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Aendere dein Leben - erfinde dich neu

Aendere dein Leben - erfinde dich neu

Titel: Aendere dein Leben - erfinde dich neu
Autoren: Dr. Mario Alonso Puig
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erbost anbrüllte, ich solle weggehen, begann eine Frau, die ebenfalls die Schädel betrachtete, vor Schreck zu zittern. Im ersten Augenblick spürte ich eine gewaltige Anspannung im ganzen Körper. Mein Herz raste, und auch mein Atem ging schneller. Ich bemerkte, wie sich mein Kiefer verkrampfte und welche Wut ich auf diesen Menschen empfand, der mich derart aggressiv behandelt hatte. Wütend starrte ich ihn an und nahm sofort alles wahr, was mir an ihm unangenehm erschien. Da wurde mir mit einem Mal glasklar bewusst, dass ich in diesem Moment die Wahl hatte. Ich konnte ihm verzeihen, und genau das tat ich innerlich. Ich kann bezeugen, dass alles sich exakt so zugetragen hat, weil ich es selbst erlebt habe. In dem Moment, wo ich diese Wahl traf, verschwand die gesamte Spannung, die in meinem Körper herrschte. Das Kinn entspannte sich, Herz und Atmung beruhigten sich, und mich überkam ein wunderbarer Zustand der Ruhe und Gelassenheit.
    Als Arzt verblüffen mich derartige Erfahrungen, weil ich mich mit den erheblichen hormonellen Schwankungen und den Veränderungen an Muskeln und Organen auskenne, die mit einem Wutausbruch einhergehen. Ich weiß auch, wie schwer es ist, den Blutdruck oder auch nur die muskuläre Spannung zu senken, selbst mit Medikamenten. Dass eine einfache Entscheidung, nämlich keine Gründe oder Rechtfertigungen für einen Gegenangriff zu suchen, im Handumdrehen wieder alles normalisieren kann, und das auch noch so deutlich zu erleben, wie ich es getan habe, ist kaum zu glauben. Was mich jedoch am meisten beeindruckte, war nicht diese Tatsache, sondern dass ich, als ich den jungen Mann erneut ansah, etwas wahrnahm, was ich vorher nicht gesehen hatte, und dann irgendwie verstand, wie unglücklich er gewesen sein musste, um auf diese Weise zu reagieren. Mein Zorn verwandelte sich in Mitgefühl, was nicht dasselbe ist wie Bedauern, denn im Begriff »Mitgefühl« schwingt eine Verbindung mit dem Leid des anderen mit.
    Aus unerfindlichen Gründen hatte dieser Mensch wohl den Eindruck gehabt, ich würde ihn bewusst ignorieren oder auf ihn herabsehen, was vielleicht schmerzliche Erinnerungen in ihm geweckt hatte. Ich denke, dass meine ausbleibende Reaktion auch eine Wirkung auf diesen jungen Mann hatte, denn nun erschien er mir gelassener und ruhiger.
    An jenem Tag habe ich etwas Wichtiges gelernt, was ich mit mal mehr, mal weniger Erfolg jeden Tag anzuwenden versuche. Mir wurde bewusst, dass sich Feuer nicht mit Öl löschen lässt, sondern nur mit Wasser, und das bedeutet, dass wir die automatische Reaktion stoppen müssen, so vernünftig sie uns auch erscheint. Denn ich kann wählen, wer ich in einem solchen Moment sein möchte.
    Ich weiß, dass wir häufig glauben, der Schlüssel zu allem liege darin, etwas zu »tun«, damit wir anschließend etwas »haben«, um schließlich etwas zu »sein«. Wir müssen bestimmte Dinge machen, damit wir gewisse Dinge bekommen, die uns ihrerseits gestatten, bekannt, angesehen oder glücklich zu sein. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass dieses Schema nicht sonderlich gesund ist und dass wir es durchaus umkehren können. Wenn man zuallererst nach dem Sein trachtet, entspricht das Tun diesem Sein, und daraus ergibt sich das Haben. Aus einem ausgeglichenen, authentischen, integren und mitfühlenden Wesen heraus können Handlungen der unterschiedlichsten Art erwachsen, die sich in neuen Realitäten niederschlagen. Es ist die persönliche Bewusstseinsstufe, die bestimmt, auf welcher Seinsebene wir leben. Das normale Bewusstsein entspricht der Ebene dessen, was uns vernünftig und zumutbar erscheint. Deshalb handelt es so, wie es dieser Logik entspricht, und erhält, was ihm vernünftigerweise zusteht. Wer in ungewohnte Bewusstseinsstufen vordringt, handelt nicht aus vernünftigen Gründen, sondern aus eigenem Entschluss, und deshalb erhält er etwas, das einerseits ungewöhnlich und andererseits unerwartet ist.
Zusammenfassung
    Wenn wir uns bemühen, unsere Handlungen nicht von unseren Emotionen, sondern von der eigenen Wahl leiten zu lassen, ist unser Handeln wirklich frei.

17 | Die Heimkehr
    »Ich mache mir keine Sorgen darüber, wie etwas zu lösen ist,
    weil ich neugierig, fasziniert und erwartungsvoll auf das harre, was sich ergeben mag.«
    Dr. Milton Erickson
    Wie wir bereits wiederholt gesehen haben, bombardiert uns unsere Identität mit einem wahren Trommelfeuer an Gedanken und erzeugt damit einen solchen mentalen Lärm, dass wir den viel subtileren Klang
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