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0349 - Brücke der knöchernen Wächter

0349 - Brücke der knöchernen Wächter

Titel: 0349 - Brücke der knöchernen Wächter
Autoren: Jason Dark
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allein für die Scheiden ein kleines Vermögen bezahlt.
    Ich wollte seine Hände sehen. Er hatte die Arme nicht, wie es bei normalen Toten der Fall war, auf der Brust zusammengelegt, sie befanden sich rechts und links seines Körpers.
    Suko hatte den gleichen Gedanken gehabt wie ich, nur reagierte er schneller. Er griff zu und hob einen Arm in die Höhe. Das sah so aus, als hätte er ein Stück Holz angehoben. Während er den Arm am Gelenk festhielt, schaute er mich über den Sarg hinweg an.
    »Normal…«
    Das war genau das treffende Wort. Und es wunderte mich, denn wenn eine Leiche verweste, dann nicht nur im Gesicht, wie wir es hier sahen, sondern am gesamten Körper.
    »Ich verstehe es nicht«, sagte ich.
    »Ebenfalls.« Suko ließ den Arm wieder sinken. Er verschwand im Sarg.
    Ich drehte den Kopf, weil ich mir von unserem Begleiter einige Worte erhoffte. »Sie haben vorhin etwas angedeutet, Claude«, begann ich. »Wie sieht es mit einer Aufklärung für dieses Phänomen aus?«
    »Die möchte ich selbst gern haben.«
    »Kommen Sie, Renard, Sie wissen mehr.«
    Er schaute mich schief an und verzog dabei die Mundwinkel. Zudem schabte er noch über sein Kinn. »Ich kann da auch nur vermuten. Wahrscheinlich ist es…« Er schüttelte den Kopf. »Glauben kann ich es eigentlich nicht.«
    »Reden Sie schon!« munterte ich ihn auf. »Wir sind es gewohnt, schlimme Geschichten zu hören.«
    »Ich kenne diese Person im Sarg«, erklärte uns der Franzose.
    »Zwar nicht persönlich, aber von Gemälden her.«
    »Und wer ist es?« fragte Suko.
    »Der Bai von Tanger!«
    Jetzt waren wir zwar schlauer, trotzdem noch genauso schlau wie zuvor.
    »Wer ist denn das schon wieder?«
    Ich hatte die Frage gestellt und bekam auch die Antwort. »Man kann ihn als einen mächtigen Herrscher bezeichnen. Er hatte damals einen sehr großen Einfluß, und selbst der König hörte auf seinen Rat. Der Bai von Tanger, wie man ihn nannte, kam aus den Bergen. Das wilde Atlas-Gebirge war seine eigentliche Heimat, und ihm zur Seite standen gefährliche Kämpfer. Die Berber sind bekanntlich ausgezeichnete Reiter, besonders mutig und für ihren Kampfeswillen berühmt.«
    »Auch heute noch?«
    »In den Geschichten bestimmt. Wie es tatsächlich aussieht, weiß ich nicht. Ich war lange nicht mehr in den Bergen. Davon einmal abgesehen, hinter dem Bai stand die Macht der Berber, die Einigkeit der Stämme, und das hat auch den König beeindruckt. Er holte den Bai in seine Stadt, und dort wurde er sehr mächtig. Man sagte ihm nach, daß er mit dem Scheitan in Verbindung stehen würde. Jedenfalls besaß er sehr viel Wissen, geheimes Wissen, und man sprach auch davon, daß er mit den Toten reden konnte und sogar den Tod überwinden wollte.«
    »Was er ja nicht geschafft hat«, erklärte Suko und deutete auf die Leiche.
    Mir brannte eine andere Frage auf dem Herzen. »Sagen Sie, Claude, wann ist dieser Bai eigentlich gestorben?«
    »Ein genaues Datum weiß ich nicht. Das muß so knapp 100 Jahre zurückliegen.«
    So etwas Ähnliches hatte ich mir schon gedacht und war über diese Antwort deshalb nicht überrascht.
    »Eigentlich hätte er trotzdem verwest sein müssen«, meinte Suko.
    »Und zwar völlig.«
    Durch Nicken gab ihm Renard recht. »Bis auf eine Kleinigkeit«, schränkte er ein. »Vergessen Sie nicht, daß der Bai daran gearbeitet hat, den Tod zu überwinden.«
    »Teilweise hat er es geschafft«, gab der Chinese zu. »Nur frage ich mich, weshalb er hier liegt. Hat man ihn vielleicht aus dem Grab geholt. Und wo hat er vorher gelegen?«
    »Das weiß niemand.«
    »Zumindest diejenigen, die ihn begraben haben«, schränkte ich ein.
    »Die sind längst tot.«
    Das stimmte. Für mich entwickelte sich der Fall immer mehr zu einem schwer lösbaren Rätsel. Zusammenfassen konnte ich kaum, ich versuchte es trotzdem. Leila und Aldo ließ ich mal außer acht.
    Wir hatten einen Friedhof gefunden und in der Leichenhalle einen Toten. Den mußte jemand aus dem Grab geholt und hergeschafft haben, wobei sich die Frage stellte, wo wir das Grab fanden. Und wer hatte den Toten ausgegraben?
    »Wenn man wüßte, wie lange er hier schon gelegen hat, könnten wir vielleicht die Spur zurückverfolgen«, meinte Claude. »So aber müssen wir uns mit den Tatsachen abfinden.«
    »Hatten Sie nicht von zwei Särgen gesprochen, die angeblich umgeladen wurden?« fragte ich.
    »Sie meinen die beiden Personen damit, die Sie suchen?«
    »Natürlich.«
    »Ja.« Claude hob die Schultern und gab
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