
    «Da gibt es gar nichts», sagte Britt.
    «Da gibt es sehr viel.»
    «Wahrscheinlich noch Tante-Emma-Läden.»
    «Als ich Dora im letzten Jahr besucht habe, gab es da sogar Supermärkte und Tankstellen, stell dir vor. Auch Ärzte haben sich dort niedergelassen.»
    «Bad Nauheim ist ja auch eine Kurstadt. Natürlich gibt’s da Ärzte. Und ganz viele Kurgäste, die sich abends volllaufen lassen und in so Tanzcafés herumhängen und sich Kurschatten suchen. Ekelhaft.»
    «Da musst du ja nicht hingehen.»
    «Wo soll man denn da sonst hingehen?» Britt war sauer. «Davon mal ganz abgesehen hatte ich zu Tieren noch nie ein gutes Verhältnis, und Angst vor Hunden habe ich auch.»
    «Es ist
ein
Hund, er ist halb blind und wird dir ganz bestimmt nichts tun.»
    «Kann nicht eine Nachbarin auf den halb blinden Hund aufpassen und die Blumen gießen?»
    «Herrje, Britt, du hast doch Zeit. Warum sagst du nicht einfach ja?»
    «Bad Nauheim …»
    «Also?»
    «Von mir aus.» Britt stand auf und verließ türenknallend den Raum.
    «Ich kann mir ja schon mal T-Shirts mit Strassbesatz kaufen», rief sie ihrer Mutter noch zu.
    Die schüttelte nur den Kopf.

[zur Inhaltsübersicht]
    zwei
    «Kannst du nicht einen entzündeten Blinddarm vortäuschen?», fragte Nana entsetzt, nachdem Britt ihr am Telefon von Tante Doras Bitte erzählt hatte.
    «Meine Mutter hat sie schon angerufen und ihr gesagt, dass ich
total gern
komme», sagte Britt, die immer noch sauer war. «Jetzt kann ich drei Monate in diesem Kurbad wohnen, wo sie sich wahrscheinlich noch in grunzenden Lauten verständigen. Ich kotze gleich.»
    «Na ja, so schlimm wird es jetzt auch nicht sein.» Nana kicherte. «Falls du einen Lendenschurz tragen solltest, mach bitte Fotos und schick sie mir. Ich schick dir auch welche vom Shopping in der Park Avenue. Wann fährst du?»
    «Übermorgen.»
    «Schon! Tante Dora schien sich ja sehr sicher zu sein, dass du zusagst. Dann treffen wir uns morgen noch mal. Es könnte ja das letzte Mal sein», kicherte Nana.
     
    Nach ungefähr acht Stunden im Stau auf der Autobahn passierte Britt endlich das Ortsschild, auf dem
Bad Nauheim – Kurstadt mit Herz
stand.
    «Na prima», nuschelte Britt vor sich hin, während sie am Friedhof vorbei Richtung Innenstadt fuhr. Tante Dora wohnte in einer kleinen Straße direkt am Kurpark und hatte Britt schon am Telefon davon vorgeschwärmt, wie süß die Enten und Schwäne am Großen Teich um Futter bettelten.
    «Es gibt im Teich auch große Karpfen», war es weitergegangen. «Die wollen natürlich
auch
Brotstückchen. Ach, du wirst dich wohl fühlen.»
    Britt, die sich etwas Besseres vorstellen konnte, als Karpfen mit Brot zu füttern, hatte genickt, obwohl die Tante das ja gar nicht sehen konnte.
    «Ich mache dann einen Kartoffelsalat», brüllte Tante Dora, die schon immer so laut geredet hatte. «Mit Würstchen. Das hast du doch als Kind immer so gerne gegessen. Und du bist doch bestimmt hungrig von der langen Fahrt.»
    Nachdem sie noch «Fahr aber bloß vorsichtig» und «Mach
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