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Aerger mit dem Borstenvieh

Aerger mit dem Borstenvieh

Titel: Aerger mit dem Borstenvieh
Autoren: John Holgate
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angelaufen, um gestreichelt zu werden.
    »Ich fürchte, wir müssen sie jetzt weggeben«, meinte sie wehmütig.
    »Unsere Bank würde diese Frage als überflüssig anse-hen«, belehrte ich sie.
    »Wahrscheinlich«., stimmte sie zu. »Aber es waren unsere ersten Kälber.«
    Als es an der Zeit war, in der nächsten Stadt die Auktionatoren anzurufen, um ihnen mitzuteilen, daß sie unsere sechs Kälber in ihrem Verkaufskatalog mit aufführen sollten, kam ich mir vor wie Judas.
    Am Abend vor dem Verkauf wurden sie alle von John und mir gestriegelt. Aber das war fast unnötig, denn ihr Fell glänzte, und sie sahen gesund und drall aus. Victoria Jane und Nicholas Paul sagten ihnen auf Wiedersehen.
    »Was wird nun aus ihnen?« fragte der fünfjährige Nicholas.
    »Wer weiß«, antwortete John. »Vielleicht kauft sie jemand, der sie für die Zucht haben möchte.«
    »Damit sie dann selber Kälber bekommen können?«
    »Ja, so ungefähr.«
    Wir alle machen gern einen Bogen um die Realität, wenn sie unerfreulich ist. Die Kinder machten da keine Ausnahme.
    Als am nächsten Morgen der Viehtransporter vorfuhr, blieb Shirley im Haus. Sie wollte nicht mit auf die Auktion fahren.
    »Die sehen ja prächtig aus«, meinte der Fahrer, als sie die Rampe raufgingen, welche aus der Rückwand des Lasters gemacht worden war. »Die bringen sicher ‘n gutes Stück Geld.«
    »Hoffentlich«, erwiderte ich. »Wir haben eine Menge in sie hineingesteckt.«
    »Ach, da kann ich ein Wörtchen mitreden. Man hat viel Mühe mit ihnen, bis man sie soweit hat«, sagte er munter. Aber er hatte die Bedeutung meiner Worte mißverstanden.
    Er machte sich auf den Weg in die Stadt, die ungefähr zwölf Kilometer entfernt lag. Ich ging ins Haus zurück, um mich fertigzumachen und ihm zu folgen.
    »Du könntest in der Zeit einkaufen«, schlug ich Shirley vor. Aber sie wollte lieber zu Hause bleiben.
    »Mach dir keine Gedanken«, sagte sie. »Ich weiß, daß sie fort müssen. Es ist nur, daß diese etwas Besonderes waren...«
    Der Weg in die Stadt verlief von der >Schmiede< aus die meiste Zeit bergab. Auf beiden Seiten der Straße fingen die Felder bereits an, einen grünlichen Schimmer zu bekommen, und hier und dort konnte man die ersten Primeln oder Schellkraut in den geschützten Hecken ausmachen. Draußen vor dem Hof, in dem Ellis, der Kuhspezialist, wohnte, standen zwar sechs leere Kannen auf dem Milchstand, aber von dem kleinen Mann war nichts zu sehen; er hatte mir die Grundlagen in bezug auf Milchwirtschaft und Kühe beigebracht. Er war wahrscheinlich gerade hinter seinen Gebäuden bei der Arbeit.
    Als ich auf dem Markt ankam, wimmelte es dort bereits von Menschen. Etliche unter ihnen kannte ich, aber einige waren irgendwie >anders<, so daß sie einem sofort als >Fremde< auf fielen. Die meisten hatten den typisch walisischen Tonfall in ihrer Sprache, wenn sie von Gehege zu Gehege gingen und dabei die Vorzüge oder Nachteile der Rinder betonten und sich Notizen im Katalog machten. Ihre Farmen lagen hoch oben im Bergland; von dort hatten sie ihr Vieh heruntergebracht und waren nun gespannt, wie es im Vergleich zu den Tieren der Umgebung stand.
    Alice Capone — wegen ihrer Aggressivität als junges Kalb hatten wir sie so genannt — und ihre Freunde waren bereits registriert und gewogen worden. Im Durchschnitt waren sie auf der großen Waage 225 Kilogramm schwer, und man hatte die Nummer 37 als Erkennungszeichen auf ihren Rumpf geklebt. Im Vergleich zu den struppigen und schlanken Tieren um sie herum sahen sie gesund und kräftig aus. Ein Mann mit breitem Brustkasten, der einen Tweedanzug sowie eine flache Kappe trug, redete über sie mit zwei Bekannten.
    »Sie entsprechen dem, was wir suchen«, meinte er. »Sie sind von Anfang an besser gepflegt worden als die meisten hier, auch ist ihr Fell sehr gut.«
    »Bessere als diese gibt es nicht«, sagte eine Stimme hinter mir und gleichzeitig legte sich eine schwere Hand auf meine Schulter. »Dieser Bursche hier hat sie hergebracht; bis zu ihren Bäuchen in Schnee und Eis sind sie frei auf den oberen Hängen eines mächtig hohen Berges herumgelaufen.«
    Der Sprecher war Tall Stan, ein guter Bekannter, dem ich oft auf Auktionen begegnete.
    »Tatsächlich?« fragte der Untersetzte. »Kann er eine Garantie darauf geben?«
    »Wohin sollen sie gebracht werden?« fragte Stan.
    »In den Süden nach Berkshire, auf Grasweiden.«
    Der große Mann lachte: »Für da unten eine Garantie auf sie geben? Die Kälber werden
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