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ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)

ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)

Titel: ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)
Autoren: F. Paul Wilson
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eine Art Ritual. Er brachte sich sein Essen immer von zu Hause mit und aß immer im Büro. Es war also eine Form der Höflichkeit ohne jedes Risiko, wenn sie ihn fragte. Er kam nie mit. Wenn jemand berechenbar war, dann war es Ev Sanders. Sie überlegte, was sie wohl tun würde, falls er doch jemals zusagte.
    Sie griff sich das Kissen mit dem PVC-Bezug hinter ihrer Bürotür und machte sich auf den Weg zur Cafeteria.
    3.
    Die Lasagne in der Cafeteria war normalerweise immer eine gute Wahl, aber für eine warme Mahlzeit war es ihr heute zu heiß. Sie wählte einen Fruchtcocktail und ein Truthahnsandwich.
    Da. Das war doch etwas Gesundes.
    Dann kam sie zur Desserttheke und hatte sich, ohne nachzudenken, schon ein Kokostörtchen auf den Teller geladen.
    Wer soll das schon merken?
    Sie blickte über die Tische im Fakultätszimmer hinweg und sah niemanden, mit dem sie zusammensitzen wollte, also ging sie nach draußen zu dem grasbewachsenen Hügel hinter der Cafeteria. Sie hoffte, Will werde da sein.
    Er war es. Sie erspähte Will Ryersons vertraute Gestalt, die an dem breiten Stamm des einzigen Baumes auf dem Hügel lehnte, einer vom Alter gegerbten Ulme. Er nippte an einer Limonadendose und las wie üblich.
    Ihre Stimmung hob sich augenblicklich, als sie seiner ansichtig wurde. Will wirkte auf sie einfach entspannend. Seit sie mit dem Gedanken liebäugelte, eine wissenschaftliche Arbeit zu veröffentlichen, hatte sie beobachtet, wie sich jedes Mal, wenn sie daran arbeitete, ihre Organe vor Anspannung verknoteten. Sie konzentrierte sich so stark, dass sie schweißnasse Unterarme bekam, wie jemand, der harte körperliche Arbeit leistete. Diese Anspannung fiel jetzt von ihr ab, als Will aufsah und sie bemerkte. Ein einladendes Lächeln schlüpfte durch den ergrauenden Bart. Er klappte das kleine Buch zu, in dem er gelesen hatte, und legte es in seine Lunchbox.
    »Ein schöner Tag«, sagte er, als sie sich unter ihrem Baum zu ihm gesellte.
    Ihr Baum . Jedenfalls war er das in ihren Augen. Sie hatte keine Ahnung, wie Will darüber dachte.
    »Das stimmt.« Sie ließ das Kissen in das moosige Gras fallen und setzte sich darauf. »Was hast du da gelesen?«
    »Wann?«
    »Gerade, als ich gekommen bin.«
    Will schien plötzlich ein ganz neues Interesse an seinem Sandwich zu haben.
    »Ein Buch.«
    »Das habe ich gesehen. Was für ein Buch?«
    »Ähem … Der Fremde .«
    »Von Camus?«
    »Ja.«
    »Es überrascht mich, dass du das nicht früher gelesen hast.«
    »Das habe ich. Ich dachte, ich sollte es noch einmal lesen. Aber es hilft nicht.«
    »Wobei?«
    »Beim Verstehen.«
    »Was verstehen?«
    Er grinste sie an: »Alles.«
    Dann biss er herzhaft in sein Sandwich.
    Lisl lächelte und schüttelte den Kopf. Das war so typisch für diesen Kerl. Sie hatte einmal gehört, wie jemand über etwas sagte, es sei ein Rätsel, verpackt in ein Geheimnis, umgeben von einem Mysterium. Das war Will auch. Der philosophierende Hausmeister der Darnell Universität.
    Lisl war ihm das erste Mal vor zwei Jahren unter genau diesem Baum begegnet, an einem Tag wie heute, als sie beschlossen hatte, die Korrektur einiger Arbeiten an der frischen Luft zu erledigen. Will war auf sie zugekommen und hatte behauptet, sie säße auf seinem Platz. Lisl hatte zu einem großen bärtigen Fremden aufgesehen. Sein Dialekt kam unverkennbar irgendwo aus dem Norden, er roch nach Motorenöl, seine Hände waren schwielig und er schien immer Schmiere an den Fingern zu haben, die sich schon gar nicht mehr abwaschen ließ. Sein grüner Overall war staubig und verschwitzt und an seinen Arbeitsschuhen klebte Rasenschnitt. Er hatte klare blaue Augen und langes braunes Haar, das schon stark von grauen Strähnen durchzogen und in seinem Nacken mit einem roten Gummiband zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war. Die Nase war irgendwann einmal gebrochen gewesen und nicht wieder richtig zusammengewachsen und auf der rechten Seite seiner Stirn hatte er eine lange Narbe.
    Ein angegrauter Hippie-Gelegenheitsarbeiter, dem es gelungen ist, eine Festanstellung zu ergattern, hatte sie damals gedacht, ihn angelächelt und war dann genau einen Meter zur Seite gerückt. Er setzte sich und holte ein Sandwich und eine Pepsi heraus. Ganz normal. Aber als er dann ein Exemplar von Kierkegaards Die Krankheit zum Tode hervorzog und zu lesen begann, musste Lisl ihre Einschätzung überdenken. Sie begann ein Gespräch mit ihm.
    Seitdem sprachen sie immerzu miteinander. Sie wurden Freunde. In gewisser
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