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1090 - Der Kardec-Kreis

Titel: 1090 - Der Kardec-Kreis
Autoren: Unbekannt
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der Hofdame gab es keinen akustischen Servo. Er wälzte sich schwerfälliger als sonst vom Lager und fuhr mit beiden Händen durch die Finsternis, um irgend etwas zu finden, womit er Licht machen könne. Da drang aus der Dunkelheit ein hoher, schriller Ton, der ihm durch Mark und Knochen ging. Er spürte, wie ihn der Gleichgewichtssinn im Stich ließ. Der Instinkt signalisierte drohende Gefahr. Er kannte die heimtückischen Geräte, die eine Mischung aus Schall und Ultraschall mit einer besonderen Modulation abstrahlten, durch die die gleichgewichtswahrende Funktion des inneren Ohrs völlig außer Betrieb gesetzt wurde. Er versuchte, der Drohung zu entgehen, indem er sich auf das Lager zurückgleiten ließ, aber dafür war es schon zu spät. Er stürzte vornüber, schlug mit dem Schädel gegen einen harten Gegenstand und verlor für ein oder zwei Sekunden das Bewußtsein.
    Lichter flammten - das waren die Warngeräte, die er installiert hatte, bevor er zur Ruhe ging. Er sah auf und beobachtete hilflos, wie sich die Welt in einem wilden Reigen um ihn drehte. Er hatte seine bunte Montur auf einem Sessel ausgebreitet. Daneben lagen die beiden Paralysatoren - sein eigener und der, den er von dem Springer namens Vorgar erbeutet hatte. Zentimeter um Zentimeter schob er sich über den Boden, den rechten Arm weit ausgestreckt, um an eine der beiden Waffen heranzukommen. Aber der Verlust des Gleichgewichts verursachte ihm Übelkeit. Das Bild vor seinen Augen wurde verschwommen. Er sah rasende bunte Lichter. Die Tür barst mit lautem, trockenem Knall. Unter der matt erleuchteten Öffnung erschienen die Umrisse zweier menschlicher Gestalten.
    „Schnell!" gellte ein Befehl. „Bald haben wir das ganze Haus auf dem Hals."
    Die Stimme kam ihm bekannt vor, aber das war ein Eindruck, mit dem er nichts mehr anfangen konnte. Die Tortur war zuviel. Irgendwo in seinem Gehirn platzte eine Sicherung, und das Dunkel der Ohnmacht senkte sich über ihn.
     
    *
     
    Er fror. Es war finster. Er tastete an sich entlang und stellte fest, daß er von dem unbekannten Gegner so abtransportiert worden war, wie dieser ihn vorgefunden hatte: in der Unterkleidung. Er gab ein paar halblaute Summtöne von sich und stellte anhand des Echos fest, daß er sich in einem kleinen, zum größten Teil kahlen Raum befand. Wenn er sich bewegte, raschelte es. Er ruhte auf einer Unterlage aus billigem Plastikstoff.
    Er lag still und versuchte, sich an den Ablauf der Ereignisse zu erinnern, die ihn in diese Lage gebracht hatten. Der Schädel summte und dröhnte. Aufstehen und seine Umgebung untersuchen konnte er später, wenn das Gefühl akuten Unwohlseins nachgelassen hatte.
    Die Schuld an dieser Misere hatte er allein sich selbst zuzuschreiben. Er war unvorsichtig gewesen. Daß er die drei Springer abgeschüttelt hatte und die Aussicht auf eine unverfälschte Gourmet-Mahlzeit - diese beiden Dinge hatten ihn mit einer gedämpften Euphorie erfüllt, die seine Instinkte lahmte. Der grundlegende Fehler war gewesen, sich von Feng Bao-Dings Ähnlichkeit mit seinem Urahnen überraschen zu lassen. Als ihm der Name Feng Liang-Li über die Zunge rutschte, hatte er sich verraten.
    Er war damals, in den Jahren vor der Laren-Invasion, ein gerngesehener Gast in der „Herberge zu den zehntausend Lustigkeiten" gewesen. Erinnerungen an jene Zeit - Fotografien - waren sicherlich noch vorhanden. Vollends verraten hatte er sich, als er seine Abendmahlzeit in authentischem Mandarin-Chinesisch zusammenstellte. Wer beherrschte diese Sprache heute noch? Wie lächerlich mußte es geklungen haben, als er sich für einen Reisenden von einer weit abgelegenen Siedlerwelt ausgab!
    Über Feng Bao-Dings Rolle war er sich nicht im klaren. Es widerstrebte ihm, den Bezopften für einen Übeltäter zu halten. Gab es eine andere Möglichkeit? Gewiß doch.
    Seine Unterhaltung mit Feng mochte von jemand anderem mitgehört worden sein. Oder Feng hatte zu einem seiner Leute davon gesprochen. Auf jeden Fall war es leicht gewesen, den Mann, der sich an Feng Liang-Li erinnerte und makelloses Mandarin sprach, als den Arkoniden Atlan zu identifizieren. Und damit waren die Dinge ins Rollen geraten.
    Er war ziemlich nachlässig verfahren, als er vor dem Zubettgehen die üblichen Sicherheitsvorkehrungen traf. Vor allen Dingen war er kein einziges Mal auf den Gedanken gekommen, jemand könne ihn durch zwei geschlossene Türen und einen Vorraum hindurch unschädlich machen. Gerade das aber war geschehen. Der
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