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1893 - Offensive des Traal

Titel: 1893 - Offensive des Traal
Autoren: Unbekannt
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hatte.
     
    *
     
    Korter selbst hielt die feierliche Zeremonie ab, doch Bontereigg merkte schon bei den ersten Worten des Anführers, daß dieser nicht bei der Sache war. Er redete und redete und ließ nichts unversucht, den neunzig Mönchen eine Zukunft voller Verheißung auszumalen.
    Er heuchelt, sagte Bontereigg sich und sah sich unmerklich um.
    Die meisten merkten es, und schließlich begriff auch Korter, daß er sich nicht gerade mit Ruhm bekleckerte und zudem der Zeremonie ihren spirituellen Charakter nahm. Er begann lauter zu sprechen, doch seine Worte klangen dadurch nicht überzeugender, eher aufdringlicher. Schließlich hörte Bontereigg gar nicht mehr zu und beschäftigte sich mit seinen eigenen Gedanken und Empfindungen aus der Zeit, als er eine Frau gewesen war.
    Vierzig Jahre war es her, daß Geunpach sie auf Phasenberg aufgefordert hatte, in den Dienst der Außenwächter zu treten. Er war sozusagen mitten in ein Teteätete geplatzt, natürlich ohne es zu wissen.
    Höft Mahrenbach, der alte Shaogen-Hüter vom neunten Phasenhügel, hatte Bontereigg seine heimliche Liebe und Leidenschaft gebeichtet, und sie traf sich mit ihm, um ihr Einverständnis kundzutun. Das „Ja" lag ihr bereits auf der Membran, aber da kam der Außenwächter mit seinen’ orangefarbenen Schärpen den schmalen Pfad zwischen den Büschen herab und trat auf das Paar zu.
    „Firihold, die Wärterin, hat mir den Hinweis gegeben, wo ich euch finde", sagte er nach einem kurzen Gruß und nannte seinen Namen.
    Bisher hatte Bontereigg in ihrem Leben nie unmittelbar mit Vertretern des ehrwürdigen Ordens zu tun gehabt. Sie kannte seine Zielsetzungen und die Leistungen, die die sittenstrenge Organisation unter Führung Korters in den fürchterlichen Jahren seit dem Erlöschen des Sternlichts vollbracht hatte. Zwar war der Orden unter der Führung Brovns noch strenger geführt worden, doch auch Korter war nicht ohne harte Ansichten. Ein beklemmendes Gefühl hielt in der Mönchin Einzug. Die Anwesenheit eines Außenwächters bedeutete meistens einen Einschnitt im Leben einer Mönchin oder eines Mönchs.
    „Ich bedaure, daß ich störe", fuhr Geunpach fort. „Ich bin gekommen, um dich etwas zu fragen."
    Voll innerer Anspannung starrte Bontereigg Höft Mahrenbach an. Was würde der Shaogen-Hüter mit seinen zweihundertsiebzig Lebensjahren auf die Frage aller Fragen antworten?
    Doch Geunpach suchte nicht seinen Blick, sondern den ihren. Bontereigg begann zu frösteln, und jetzt war es der Shaogen-Hüter, der sie stumm und mit Verbitterung musterte und sich dann ein Stück von ihr zurückzog.
    „Du meinst mich?" Bontereiggs Stimme vibrierte vor Entsetzen. Plötzlich schien ein riesiger Steinbrocken in ihrer Sprechmembran zu sitzen und diese zu blockieren.
    „Ja, dich meine ich. Nicht den Shaogen-Hüter. Er trägt Verantwortung für einen ganzen Hügel und die dazugehörige Landschaft. Du jedoch bist frei und ungebunden. Nur dir kann diese Frage gelten."
    Nein! schrien ihre Gedanken, doch sie brachte keinen Ton hervor. Sie wußte, daß es nur eine Antwort geben konnte. Und das entschied ihre Zukunft.
    „Geh, Bontereigg! Wir werden uns nie mehr wiedersehen", sagte Höft Mahrenbach mit brüchiger Stimme und blickte an ihr vorbei und den Hang hinunter zur Siedlung. „Das Schicksal ist grausam, aber wir können es nicht ändern. Für jeden von uns hält es einen Platz bereit. In diesen schweren Zeiten darf keiner sich ihm verweigern."
    Erst jetzt schien Geunpach zu begreifen, was er mit seinem Besuch anrichtete. Er entschuldigte sich tausendmal, doch Höft Mahrenbach ging nicht darauf ein. Er erhob sich, nickte Bontereigg ein letztes Mal zu und verschwand zwischen den Büschen. Wahrscheinlich nahm er eine Abkürzung hinauf zum Tempel, um zum Shaog zu beten und Segen für seine Geliebte und sich zu erflehen.
    „Wir haben dich längere Zeit beobachtet", erklärte Geunpach. „Wir sind der Ansicht, daß du würdig bist, in den Orden berufen zu werden."
    „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich als würdig erweisen werde."
    „Du zweifelst?"
    „Wer zweifelt nicht in dieser Zeit?"
    „Wir Außenwächter leben fest und unumstößlich in unserem Glauben."
    Das wirkte, und Bontereigg gestand es sich unumwunden ein.
    „Ich werde dich begleiten. Hier in den Plantagen am Phasenhügel kann ich nicht viel für das Shaogen-Sternlicht tun. Bei den Außenwächtern stelle ich mir das anders vor."
    Geunpach nahm sie mit sich. Bontereigg lernte die Organisation
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