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0280 - Turm der weißen Vampire

0280 - Turm der weißen Vampire

Titel: 0280 - Turm der weißen Vampire
Autoren: Jason Dark
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liegen. Er hatte noch keinen Grabstein bekommen, die Erde würde ihn nicht halten, nur ein schlichtes Holzkreuz ohne Namen darauf schaute aus der Erde.
    Ein paar Blumen. Zwei selbstgefertigte Kränze schmückten das Grab.
    »Er hat schlicht gelebt«, sagte Father Ignatius, »und er ist ebenso schlicht begraben worden.« Der Pater nickte und faltete die Hände.
    Er sprach ein stummes Gebet.
    Wir taten es ihm nach.
    Und so standen wir am Grab eines Mannes, den wir nicht kannten, der dennoch auf unserer Seite gestanden hatte. Wir gedachten seiner, und der Wind fuhr in unseren Rücken. Er ließ die Kleidung flattern, spielte mit den Schleifen der Kränze und schien sich selbst von dem Toten verabschieden zu wollen.
    Pater Ignatius nickte. Dann löste er seine Hände, griff unter die Kutte und holte einen Flakon mit geweihtem Wasser hervor. Er sprühte es über das Grab und murmelte einige Worte, die ich leider nicht verstand.
    »Wir können wieder gehen, Freund«, sagte er und wollte sich umdrehen.
    »Das könnt ihr nicht, verdammt!«
    Die harte Stimme war in unserem Rücken aufgeklungen. Sie gehörte einer Frau, und sie klang sehr entschlossen.
    Dennoch drehten wir uns um.
    Nicht nur zwei grüne Augen schauten uns an, sondern auch die Mündung eines automatischen Gewehrs…
    ***
    Grüne Augen und rotes Haar!
    Das paßte zu einer Bilderbuch-Irin.
    Sie trug lange Hosen, ein kariertes Hemd und darüber eine kurze Jacke, die braun schillerte. Ihr Gesicht konnte man als hübsch bezeichnen, wenn man über die gewisse Härte in ihren Zügen hinwegsah und auch die zahlreichen Sommersprossen mochte, die sich auf der Haut verteilten.
    Ich schaute in die grünen Augen. Sie waren faszinierend, besaßen allerdings auch eine gewisse Härte, und tief in ihren Pupillen glaubte ich, die Angst zu erkennen.
    Der Wind spielte mit ihrem Haar. Er wehte es ihr mal in die Stirn, dann wieder nach hinten.
    »Guten Morgen, Western-Lady«, begrüßte ich sie.
    Sie verzog den Mund. »Der Spott wird Ihnen noch vergehen, das schwöre ich Ihnen. Wenn Sie auch nur eine falsche Bewegung machen, werde ich abdrücken.«
    »Sie wollen wirklich auf einen Geistlichen schießen?« fragte Father Ignatius leise.
    Sie lachte. »Wer sagt mir denn, daß Sie ein Geistlicher sind? Sie können sich auch verkleidet haben. Auf dieser verdammten Insel ist neuerdings alles möglich. Ich finde den Hafen leer und diese Ortschaft hier auch. Wo sind die Leute?«
    »Wen haben Sie denn gesucht?« fragte Suko.
    »Meinen Vater.«
    »Und wie heißt er? Wie sieht er aus?«
    »Was geht Sie das an?«
    »Vielleicht können wir Ihnen helfen, Miß«, sagte Suko.
    »Okay, mein Vater hört auf den Namen Craig Thompson. Und ich bin Ruth, seine Tochter.« Dann beschrieb sie das Aussehen ihres Vaters.
    Sie merkte an unseren Reaktionen, daß etwas nicht stimmte, denn ihr Blick wurde unsicher. »Was ist denn los? Sagen Sie es!«
    Vielleicht hatten Suko und ich uns noch am besten in der Gewalt.
    Dem Pater standen der Schrecken und gleichzeitig das Bedauern ins Gesicht geschrieben. »Ihr Vater ist tot«, sagte er.
    Es war gut, daß er nicht lange um das Problem herumredete.
    Ruth Thompson wurde von dieser Antwort völlig aus der Bahn geworfen. Sie atmete pfeifend ein, wankte zurück, ihr Blick erinnerte uns an brechendes Glas, und die Gewehrmündung sank allmählich nach unten.
    Dann wollte sie die Waffe wieder nach oben reißen. Ihr fiel ein, daß sie schutzlos war, doch Suko handelte blitzschnell. Bevor sich die Mündung wieder auf uns einpendeln konnte, war er da und schlug der Frau das Gewehr aus der Hand. Er nahm es an sich und ging zurück, wobei er außerhalb Ruths Reichweite stehenblieb.
    Die Frau konnte es nicht fassen. Sie schaute uns abermals der Reihe nach an, öffnete den Mund und hauchte: »Ist mein Vater tatsächlich gestorben? Stimmt das?«
    »Es stimmt!« Wieder übernahm Pater Ignatius das Wort. Er trat auf sie zu und legte einen Arm um ihre Schulter. Wir hörten ihn reden. Er tröstete die Frau, sprach von einem harten Los, das jeden Menschen irgendwann treffen würde, und ich wunderte mich, daß die Frau nicht anfing zu weinen.
    Im Gegenteil. Hatten mich die Augen vorhin an Glas erinnert, so nahm das Gesicht fast den gleichen Ausdruck an. Es verglaste regelrecht, wurde steif, starr, die Haut nahm einen noch blasseren Ton an, und ich sah deutlich die Adern durch die »Haut«.
    Wir schwiegen. Auch der Pater sagte nichts mehr, und nur der Wind war zu hören.
    Die Szenerie
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