Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0196 - Die Mörderklaue

0196 - Die Mörderklaue

Titel: 0196 - Die Mörderklaue
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
selbst begriff es ja kaum, aber ich mußte mich nun mal mit den Tatsachen abfinden, und ich wollte auch nichts von dem verraten, was mir widerfahren war. Auf keinen Fall sollte eine der Frauen schon jetzt da hineingezogen werden.
    Steif und langsam drehte sich Mrs. Dexter um. Sie stand vor mir, und wir schauten uns ins Gesicht. »Ich verstehe es nicht, Mister. Ich verstehe es wirklich nicht. Dabei hat doch alles…« Sie sprach nicht mehr weiter, sondern warf sich in meine Arme.
    Ich fing die Frau auf und legte beide Arme um sie. Es war eine völlig normale Reaktion. Auch daß ich mein Kreuz dabei noch in der Rechten trug, war für mich zwar nicht normal, doch ich dachte mir nichts dabei.
    Bis sich die Frau in meinen Armen aufbäumte. Unwillkürlich verstärkte ich den Druck der Hände, spürte plötzlich keinen Widerstand mehr, dafür Wärme an meiner rechten Hand und hörte ein grauenhaftes Röcheln, das aus dem Mund der Frau drang.
    Hastig sprang ich zurück, hielt Marga Dexter aber noch fest.
    Ich hörte Lady Sarah stöhnen, und auch mich traf der Anblick wie ein Hammerschlag.
    Mrs. Marga Dexter löste sich vor unseren Augen auf!
    ***
    Sie bot ein Bild des Schreckens!
    Für einen Moment schloß ich die Augen, weil ich den Anblick noch nicht verkraften konnte.
    Ihr Gesicht zerfiel. Die Haut verlappte, wurde spröde dabei, trocken und zu einem staubigen Etwas. Gleichzeitig trockneten die Augen aus, aus ihnen entstanden Kugeln, die ebenfalls zerbröselten, so daß aus den leeren Höhlen Staub rieselte, der in einer langen Fahne zu Boden fiel und nicht weniger wurde, weil auch die Gesichtshaut nur noch aus braungrauem Staub bestand, der sich zwischen mir und der Frau zu einem kleinen Hügel ansammelte.
    Die Beine gaben nach, und ich glaubte sogar, das Splittern eines Knochens zu hören.
    Danach fiel Marga Dexter zusammen. Sie wollte sich mit den Händen aufstützen, ein Reflex wahrscheinlich, bekam die Handflächen auch auf den Boden, da bestanden sie bereits nur noch aus hellen Knochen, die schon bald spröde und porös wurden und als pulvrige Schicht auf dem Teppich liegenblieben.
    Lautlos fielen die Kleider ineinander. Es raschelte nicht einmal.
    Stille…
    Das Grauen hatte zugeschlagen. Lady Sarah und ich machten es für die Stille verantwortlich. Wir waren doppelt geschockt worden. Erst das tote Mädchen, jetzt diese Frau, die unter meinen Händen zerfallen war. Und dafür mußte es einen Grund geben.
    Das Kreuz!
    Genau, mein Kreuz. Ich hatte Marga Dexter zufällig mit meinem Kreuz berührt. Nichtsahnend, weil ich sie für eine normale Frau gehalten hatte, aber war sie das wirklich?
    Nein, auf keinen Fall. Wenn jemand so reagiert, dann ist er nicht mehr normal, dann ist er kein Mensch, sondern ein verfluchter Schwarzblütler.
    So mußte es gewesen sein.
    Für mich gab es keine andere Erklärung und auch für Sarah Goldwyn nicht, denn sie sagte: »John, mein Junge, das war kein Mensch.« Ihre Stimme zitterte. Dieses letzte, schaurige Ereignis hatte sie doch stärker mitgenommen, als es ihr im ersten Augenblick anzusehen gewesen war.
    Was sollte ich sagen? Ich sah das tote Mädchen in seinem Bett liegen, dachte an die grüne Klaue und mir kam der Gedanke, daß sie gar nicht tot war.
    »War das Mädchen normal?« hörte ich Lady Sarah fragen.
    »Nein, es hatte wirklich eine giftgrüne Hand. Ihre Mutter täuschte sich nicht.«
    »Und?«
    Ich berichtete Mrs. Goldwyn, wie die Hand auf die Berührung mit meinem Kreuz reagiert hatte.
    »Sie verschwand?«
    »Ja.«
    »Das verstehe ich nicht, John.«
    »Ich auch nicht.« Das Mädchen interessierte mich jetzt, denn ich wollte mit ihm noch einen Versuch wagen.
    Ich trat wieder seitlich an das Bett, nahm mein Kreuz und legte es auf ihre Stirn. Würde sie reagieren?
    Das Silber schimmerte auf ihrer bleichen Haut wie ein Belag. Aber es tat sich nichts. Keine Reaktion wie bei ihrer Mutter. Iris blieb völlig normal.
    Ich ging wieder zu Lady Sarah. Sie hatte sich bereits an die Tür gestellt, ein Zeichen, daß sie nicht länger in diesem Raum bleiben wollte, was ich nur zu gut verstehen konnte. Auch hatte ihr Gesicht wieder ein wenig Farbe bekommen, für mich ein Zeichen, daß sie den ersten Schock verdaut hatte.
    Ich nahm den Schlüssel aus den zusammengefalteten Kleidungsstücken und steckte ihn ein. »Kommen Sie, Lady Sarah. Hier hält uns nichts mehr. Wir werden uns woanders unterhalten.«
    »Ja, ja, natürlich.«
    Schweigend schritten wir die Treppe hinab. Lady Sarah
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher