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24 weihnachtliche Geschichten - ein Adventskalenderbuch

24 weihnachtliche Geschichten - ein Adventskalenderbuch

Titel: 24 weihnachtliche Geschichten - ein Adventskalenderbuch
Autoren: Diana Hrsg Steinbrede
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herrschen wir“, sagen die Kinder. „So wie’s früher an dem Tag war.“
    „Wie?“ Die Erwachsenen begreifen gar nichts.
    „Nikolaus ist der Beschützer der Kinder.“
    „Na und?“ Den Erwachsenen fällt nichts weiter ein.
    „Wir haben beschlossen, morgen alles so wie früher zu machen. Und früher war’s besser, das sagt ihr doch immer.“
    Die Erwachsenen sind verwirrt. Sie stehen mitten im Städtchen auf dem winzigen alten Marktplatz an der Schmiedenwirtschaft. Was auch immer sie sagen, die Kinder wollen nicht gehorchen und nach Hause gehen. Hat die Seisla sie etwa verzaubert?
    Der Wind bläst eisekalt von der 1000-jährigen Burg und über die niedrigen Hausdächer hinweg. Bei dem Wetter sind sonst nur Krähen unterwegs, in der Schmiede geht das Licht an, und weil die Erwachsenen weder mit Fragen noch mit Befehlen oder Drohungen bei ihren Kindern weiterkommen, gehen sie erst mal in die Schmiede etwas trinken und besprechen, warum sie plötzlich nichts mehr zu sagen haben.
    Später zu Hause polieren die Kinder ihre Schuhe und stellen sie vor die Türen. Sie sagen zu den Erwachsenen, dass sie es gern so haben wollen wie früher.
    Am nächsten Morgen, am Nikolaustag, springen die Kinder aus den Betten und holen ihre Schuhe ins Haus. Da gucken sie dann verdutzt, als sie darin Nüsse, Mandarinen, getrocknete Aprikosen und hartes Honigkuchengebäck finden. Keine Schokolade.
    „So war’s eben früher“, sagen die Erwachsenen.
    „Und was soll daran besser sein?“, fragen die Kinder.
    „Na ja“, sagen die Erwachsenen und kratzen sich am Kopf. „Es war einfach besser. Besser für die Zähne. Und es gab ja nicht immer Mandarinen, die waren kostbar. Sind sie das etwa nicht? Von einer Farbe wie die untergehende Sonne an einem Sommerabend.“
    „Na und?“, sagen die Kinder.
    „Euch fällt wohl nichts anderes ein als na und“, erwidern die Erwachsenen.
    Das finden die Kinder nicht lustig. Sie nehmen ihre Stöcke und ziehen los, klingeln an allen Türen und sagen ihr Gedicht auf. Die Stöcke klopfen sie im Rhythmus auf den Boden.
    Nikolaus, der große Mann,
    klopft an alle Türen an.
    Kleinen Kindern bringt er was,
    große steckt er in den Sack.
    „Na, dann kommt mal rein“, sagen die Erwachsenen, „hier kriegt ihr was zu essen.“
    Im dritten Haus schreien die Kinder. „Hilfe, bitte keine Thüringer Klöße mehr!“
    „Aber arbeitet ihr nicht schwer und seid froh, wenn ihr mal richtig zu essen kriegt?“
    „Wieso?“

    „So war das früher.“
    „Ich denke, früher war alles besser?“
    „Wir haben uns vielleicht geirrt“, sagen die Erwachsenen.
    „Hm“, sagen die Kinder. „Wir machen trotzdem weiter.“
    „Oje, was denn jetzt noch? Kommt wieder rein und lasst uns die Adventskerzen anzünden.“
    „Nö“, sagen die Kinder. „Jetzt kommt der Festumzug!“
    „Welcher Umzug? Ist doch kalt draußen.“
    „Na und, zieht euch warm an!“
    Die Kinder sind streng, die Erwachsenen kriegen richtig Ärger, dass sie solche Stubenhocker sind. Heute dürfen die Kinder wohl alles.
    Die Erwachsenen stehen brav am Straßenrand. Gerade noch so erkennen sie ihre Kinder, die jetzt kommen, sie sehen heute ganz anders aus. Wesen, in Felle gekleidet, mit riesigen furchterregenden Fratzenmasken, mit verzogenen Mündern, aufgerissenen stieren Augen, Fell auf dem Kopf und mit Hörnern. In den Händen große Glocken, um den Leib Schellen und vor dem Bauch die Trommeln. Und manche springen wild herum, mit Gerten in den Händen. Die witschen sie den Erwachsenen an die Waden, bis auch sie springen wie Kobolde, ein Bein hoch, das andere hoch und rufen: „He! Was macht ihr da? Aufhören! Schluss!“
    Aber die kleinen Ungeheuer pritschen weiter. Die Erwachsenen springen gleich mit beiden Beinen in die Luft, wenn so ein Dämon ihnen nur nahe kommt.
    „War doch gut früher“, rufen die Kinder lachend unter ihren gruseligen Masken hervor. „Wir vertreiben die Winterdämonen und Nachtgeister, wir müssen Angst einjagen und Krach machen, damit sie denken, hier wohnt schon einer von ihnen.“
    „Ach, das ist nur Aberglaube von früher“, sagen die Erwachsenen.
    „Na und!“
    „Seid vernünftig und hört jetzt sofort auf!“
    „Nö“, sagen die Kinder. „Macht Spaß.“ Und sie lassen die Erwachsenen weiter in die Luft springen, schütteln die Glocken und schlagen die Trommeln. Den Erwachsenen ist gar nicht mehr kalt, als sie sich noch die Rede von Knecht Ruprecht im schwarzen Gewand anhören müssen: „Liebe
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