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Abendfrieden

Abendfrieden

Titel: Abendfrieden
Autoren: Monika Buttler
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cremefarbenen Sofas gruppiert waren. »Sehr schön«, sagten die Kommissare unisono.
    Der alte Holthusen umfasste noch fester sein Glas. »Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie hier sind«, sagte er schroff. »Meine Frau hat irgendeinen Zusammenbruch gehabt und ist daran gestorben – mit 78 Jahren. Aber Sie sind keine Mediziner, sondern Kripoleute. Was untersuchen Sie hier denn? Einen Mord vielleicht?«
    »Mord?« Thomas Holthusen zuckte erschreckt zusammen. »Ihre Putzfrau hat uns gerufen, Ihre Frau lag hier tot mit allen Anzeichen schwerster Krämpfe, und krank war sie angeblich nicht. Da ist doch klar, dass wir prüfen müssen, ob hier ein natürlicher Tod vorliegt oder nicht«, sagte Danzik beherrscht. »Wie Sie sehen, wurde außerdem die Terrassentür eingeschlagen.«
    »Das ist nur Ihre Pflicht.« Der junge Holthusen hatte sich etwas gefasst. »Sagen Sie mir, wenn wir Ihnen noch irgendwie behilflich sein können.«
    »Danke. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mir bei Gelegenheit mitteilen würden, ob etwas gestohlen wurde. Vielleicht hat Ihre Mutter jemanden überrascht und sich so aufgeregt, dass sie eine Art Anfall erlitten hat.«
    »Sogar auf Selbstmord sind wir in solchen Situationen schon gestoßen«, warf Tügel ein. »Aber davon kann hier wohl nicht die Rede –«
    »Nein, natürlich nicht!« Der Sohn blickte beinahe empört. »Ich sagte doch schon, meine Mutter war vital und – ja, sogar richtig lebenslustig.« Erneut traten Tränen in seine Augen. »Die Herren werden es herausfinden.« Der Senior wollte sich erheben. »Wir sind noch nicht ganz fertig«, sagte Danzik. »Um die Ursache zu ermitteln, müssen wir die Verstorbene in das Institut für Rechtsmedizin bringen.«
    Henri Holthusen verschluckte sich plötzlich und schob schnell etwas Whisky hinterher. »Sie meinen für eine Obduktion. Und wenn ich das verweigere?«
    »Das können Sie nicht. Unter diesen Umständen gewiss nicht.« Danzik lächelte fast. »Sie wollen meine Mutter aufschneiden?« Thomas Holthusens Gesicht durchlief ein Zittern. »Wenn Sie es so ausdrücken wollen. – Noch etwas, nur eine Formsache: Wo waren Sie beide heute Nachmittag?«
    »Aha, das Alibi.« Henri Holthusen verzog verächtlich den Mund.
    »Ich war natürlich in unserem Kontor in der Speicherstadt, den ganzen Tag«, sagte der Junior schnell.
    »Und in der Mittagspause?«, hakte Tügel nach. »War ich auch dort. Restaurants gibt’s ja im Freihafen nicht.«
    »Sie essen immer nur Mitgebrachtes?«
    »Manchmal gehe ich in die Kantine vom Amt für Strom- und Hafenbau.«
    Danzik wandte sich an den Senior. »Und wo waren Sie?«
    »In unserem Tee-Museum, Am Sandtorkai, kennen Sie ja wohl.«
    »Ist mir ein Begriff. Kann Ihre Anwesenheit und die Ihres Sohnes jemand bezeugen?«
    »Unsere Mitarbeiter.«
    »Bei wem von Ihnen hat Ihre Putzfrau eigentlich angerufen?«
    »Bei mir natürlich«, sagte Thomas Holthusen. »Mein Vater arbeitet nicht mehr regelmäßig. Er kommt zweimal in der Woche, dienstags und freitags, ins Kontor, die übrige Zeit schaut er mal bei unserem Tee-Museum oder in unserem Tee-Geschäft in der Galleria-Passage vorbei.«
    »Ich arbeite mehr als ihr jungen Leute heutzutage.« Henri Holthusen sah seinen Sohn mit verkniffener Miene an. »Ja, natürlich, das hab ich doch nicht so gemeint. Jedenfalls hab ich meinen Vater vom Tee-Museum abgeholt, und wir sind gleich hierher gefahren.«
    »Wo ist eigentlich Ihre Frau jetzt?«, fragte Danzik. »Meine Frau –« Thomas Holthusen überlegte, als müsse er sich in Erinnerung rufen, dass er überhaupt eine hatte. »Das weiß ich gar nicht. Hat sie dir was gesagt, Vater?«
    »Sie wollte, glaub ich, wieder zu dieser Freundin. Zu dieser Ingrid.«
    »Isabel, Vater, Isabel.«
    »Wir haben jetzt schon Abend«, sagte Danzik. »Erwarten Sie Ihre Frau, beziehungsweise Ihre Schwiegertochter, denn nicht zurück?«
    Senior und Junior Holthusen hoben die Schultern. Der alte Herr nahm sich eine Zigarre aus dem Kistchen. »Möchten Sie eine? Cohiba, was wirklich Feines.«
    Der Hauptkommissar machte eine abwehrende Handbewegung und stieß die Luft aus, Tügel blickte unruhig zum Flur. »Die Bestatter sind schon auf dem Weg«, wandte sich Danzik an die Holthusens. »Sicher wollen Sie jetzt Abschied nehmen.«
    Henri Holthusen blieb sitzen und zog heftig an seiner Zigarre, der Sohn ging ins Bad hinüber und kam nach Minuten mit verweinten Augen zurück.
    In diesem Moment klingelte es an der Haustür, und alle gingen auf den Flur.
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