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305 - Nach Millionen von Jahren

305 - Nach Millionen von Jahren

Titel: 305 - Nach Millionen von Jahren
Autoren: Michelle Stern
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    Aufhören. Bitte. O Gott, aufhören!
    Sie erbrach sich wie in einer Eruption.
    Der Sturm wurde zum alles vernichtenden Strudel und kreiste immer schneller. Das Krankenzimmer um sie her verblasste. Endlich, ein Fluchtpunkt am dämmernden Horizont. Rettende Dunkelheit.
    »Ihre Organe versagen! Sie muss an eine Versorgungsmaschine!«
    Die Stimme klang weit entfernt. Sie schien nichts mit ihr und ihrem Zustand zu tun zu haben. Der verrückte Drang, laut zu lachen, wuchs in ihr an. Sie sollte also ein Fischmensch sein? Ein Wesen, das vor Milliarden von Jahren auf dem Mars gelebt hatte? Das war ein Witz. Ein schlechter Witz der lachenden Schöpfer Rotgrunds.
    Maddrax , dachte sie benebelt. Wohin hast du mich nur gebracht?
    Dann dachte sie nichts mehr.
    ***
    Vergangenheit, Rotgrund
    » Mit mehr Gefühl.« Gilam’esh stand keine zwei Längen von ihr entfernt. Seine Stimme klang aufmunternd. »Leg mehr Gefühl in deine Gedanken. Die Muy’laals sind mächtige Verbündete, wenn es dir gelingt, sie zu rufen. Aber sie sind stolz und mögen keine Befehle. Vermittle ihnen den Eindruck, sie zu bitten. Selbst dann, wenn du einen harten verbalen Befehl sendest. Sie verstehen deine Worte nicht. Es zählt nur der mentale Impuls, dem sie folgen sollen. Und der muss weich sein wie lange gekochtes Wasser.«
    Manil’bud ließ ihre Membranen über die Augen sinken und das Bild ohne Fokus zerfließen. Sie spürte die Kühle des kleinen Sees vor sich. In dem Gewässer lebten die Tiere, die sie beschwören sollte. Ihre abschließende Umlaufprüfung als Gilam’eshs Schülerin sah vor, dass sie die Muy’laals rufen musste. Nur auf ihren geistigen Impuls hin sollten die schlangenförmigen weißen Fische ihr Element – das Wasser – verlassen, um neben ihr an Land zu springen.
    Sie watete noch ein Stück tiefer in den roten Schlamm vor dem See hinein. An ihren Knöcheln schmatzte es saftig. Konzentriert blieb sie stehen und richtete ihre Gedanken erneut auf die silbern flimmernde Wasserfläche. Unter dem hellen Glanz lauerten die Muy’laals.
    Kommt , lockte sie mental und stellte sich dabei vor, die Fische sacht zu streicheln. Kommt und jagt die Patrydree. Tötet die, die ihr hasst.
    Die Patrydree fraßen Muy’laals, wenn sie kein Hydreefleisch bekamen. Während die Ditrydree sich ausschließlich von pflanzlicher Nahrung ernährten, fielen den Kannibalen immer wieder ganze Schwärme der halbintelligenten Kampf- und Fährtenfische zum Opfer.
    Kommt , lockte Manil’bud weiter. Kommt und helft mir gegen die Patrydree, Freunde im Geist, Verwandte im Kampf.
    Nichts. Das Wasser blieb so unbewegt, als gäbe es darin kein Leben. Trotzdem versuchte sie es weiter. Ihr Scheitelkamm fühlte sich heiß an, ihre Knie zitterten. Es kostete sie gewaltige Kraft, den Ruf aufrechtzuerhalten.
    Kommt!
    Plötzlich war da eine neue Empfindung. Manil’bud riss die Augen weit auf. Am Rand ihres Bewusstseins zupfte ein fremder Geist. Zustimmende Gedankenimpulse breiteten sich aus.
    Es funktionierte! Ein erster Kontakt bildete sich. Alle Schmerzen im Körper waren vergessen. Sie rief die Muy’laals so inbrünstig, wie sie nicht einmal zu den Ewigen Schöpfern gebetet hatte.
    Kommt, kommt, kommt!
    Es klatschte im Wasser. Die Oberfläche teilte sich. Fünf Weißfische sprangen in die Luft, überschlugen sich und flogen ihr entgegen. Sie schlugen der Länge nach im Schlamm auf und zappelten hellen Schlangen gleich im Kampfrausch.
    Manil’bud spritzte der warme Schlamm bis ins Gesicht. Sie klackte fröhlich. »Ich habe es geschafft! Sieh nur, Gilam’esh! Ich habe sie gerufen und sie sind gekommen!«
    »Hast du daran gezweifelt?«, fragte er schelmisch zurück.
    Sie bückte sich und griff nach einer Ladung Schlamm, um sie nach ihm zu werfen.
    Die zuckenden Fische lösten sich nach und nach aus dem weichen Grund und sprangen ins Wasser zurück. Manil’bud fühlte ihre Verwunderung, nicht in einen Kampf verwickelt zu werden.
    Nächstes Mal , tröstete sie, während sie selbst mitten im Kampf gegen Gilam’esh stand. Brocken und nasse Erde flogen hin und her. Wasser und Dreck perlten ihren Körper hinab.
    Es dauerte eine Weile, bis sich Manil’bud beruhigte und die Begeisterung über ihren Erfolg nachließ. Verlegen wurde ihr klar, dass sie sich wie eine Junghydree benahm. Es stand ihr nicht zu, ihren Lehrer anzugreifen. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, wie günstig der Moment war.
    »Ich gehe mich waschen«, sagte sie mit belegter Stimme. War es
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