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Alarmstufe Blond

Alarmstufe Blond

Titel: Alarmstufe Blond
Autoren: Johanna Marthens
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weil ich nichts fand, klopfte es vorsichtig an meiner Tür und Caroline trat ein. Sie hatte ein wunderschönes, türkisfarbenes Kleid in der Hand, das sie mir reichte.
    »Das steht dir besser als mir«, sagte sie. »Du weißt, ich mag dunkle Farben, deshalb solltest du das tragen.«
    »Aber das ist ja noch neu!«, staunte ich, als ich das Preisschild erblickte, das sie noch nicht entfernt hatte.
    »Es war ein Verzweiflungskauf, kurz bevor ich hergefahren bin. Ich dachte, ich muss noch mal zuschlagen, bevor ich mich ganz und gar in die Einöde verkrieche.«
    Ich sah sie überrascht an. »Ich dachte, du wolltest unbedingt hierherkommen.«
    »Ja, das wollte ich auch. Aber ich hatte dennoch Zweifel. Es ist schon ein gewaltiger Schritt, der Bequemlichkeit der Stadt den Rücken zu kehren. Das macht man nicht einfach so unüberlegt.«
    »Meinst du, du wirst es bereuen?«
    »Mag sein, dass es Momente geben wird, in denen ich mir die Angebote der Stadt zurückwünsche, weil mir hier die Decke auf den Kopf fällt, aber für immer dort leben, das möchte ich trotzdem nicht mehr.«
    »Es kann hier ganz schön öde sein«, seufzte ich und dachte dabei an das leere Tiefkühlfach ohne Eiscreme.
    »Aber ich denke, es ist die richtige Entscheidung. Und am Ende nützt einem die ganze Zerstreuung doch nichts, und wozu brauche ich ständig neue Kleider, eine alte Jeans und ein T-Shirt reichen völlig aus.«
    Sie verzog das Gesicht, ich lachte und nahm sie in den Arm.
    »Dann schick ich dir eben hin und wieder ein Care-Paket.«
    »Du wirst mir fehlen«, sagte Caroline und drückte mich an sich.
    »Du mir auch, zumal es hier kein Internet und keinen Handy-Empfang gibt.«
    »Das wird sich mit Sicherheit über kurz oder lang ändern, auch hier wird der Fortschritt einziehen, wart’s ab.«
    »Du hättest das Haus im Wald, das alte Forsthaus kaufen sollen, das ist noch ein bisschen schöner und dort ist Empfang.«
    Sie löste sich von mir, zuckte mit den Schultern und lächelte verschmitzt. »Das stand nicht zum Verkauf, aber vielleicht solltest du es nehmen. Dann wären wir wieder zusammen und könnten die Jeans und T-Shirts tauschen.«
    Ich lachte auf. »Die Dorfbewohner würden mich steinigen, wenn ich hierbliebe.«
    Sie lachte nicht. »Ach wo, warte ab, wie sie auf deine Rede reagieren.«
    Bei dem Gedanken wurde mir flau im Magen. Noch flauer fühlte es sich an, wenn ich daran dachte, dass meine Überraschung noch nicht eingetroffen war. Ich konnte nur hoffen, dass mein Ex-Freund und sein Bruder mich nicht wieder im Stich ließen und doch noch kamen.
    »Also, zieh es an«, sagte Caroline abschließend, »du wirst fantastisch darin aussehen.«
    Dankend nahm ich das Kleid an.
     
    Sie hatte Recht, ich sah umwerfend aus. Das Türkis ließ meine grünen Augen leuchten und meine Haut strahlen. Das Blond meiner Haare, die ich hochgesteckt hatte, wirkte weich und lieblich, mit ein wenig Make-up im Gesicht sah ich fast aus wie ein Filmstar. Wie ein Filmstar mit Makeln, ein paar Pfunden zu viel und mehreren blauen Flecken und Schrammen an verschiedenen Körperstellen, aber wer wird schon so kleinlich sein.
    »Wow«, sagte Caroline, als ich die Treppe hinunterkam. »Du siehst aus, als könntest du niemals etwas Böses über die Dorfbewohner schreiben. Sie werden dir sofort verzeihen.«
    Ich grummelte etwas, um meine Unsicherheit zu verbergen, denn ich war mir gar nicht so sicher, dass sie mir tatsächlich verzeihen würden. Falls sie überhaupt kamen.
    Auch Caroline sah fantastisch aus. Sie trug ein enges, rotes Seidenkleid (biologisch abbaubare Farbe und handgenäht) und passende rote Stiefeletten. Sexy. Also nichts mit T-Shirt und Jeans. Die Dorfbewohner würden sich umschauen, wenn sie sie zu Gesicht bekamen.
    Aber noch war keiner eingetroffen, obwohl es inzwischen an der Zeit war. Nervös mit den Füßen wippend, saßen wir auf den Stühlen und sahen alle zehn Sekunden auf die Uhr. Niemand kam. Die Wespen taten sich an den dargebotenen Speisen gütlich, auch Fliegen und Mücken beehrten uns mit ihrer Anwesenheit, aber keine Dorfbewohner.
    Angstvoll sah ich Caroline an. Sie wirkte auch nicht mehr ganz so entspannt.
    »Sie werden kommen«, wiederholte sie zum x-ten Mal, »erscheinst du immer pünktlich auf einer Party?« Aber es klang längst nicht mehr überzeugt.
    Langsam ging die Sonne unter. Wir saßen einsam da und sahen zu, wie sich die Partybeleuchtung über einer nichtvorhandenen Party einschaltete. Als sich Caroline hungrig auf einen
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