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Traumland der Ambe

Traumland der Ambe

Titel: Traumland der Ambe
Autoren: Ernst Vlcek
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von dem die Zaubermütter nichts wissen dürfen. Wenn sie es nur wüßten!
    Fronja ist in ihren Träumen überaus mitteilsam, aber viel davon verstehe ich nicht. Und ich muß sehr aufpassen, wenn ich den Zaubermüttern meine Träume erzähle, um nicht etwas zu verraten, was nicht für ihre Ohren gedacht ist.
    Und nun hat mich Fronja wissen lassen, daß ich ihr bald in Fleisch und Blut gegenübertreten werde. Ich bin so aufgeregt, daß ich keinen Schlaf mehr finden kann. Auch Fronjas viele Betreuerinnen, deren Aufgaben vielfältig sind und die alle wie Fronja aussehen, können diesen großen Augenblick kaum mehr erwarten.
    Und dann ist es soweit… ich stehe Fronja gegenüber.
*
    Dies war der größte Augenblick in meinem Leben, ein erhebenderes Erlebnis ist für mich nicht vorstellbar… Oder doch! Aber das galt nicht für damals, da ich von Fronjas heimlicher Sehnsucht noch nichts wußte.
    Unsere erste Begegnung fand vor großem Publikum statt. Da waren all die vielen Betreuerinnen, die alle ein fast genaues Ebenbild Fronjas waren. Aber eben nur fast, denn ich erkannte die Tochter des Kometen sofort in der Menge der gleichartigen Geschöpfe. Sie hatten zwar dieselbe Gestalt, ihr goldgelbes Haar zeigte den gleichen Farbton, jede Nuance stimmte, ebenso wie die Bekleidung: ein helles, durchscheinendes Gespinst, das jedoch nicht den Körper erkennen ließ, sondern ihn unsichtbar machte. Aber nur eine unter den vielen hatte diese Persönlichkeit, diese Ausstrahlung wie sie eben nur die Tochter des Kometen besaß.
    Und neben diesen schattenhaften Mitläuferinnen beobachteten uns auch noch die elf Zaubermütter, das spürte ich genau.
    Fronja kam auf mich zu, nahm meine Hände und betrachtete mich lächelnd.
    »Du bist also meine Traumpartnerin Ambe«, sagte sie, beugte sich zu mir und küßte mich auf beide Wangen und auf die Stirn.
    Erst später, als man mich die von Fronja Geküßte nannte, erfuhr ich, daß sie vorher noch nie eine Sterbliche von so niederem Rang auf diese Weise begrüßt hatte. Ich trug damals zwar bereits den roten Mantel, aber wer ist eine Hexe des achten Ranges schon!
    Zaem, so wurde gemunkelt, soll über diesen »Verstoß gegen die guten Sitten« jedenfalls sehr erbost gewesen sein. Ich war glücklich, fühlte mich wie in meinem siebten Leben.
    »Wie froh ich bin, daß ich aufwachen und dich sehen durfte«, fuhr Fronja mit samtweicher Stimme fort. »Es ist nur schade, daß unser erstes Zusammentreffen so förmlich vonstatten geht. Aber dieses Zeremoniell muß wohl sein. Es wird sich bestimmt noch eine Gelegenheit für ein vertraulicheres Gespräch ergeben. Komm, bringen wir die Förmlichkeiten hinter uns. Die Zaubermütter brennen vermutlich ebenfalls darauf, sich der Etikette zu entledigen, damit sie endlich im Streit übereinander herfallen können.«
    So respektlos habe ich noch niemanden über die Zaubermütter sprechen gehört. Aber Fronja ist auch die erste Frau von Vanga!
    Sie ergriff meine Hand, und Seite an Seite gingen wir durch das Spalier von Fronja-Mädchen zur Festtafel, an der sich auch die Zaubermütter einfanden. Das Bankett verlief in feierlicher Stimmung, wie es sich für diesen Anlaß gehörte. Es entging mir aber nicht, daß von Seiten der Zaubermütter auch Stimmen kamen, die eine innige Freundschaft zwischen mir und Fronja als gar nicht förderlich erachteten. Diese Unmutsäußerungen kamen natürlich aus der Gruppe um Zaem. Wie könnte es auch anders gewesen sein!
    Fronja und ich wurden unzertrennlich, und als mir die Tochter des Kometen eines schönen Tages einen Spiegel vorhielt, war ich sprachlos. Aus dem Spiegel sah mir Fronja entgegen!
    »Erschrick nicht gleich!« rief die Tochter des Kometen. »Es ist doch nur ganz natürlich, daß so gute Freundinnen, wie wir es sind, sich einander angleichen. Ich bin sicher, daß ich auch viel von dir angenommen habe.«
    »Sollte ich jemals wieder ein neues Leben beginnen müssen, dann will ich dennoch nicht das Aussehen wechseln, sondern so bleiben wie du«, gelobte ich.
    Fronjas Stimmungen konnten rasch wechseln, ohne daß sie jedoch launisch war. Sie konnte in einem Augenblick ausgelassen lachen (was sie selten genug tat, und wenn doch, dann schwang immer eine Spur Melancholie mit) und im nächsten ganz ernsthaft sein, manchmal von geradezu schwermütigem Ernst.
    »Ambe, erzähle mir von der Welt«, bat sie mich einmal. »Wie sieht Vanga aus? Wie leben die Frauen? Wird man der Männerplage Herr? Wie wird in den Zauberschulen
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