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067 - Der Redner

067 - Der Redner

Titel: 067 - Der Redner
Autoren: Edgar Wallace
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Zuchthausstrafe von zwölf Jahren verurteilt«, sagte er.
    Vier Gefängniswärter waren nötig, um den Tobenden aus dem Gerichtssaal in seine Zelle zu schaffen. Rater wartete draußen in der großen Eingangshalle und beobachtete die Leute, die das Gebäude verließen. Lady Angela konnte ihm nicht aus dem Weg gehen. Er sah, wie sie erblaßte, dann errötete und wieder bleich wurde.
    »Ach, Mr. Rater, was werden Sie nur von mir denken ... Ich schreibe ein Buch über Verbrechen ..., es war ein ganz schrecklicher Fall, nicht wahr?«
    Sie tat ihm beinahe leid, daß sie ihre Bestürzung über diese plötzliche Begegnung mit ihm so wenig verbergen konnte. Sie zitterte an allen Gliedern.
    »Sahen Sie mich schon während der Verhandlung? Ich dachte nicht, daß Sie mich wiedererkennen würden.«
    »Sie wollen ein Buch schreiben, Mylady«, fragte er ruhig. Dann erinnerte er sich plötzlich daran, daß er ihr sein Beileid aussprechen mußte.
    »Ach ja«, erwiderte sie hastig. »Meine Ehe war nicht sehr glücklich. Ich konnte kaum mit meinem Mann auskommen. Er war sehr - schwierig. In drei Monaten verheirate ich mich wieder - mit Mr. Donald Grey. Er hat jetzt eine gute Stellung im Auswärtigen Amt.«
    Sie sah sich um, als ob sie einen Ausweg suchte, um ihm zu entkommen. Aber er begleitete sie noch hinunter.
    »Haben Sie diesen Mann eigentlich früher schon gesehen?« fragte er.
    Sie blieb entsetzt stehen.
    »Osawold? Nein! Wie sollte ich denn dazu kommen?«
    »Ein wirklich gemeiner Charakter«, sagte der Redner halb zu sich selbst. »Er hatte eine ziemlich große Summe bei sich, als wir ihn verhafteten. Ich möchte nur wissen, wie er zu dem Geld kam.«
    »Es tut mir leid, aber darüber kann ich Ihnen auch keine Auskunft geben«, entgegnete sie atemlos. Das Sprechen fiel ihr schwer, und er hätte darauf schwören mögen, daß sie dicht vor einem Nervenzusammenbruch stand.
    »Irgend jemand hat seine Verteidigung bezahlt. Es ist nichts von dem Geld verlangt worden, das wir für ihn in Verwahrung haben, und ich nehme deshalb an, daß er einflußreiche Freunde hat. Darf ich Sie einmal besuchen, Lady Angela?«
    Sie zögerte.
    »Ja«, erwiderte sie schließlich und gab ihm ihre Adresse. Sie wohnte in einem vornehmen Hotel im Westen.
    Als sie auf die Straße traten, wurde sie ruhiger, und es gelang ihr, sich wieder einigermaßen zu fassen.
    »Sie sind wahrscheinlich an solche Fälle so gewöhnt, daß es Ihnen nichts mehr ausmacht, zuzuhören. Aber mich hat es furchtbar mitgenommen. Ich habe niemals geglaubt, daß es so abscheuliche Menschen geben könnte. Wird er Berufung einlegen?«
    Er fühlte, daß es sie große Überwindung kostete, diese Frage an ihn zu richten.
    »Das nehme ich ohne weiteres als selbstverständlich an. Er scheint ja über sehr viel Geld zu verfügen.«
    »Glauben Sie auch, daß er Erfolg damit haben wird? Auf der Galerie sagte jemand, daß der Richter verschiedene Bemerkungen gemacht hätte, die seine Voreingenommenheit gegen den Angeklagten bewiesen ...«
    Rater beobachtete sie scharf und schüttelte den Kopf.
    »Nein, Osawold hat nicht die geringste Aussicht auf Erfolg, wenn er Berufung einlegt.«
    »Ach!« Sie sagte dieses eine Wort so verzweifelt, daß er sie bestürzt anschaute.
    »Ich wünschte, Sie würden sich mir anvertrauen, Lady Angela«, sagte er ernst.
    »Warum denn?« fragte sie schnell.
    »Sie haben schwere Sorgen, und ich könnte Sie vielleicht davon befreien. Ihr Vater war einer meiner besten Freunde. Ich würde alles tun, um seiner Tochter zu raten und zu helfen.«
    Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    »Ich fürchte nur, das können Sie nicht, es sei denn, daß Sie das Buch für mich schrieben!«
    Sie winkte ihrem Chauffeur, und Mr. Rater sah dem vornehmen Wagen nachdenklich nach.
    Die Pflicht rief ihn in das Gefängnis von Pentonville, um den Verurteilten noch einem Verhör zu unterwerfen. Es handelte sich um einen der Brillantringe, der sich als gestohlenes Gut erwiesen hatte. Daß Osawold der Dieb war, hatte der Redner keinen Augenblick geglaubt, und die Aussage des Mannes, wie er in den Besitz des Stücks gekommen war, klang auch vollkommen überzeugend.
    »Ich habe ihn von Louis Rapover. Dreiundvierzig Pfund habe ich dafür bezahlt. Wenn er gestohlen ist, kann ich nichts dazu. Ich weiß nichts davon. Deshalb können Sie mich doch wohl nicht vor Gericht stellen lassen, Mr. Rater.«
    »Na, da sind Sie ja diesmal ein Unschuldslämmchen«, meinte der Chefinspektor etwas ironisch. »Wollen Sie
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