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Alarmstufe Blond

Alarmstufe Blond

Titel: Alarmstufe Blond
Autoren: Johanna Marthens
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verkleidet oder als deine Mutter.« Im Geiste sah ich mich mit riesiger Sonnenbrille, größer als mein Gesicht, und mit einem verwaschenen Trenchcoat bei Nacht und Nebel ins Dorf einfahren.
    »In der Probezeit? Da bekommst du keinen Urlaub und kannst nur wenige Tage freinehmen.«
    Ich starrte sie an. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. »Äh…naja.« Konnte ich nicht schriftlich genauso wenig eloquent sein wie jetzt mündlich? Dann wäre das Drama nie passiert.
    »Du könntest auch deinen Arzt nicht wiedersehen.«
    Das war der Punkt, der mir bei meiner Vorstellung am wenigsten gefiel. Trenchcoat und Brille hätte ich zur Not noch akzeptieren können. Aber ehrlich gesagt, war es nicht nur der Gedanke an Leonard, der mir Sorgen bereitete. Ich fühlte mich hundsmiserabel, weil ich Menschen, die mir vertrauten und mich mochten, einfach so verraten hatte. Menschen wie Emma-Louise und Albert, auch wenn Letzterer bereits tot war. Er würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was ich angestellt hatte. Vielleicht machte er es auch.
    »Was soll ich dann tun?«
    Caroline zuckte mit den Schultern. »Hast du dich schon öffentlich entschuldigt?«
    »Ich hab‘s versucht.« Dabei dachte ich an meinen kläglichen Versuch direkt nach der Explosion der Bombe gestern. Das war gehörig schiefgegangen.
    »Dann musst du dir etwas einfallen lassen.«
    »Aber was denn?«
    »Ich hatte darüber nachgedacht, zur Feier meines Einzugs eine Einweihungsparty für das ganze Dorf zu geben. Ich könnte das Ganze etwas vorziehen und für deine große Entschuldigung zur Verfügung stellen, zum Beispiel morgen. Wie klingt das?«
    Nach Hoffnung. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren!
    Ich stand auf und umarmte meine Freundin. »Es ist so schön, dass du hier bist. Ich hab dich vermisst.«
    »Ich dich auch, Pippa. Aber zieh dich an und geh vorher unter die kalte Dusche. In dem Aufzug bringst du nicht einmal eine Kuh auf deine Seite.«
    Sie hatte Recht, ich sah schrecklich aus. Doch bevor ich im Badezimmer verschwinden konnte, drückte sie mir einen Brief in die Hand. »Der ist für dich, war im Briefkasten. Sieht offiziell aus.«
    Ich riss ihn auf. Es war eine weitere Anzeige von Carl Berger. Offensichtlich war bei meinem Auto das Profil der Reifen nicht tief genug, was angeblich nicht den gesetzlichen Kriterien entsprach. Der Mann nahm eine Abfuhr von einer Frau wirklich nicht sehr sportlich. Ich warf den Brief in die Ecke und ging danach endlich unter die Dusche.
     
    ***
     
    Eine Stunde später war ich fertig geduscht und innerhalb des Hauses umgezogen. Da nun Caroline die Herrschaft im Haus – ihrem Haus – übernahm, musste ich ins Gästezimmer wechseln, das Zimmer mit Blick auf die Kuhställe. Es gab mir einen kleinen Stich ins Herz, nun nur noch Gast und nicht mehr Hausherrin zu sein, aber so war nun mal der Deal. Und ich beschwerte mich ganz gewiss nicht über den Blick auf die Kuhställe, denn die Kühe wollte ich vorsichtshalber ebenfalls auf meine Seite ziehen.
    Als ich meine Sachen im Gästezimmer verstaut hatte, besichtigte Caroline mit mir das Haus und war sehr zufrieden mit allem, was ich in der Zeit geschafft hatte. Ich erzählte ihr auch, dass die Maler die völlig falschen Farben an die Zimmerwände gepinselt und die Männer des Dorfes diesen Fehler korrigiert hatten. Bei dem Gedanken daran, wie Leonard sich darum gekümmert und ich ihm das so übel heimgezahlt hatte, kamen mir wieder die Tränen.
    »Das musst du wieder in Ordnung bringen«, sagte Caroline erneut. »Hast du nicht auch was Nettes über sie geschrieben?«
    Ich überlegte eine Weile, dann schüttelte ich den Kopf. »Ich weiß es nicht mehr. Wahrscheinlich nicht.«
    »Und jeder hat den kompletten Artikel gelesen?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Tim hat wohl nach drei Absätzen abgebrochen.«
    »Dann besteht Hoffnung. Du kannst immer noch behaupten, du hättest dir die guten Sachen für den Schluss aufgehoben. Du musst nur dafür sorgen, dass sie nicht auch noch den Rest lesen.«
    »Und wie mache ich das?«
    »Du sorgst dafür, dass sie die Zeitung niemals in die Hände bekommen. Kauf alle auf, die es hier in der Umgebung gibt.«
    Ich sah sie an, als hätte sie mir gerade vorgeschlagen, nackt auf einer Kuh durchs Dorf zu reiten, doch dann sprang ich auf, schnappte mir meinen Autoschlüssel und verschwand aus der Tür. Das war die beste Idee seit langem.
     
    Als ich in meinem Wagen durch das Dorf fuhr, klopfte mein Herz wie wild, aber die Leute, die mich
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