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Arche Noah, Touristenklasse

Arche Noah, Touristenklasse

Titel: Arche Noah, Touristenklasse
Autoren: Ephraim Kishon
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fort, »hört man immer wieder von geplatzten Dampftöpfen.
    Sie platzen im ganzen Land. Vielleicht ist mit dem Elektrizitätswerk etwas nicht in Ordnung.«
    Langes, ausführliches Schweigen entstand. Plötzlich stieß Dwora einen heiseren Schrei aus und schlug vor, unsere Freunde Botoni und Piroschka in die geplante Festlichkeit einzuschalten.
    Es wurde beschlossen, eine diplomatische Zweier-Delegation (rein männlich) zu Botoni und Piroschka zu entsenden. Ich machte mich mit Samson unverzüglich auf den Weg.
    »Hör zu, alter Junge«, sagte ich gleich zur Begrüßung und klopfte Botoni jovial auf die Schulter. »Wie wär's mit einem gemeinsamen Sederabend? Großartige Idee, was?«
    »Wir könnten einen elektrischen Kocher mitbringen, falls eurer zufällig geplatzt ist«, fügte Samson vorsorglich hinzu.
    »In Ordnung? Abgemacht?«
    »In Gottes Namen.« Botonis Stimme hatte einen sauren Beiklang. »Dann kommt ihr eben zu uns. Auch meine Frau wird sich ganz bestimmt sehr freuen, euch zu sehen.«
    »Botoooni!« Eine schrille Weiberstimme schlug schmerzhaft an unser Trommelfell. Botoni stand auf, vermutete, daß seine Frau in der Küche etwas von ihm haben wolle, und entfernte sich. Wir warteten in düsterer Vorahnung.
    Als er zurückkam, hatten sich seine Gesichtszüge deutlich verhärtet.
    »Auf welchen Tag fällt heuer eigentlich der Seder?« fragte er.
    »Es ist der Vorabend des Passahfestes«, erläuterte ich höflich. »Eine unserer schönsten historischen Überlieferungen.«
    »Was für ein Schwachkopf bin ich doch!« Botoni schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Jetzt habe ich vollkommen vergessen, daß an diesem Tag unsere Wohnung saubergemacht wird. Und neu gemalt. Wir müssen anderswo essen. Möglichst weit weg. Schon wegen des Geruchs.«
    Samson sah mich an. Ich sah Samson an. Man sollte gar nicht glauben, auf was für dumme, primitive Ausreden ein Mensch verfallen kann, um sich einer religiösen Verpflichtung zu entziehen. Was blieb uns da noch übrig, als Botoni in die Geschichte mit den geplatzten Kochern einzuweihen? Botoni hörte gespannt zu. Nach einer kleinen Weile sagte er: »Das ist aber eine rechte Gedankenlosigkeit von uns! Warum sollten wir ein so nettes Paar wie Midad und Schulamith von unserem Sederabend ausschließen?«
    Wir umarmten einander herzlich, denn im Grunde waren wir Busenfreunde, alle drei. Dann gingen wir alle drei zu Midad und Schulamith, um ihnen unsern Plan für einen schönen, gemeinsamen Sederabend zu unterbreiten.
    Midads und Schulamiths Augen leuchteten auf. Schulamith klatschte sogar vor Freude in die Hände:
    »Fein! Ihr seid alle zum Nachtmahl bei uns!«
    Wir glotzten. Alle? Wir alle? Zum Nachtmahl? Nur so? Da steckt etwas dahinter!
    »Einen Augenblick«, sagte ich mit gesammelter Stimme.
    »Seid ihr sicher, daß ihr eure Wohnung meint?«
    »Was für eine Frage!«
    »Und euer Dampftopf funktioniert?«
    »Einwandfrei!«
    Ich war fassungslos. Und ich merkte, daß auch Samson und Botoni von Panik ergriffen wurden.
    »Die Wände!« brach es aus Botoni hervor. »Was ist mit euern Wänden? Werden die gar nicht geweißt?«
    »Laß die Dummheiten«, sagte Midad freundlich und wohlgelaunt. »Ihr seid zum Sederabend bei uns, und gut.«
    Völlig verdattert und konfus verließen wir Midads Haus.
    Selbstverständlich werden wir zum Seder nicht hingehen. Irgend etwas ist da nicht in Ordnung, und so leicht kann man uns nicht hineinlegen. Keinen von uns. Wir bleiben zu Hause. So, wie sich's im Sinne unserer schönsten historischen Überlieferungen gehört.
     
     
     
     
    Mit dem Passahfest feiern wir unsern Auszug aus Ägypten, wo wir bekanntlich Opfer der reaktionären pharaonischen Arbeitsgesetze waren. Nachdem unsere Vorväter das Land der Unterdrückung verlassen hatten, wanderten sie noch lange in der Wüste umher, um sich an die Freiheit zu gewöhnen. Angeblich dauerte dieser Gewöhnungsprozeß vierzig Jahre. Aber man hat manchmal das Gefühl, als ob er noch immer nicht ganz abgeschlossen wäre.
     

UND MOSES SPRACH ZU GOLDSTEIN
     
    Die Nacht senkte sich über das Zeltlager. Unruhe herrschte unter den Kindern Israels. Jetzt war es schon Wochen her, daß Moses sich oben auf dem Berg befand, und noch immer hatte man nichts von ihm gehört. Die Juden standen in kleinen Gruppen herum und diskutierten. Mit besonderer Vorliebe sprachen sie über die vielen Unglücksfälle, die ihnen auf der langen Wanderung aus Ägypten zugestoßen waren. Ein trockener Wüstenwind wehte
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