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305 - Nach Millionen von Jahren

305 - Nach Millionen von Jahren

Titel: 305 - Nach Millionen von Jahren
Autoren: Michelle Stern
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konnte. Erste Bläschen stiegen auf. Seine Blicke huschten über die hydritischen Zeichen auf dem Hauptschirm. Die Bronzetafeln um ihn her blinkten im Lichtgewitter. Ein akustischer Alarm sprang an und hämmerte mit einem lauten TAK-TAK-TAK in sein Hirn, als wollte er ihm das Denken austreiben.
    Er schwamm noch näher an die Schaltanlage der dritten Kammer heran. Das Seil gab widerwillig nach. Seine behandschuhten Hände glitten über den Touchscreen. Da! Endlich ein Hinweis, das richtige Symbol, um auf den Fluss einwirken zu können! Die Membran an seinem Helm wurde inzwischen beunruhigend heiß. Seine Schuppenhaut brannte. Es fühlte sich an, als würde er mitten im Wasser verdörren.
    »Notverschluss«, gab er hastig ein.
    Er hatte den Befehl kaum bestätigt, als ein hässliches Grollen und Krachen neben ihm erklang. Der Boden der Leitung brach auf! Wie ein wütender Wulroch-Bulle schoss Lava in den Raum.
    Gilam’esh schrie, unfähig sich zu rühren. Die explodierende Hitze war ein Schock, der ihn erstarren ließ. Er sah sein Leben vor seinem inneren Auge ablaufen: die Zeit als Junghydree auf dem Rotgrund [1] , die Reifeprüfung, bei der er einen Wulroch-Bullen tötete und der Geist von Matthew Drax aus einer fernen Zukunft in ihn fuhr. Seinen Aufstieg mit Matts Hilfe, vom Kriegsmeister bis hin zum Hochrat von Tarb’lhasot. Den Bau des Zeitstrahls, der sein Volk vor dem Atmosphärenverlust evakuieren sollte.
    Dann seine missglückte Flucht nach Ork’huz, dem blauen Planeten. Die körperlose Gefangenschaft im Strahl, der seine Heimat mit der rettenden Welt verband. Schließlich sein Wiedereintritt ins Leben dreieinhalb Milliarden Jahre später, die Reise nach Gilam’esh’gad, wo er einen neuen Körper erhielt und E’fah kennenlernte, bis hin zu den Kämpfen in Hykton und seinem Rückzug in die uralte mystische Stadt.
    Die Hydriten der Meere hatten in ihm einen Propheten gesehen, viele wohl sogar einen Gott, aber er war keiner. Deshalb musste er sie zwangsläufig enttäuschen. Und nun würde das Schicksal endgültig zeigen, dass er kein Schöpfer und nicht unsterblich war – Weltenwanderer hin oder her. E’fah war zu weit entfernt, um mit der Gabe des Geistreisens in ihren Körper überzuwechseln. Alles endete an diesem Punkt.
    Während sein Bewusstsein schwand, erinnerte er sich an die Augen der Hydreefrau, die ihm damals auf dem Rotgrund unsagbar viel bedeutet hatte: an die türkisen Sterne im Gesicht Manil’buds.
    Ein brutaler Ruck riss ihn ins Leben zurück. Mit unglaublicher Geschwindigkeit rollte sich das bionetische Seil auf der Hydraulikspule auf, die E’fah aktiviert hatte. Es katapultierte Gilam’esh wie ein Geschoss durch die Röhre in den Raum über ihm, während sich eine Sicherheitsluke automatisch schloss und die Hitze zurückblieb. Die Raumdecke stoppte seinen Wasserflug. Hart prallte er gegen das lumineszierende Gestein und trieb Richtung Grund. E’fah hielt ihn fest.
    Er klackte und schnalzte gequält. Jeder Muskel tat ihm weh. Die sengende Hitze ließ nur langsam nach.
    »Danke«, brachte er hervor. »Das war Rettung im letzten Membranschlag.«
    Sie zog ihm den Helm ab. In ihren Augen erkannte er Stolz. »Du hast es geschafft«, klackte sie zärtlich und fuhr über seinen hochroten Scheitelkamm. »Du hast deinen Hornschädel durchgesetzt. Der Zufluss ist unterbrochen. Sieh nur die Statusanzeige.«
    Er folgte ihrem Blick und las auf der Überwachungskonsole des Kontrollraums die neuen Werte. Kammer drei stabilisierte sich. Der Schaden konnte schon in wenigen Wellenschlägen von der Automatik behoben werden, wenn das heiße Wasser unter ihnen ausgetauscht worden war. Nur ein kleiner Teil Magma war in die Zentralkammer des Sektors eruptiert.
    »Dieses Mal korrigieren wir die Regulationseinstellungen so, dass wir keinen Ärger mehr bekommen«, schnalzte Gilam’esh grimmig.
    E’fahs Quastenlippen verzogen sich zu einem Grinsen. »Sicher. Du wirst es schon gründlich machen, du Volkslegende.«
    Sie warteten, bis die Werte auf Status Grün standen, und machten sich dann an die Arbeit. Mit bionetischem Spezialmaterial auf Mikrochimärbasis sicherten sie die poröse Leitung zusätzlich. Das Lavagestein war partiell über Gebühr belastet worden, da ein zu großer Fluss Magma mit überhöhtem Druck hindurchgeleitet wurde.
    Gilam’esh hatte eben die Neueinstellungen abgeschlossen, um einer zukünftigen Überlastung vorzubeugen, als seine Helmmembran am Ohr vibrierte. Quart’ol meldete sich
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