Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Acacia

Titel: Acacia
Autoren: David Anthony Durham
Vom Netzwerk:
Leeka Alain der nördlichen Schutztruppe und ist für König Leodan bestimmt.«
    Thaddeus wandte sich seinem Diener zu, der ihm wie ein Schatten gefolgt war, und befahl ihm, der Botin einen Teller mit Essen zu bringen. Als der Mann schlurfend das Zimmer verließ, bedeutete Thaddeus der Frau mit einer Handbewegung, auf einem der Sofas Platz zu nehmen. Sie sträubte sich zunächst, doch als er sich selbst setzte, folgte sie seinem Beispiel. Als Kanzler nahm er sämtliche Nachrichten entgegen. »Das ist dir doch gewiss bekannt«, sagte er mit vorwurfsvollem Unterton.
    Mit seinen sechsundfünfzig Jahren war Thaddeus längst nicht mehr so stattlich wie in seiner Jugend. Der sengende Sonnenschein der acacischen Sommer hatte tiefe Falten in seine Haut gegraben, die sich jedes Mal vermehrt zu haben schienen, wenn er in einen Handspiegel sah. Doch wie er so mit aufgerichtetem Oberkörper im flackernden Feuerschein dasaß, die Hände auf dem Schoß verschränkt und in den dunkelroten Satin des Winterumhangs gehüllt, schien der Kanzler mit seiner Stellung als Vertrauter des Herrschers des größten Reiches der Welt völlig im Einklang zu sein. Er war nur wenige Monate nach Leodan Akaran geboren worden, als Sohn einer fast ebenso hochgestellten Familie, doch man hatte ihm schon früh gesagt, dass es seine Aufgabe sei, dem zukünftigen König zu dienen, und nicht, selbst nach solchen Höhen zu streben. Er war ein verlässlicher Vertrauter, erfuhr stets als Erster von allen Geheimnissen und bekam den Monarchen so zu Gesicht wie sonst nur seine nahen Familienangehörigen. Seine Rolle und gesellschaftliche Stellung waren ihm, genau wie den zweiundzwanzig Generationen von Kanzlern vor ihm, aufgrund seiner Geburt vorherbestimmt gewesen.
    Der Diener brachte ein Tablett mit geräucherten Austern, Sardellen und Trauben und zwei Karaffen, eine mit Limonenwasser und eine mit Wein. Thaddeus forderte die Frau auf, sich zu bedienen. »Zwischen uns sollte es keine Unstimmigkeiten geben«, sagte er. »Ich sehe, dass du eine gewissenhafte Soldatin bist, und nach dem Zustand deiner Kleidung zu schließen, hast du eine beschwerliche Reise hinter dir. Im Mein muss es zu dieser Jahreszeit höllisch kalt sein. Verschnaufe erst mal. Bedenke, dass du dich innerhalb der Mauern von Acacia in Sicherheit befindest. Und dann sag mir, was du zu sagen hast.«
    »General Alain...«
    »Ja, du hast bereits erwähnt, dass er dich geschickt hat und nicht der Gouverneur.«
    »Ja, die Nachricht kommt von General Alain«, sagte die Botin. »Er lässt dem König und seinen vier Kindern seine untertänigsten Grüße übermitteln und versichert ihn seiner Ergebenheit. Möge der König lange leben. Er versichert den König seiner Loyalität, jetzt und in aller Zukunft, und bittet darum, dass der König seiner Nachricht aufmerksam lauschen möge. Jedes einzelne Wort sei wahr, auch wenn die Nachricht unglaubhaft erscheinen möge.«
    Thaddeus entließ seinen Diener mit einem stummen Blick. Als der Mann hinausgegangen war, sagte er: »Der König lauscht durch mich.«
    »Hanish Mein plant einen Krieg gegen Acacia.«
    Thaddeus lächelte. »Unwahrscheinlich. Die Mein sind keine Narren. Ihre Zahl ist klein. Das acacische Reich würde sie wie Ameisen zerquetschen. Seit wann ist Leeka ein solcher...«
    »Herr, verzeiht mir, aber ich habe den Bericht noch nicht beendet.« Die Botin schien betrübt darüber und rieb sich kurz die Ringe unter ihren Augen. »Wir haben es nicht nur mit den Mein zu tun. Hanish Mein hat ein Bündnis mit Leuten von jenseits der Eisfelder geschlossen. Sie sind über das Dach der Welt in den Süden nach Mein gekommen.«
    Das Lächeln des Kanzlers verflüchtigte sich. »Das kann nicht sein.«
    »Herr, ich schwöre bei meinem rechten Arm, dass sie zu Tausenden in den Süden gekommen sind. Wir glauben, dies geschah auf Betreiben Hanish Meins.«
    »Er ist über die Grenze der Bekannten Welt vorgedrungen?«
    »Kundschafter haben sie kommen sehen. Es ist ein seltsames Volk, barbarisch und wild...«
    »Die Menschen neigen dazu, Fremde für barbarisch und wild zu halten.«
    »Sie sind einen ganzen Kopf größer als normale Menschen. Sie reiten auf wolligen, gehörnten Tieren, die Männer zertrampeln können. Es sind nicht nur Soldaten, sondern sie haben auch Frauen, Kinder und Alte mitgebracht, in riesigen Wagen, die rollenden Städten gleichen und von aberhunderten Tieren gezogen werden, von denen ich noch nie gehört habe. Es heißt, sie hätten auch rollende
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher