Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
grenzenlosen Vorfreude.
So lange hatte sie in den vergangenen Jahren auf dieses
eine Ziel hingearbeitet. Jetzt war sie endlich hier und den
Wurzeln ihrer Mutter so nahe.
Schnell verstaute sie ihre zwei Koffer in dem Wagen und
fuhr vom Parkplatz, in Richtung Südosten. Als sie die Auffahrt
auf die Interstate 10 genommen hatte atmete sie tief auf. Jetzt
konnte sie erst einmal eine lange und gerade Strecke
durchfahren, bis sie die nächste Ausfahrt suchen musste. Etwas
mehr als vier Stunden Autofahrt lagen nun vor ihr. Sie schaltete
das Radio ein und suchte einen passenden Sender. Zufrieden
lehnte sie sich dann zurück und begann nachzudenken.
Gewissenhaft hatte sie sich auf ihr Studium im Medical
Center und auf die neue Umgebung vorbereitet und alle
Reiseführer geradezu verschlungen. Jetzt kam es ihr fast so vor
als wäre sie schon einmal hier gewesen denn sie kannte die
Beschreibung der Gegend aus dem Kopf. Leise lachte sie auf und
erinnerte sich wieder.
Flagstaff lag auf einer Höhe von 2.100 Metern und war
im Winter aufgrund des vielen Schnees ein sehr beliebtes
Ausflugsgebiet. Vor allem in den Bergen, im höher gelegenen
Arizona Snowbowl. Aber jetzt im Sommer, herrschte hier das heiße
und alles versengende Wüstenklima mit bis zu vierzig Grad vor.
Die Stadt gehörte zum Coconino Country, im US-Bundesstaat
Arizona und war von allen Seiten von riesigen Waldgebieten und
Bergenketten eingebettet.
Sie genoss außerdem den Ruf das Tor zum Grand Canyon zu
sein. Aufgrund der Nähe zu allen wichtigen und erhabenen
Sehenswürdigkeiten, wie den Grand Canyon National Park, dem
Sunset Crater, Wupatki National Monument oder dem berühmten
Monument Valley.
Aber nicht nur aus diesem Grund hatte Amy sich für
diese Stadt entschieden.
Sie hatte sie ganz bewusst ausgewählt. Denn das
Flagstaff Medical Center war ein Lehrkrankenhaus, das in ganz
Amerika berühmt war nur die Elite, die jeweils absolut Besten
Absolventen des Landes, anzunehmen und hart auszubilden. Wenn
man das knochenharte Studium nach Jahren überlebt und es
irgendwann einmal geschafft hatten, dann konnte man wirklich von
sich behaupten ein absolut hervorragender und gutausgebildeter
Arzt zu sein.
Flagstaff lag auch nur dreieinhalb Fahrstunden von der
Navajo Nation Reservation entfernt. Das Indianer Reservat des
Hopi-Stammes und der Geburtsort ihrer Mutter.
Darauf hatte Amy den allergrößten Wert gelegt.
Ihre seit Jahren immer wiederkehrenden Visionen zeigten
ihr überdeutlich, dass nur da ihr Weg und ihre Zukunft in sich
vereint vor ihr lagen. Nur dort konnte sie ihr allgemeines
Arztwissen mit den uralten schamanischen Naturheilkräften der
Indianer vereinigen. Und das war ihr innigster Traum. Darum
hatte sie auch schon von Montana aus den Kontakt mit der
Hope-Klinik in dem Reservat gesucht.
Dort würde sie in ihren freien Tagen ehrenamtlich
arbeiten, um das uralte Wissen erlernen zu dürfen. Amy war von
einer tiefen Freude erfüllt, so nahe war sie ihrem Lebenstraum
noch nie gewesen.
Nach der Ausfahrt Phoenix fädelte sie sich langsam auf
die Interstate 17 ein. Über die Hälfte der Fahrt hatte sie jetzt
fast geschafft.
An einer kleinen Tankstelle hielt sie spontan an und
stieg vollkommen geschafft aus dem Wagen. Gähnend streckte sie
ihre müden und steifen Glieder.
Ja, dachte sie, das ist eine gute Idee. Ein Kaffee wird
meine Lebensgeister hoffentlich wieder zum Leben erwecken.
Amy schaute sich ehrfürchtig um, als sie zum ersten Mal
die große Empfangshalle des berühmten Flagstaff Lehrhospitals
betrat. Sie fühlte grenzenlosen Stolz in sich aufkommen, dass
sie es jetzt endlich bis hierhin geschafft hatte. Harte Jahre
des Lernens lagen hinter ihr und noch mindesten acht Semester
ihres Studiums musste sie hier noch einmal absolvieren.
Die Oberschwester hatte sie schon überall herumgeführt
und ihr die Operationssäle, die gesamten Stationen, Wartesäle
und die Außenanlage des Krankenhauses gezeigt. Zusammen mit ihr
waren noch fünf weitere junge Frauen und acht männliche Anwärter
zum diesjährigen Studium zugelassen worden.
Mit zweien der Mädchen verstand sie sich auf Anhieb.
Emily die wie ein blond gelockter Engel aussah und
immer ein Lachen auf den Lippen hatte, war aus Alaska angereist.
Dann war da noch Rachel. Wohlwissend dass sie hübsch aussah mit
ihrem schwarzen, modisch kurzem Bobschnitt, den dunklen
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