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Shannara V

Titel: Shannara V
Autoren: Terry Brooks
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Leben zu retten.
    Es war Mittag, als er endlich die hohen Gipfel hinter sich ließ und das Tal von Shale erreichte, ein zerlumptes, zielloses Etwas von einer menschlichen Ruine, so fieberkrank und schwach, daß er halbwegs über den zersplitterten, glänzendschwarzen Fels des Talbodens stolperte, ehe er begriff, wo er war. Als er es schließlich erkannte, verließen ihn seine Kräfte. Er verwickelte sich mit seinem Mantel und stürzte, fühlte, wie die scharfen Kanten des Gesteins ihm die Haut der Hand und des Gesichts ritzten, doch er beachtete es nicht und blieb mit dem Gesicht nach unten erschöpft liegen. Nach einer Weile begann er in Richtung der stillen Wasser des Sees zu kriechen, mühsam rückte er, mit seinem versteinerten Armstumpf unter sich, stückchenweise vor. In seinem Delirium erschien es ihm logisch, daß, wenn er den Rand des Hadeshorns erreichte und seinen kaputten Arm hineintauchte, die todbringenden Wasser dem Gift, das ihn langsam umbrachte, entgegenwirken würden. Es war Unsinn, doch für Walker Boh war Wahnsinn das Maß des Lebens geworden.
    Doch er versagte selbst in diesem kleinen Bestreben. Zu schwach, mehr als ein paar Meter zurückzulegen, verlor er das Bewußtsein. Das letzte, was er wahrnahm, war, wie finster es mitten am Tag war, die Welt ein Ort der Schatten.
    Er schlief, und im Schlaf träumte er, daß Allanons Schatten zu ihm kam. Der Schatten tauchte aus den brennenden, kochenden Wassern des Hadeshorns, dunkel und mysteriös, als er sich aus der Unterwelt des Lebens nach dem Tode, zu dem er verbannt war, materialisierte. Er streckte Walker die Hand entgegen, hob ihn auf die Füße, durchflutete ihn mit neuer Kraft und gab seinem Denken und Sehen wieder Klarheit. Er hing geisterhaft und durchsichtig über den dunklen grünlichen Wassern - doch seine Berührung fühlte sich seltsam menschlich an.
    - Dunkler Onkel. -
    Als der Schatten die Worte sprach, waren sie nicht spöttisch und haßerfüllt, wie wenn der Finsterweiher sie aussprach. Sie waren ganz einfach eine Bezeichnung dessen, wer und was Walker war.
    - Warum willst du den Auftrag, mit dem ich dich betraut habe, nicht erfüllen? -
    Walker mühte sich aufgebracht, zu antworten, doch er konnte die Worte nicht finden.
    - Du wirst dringend gebraucht, Walker. Nicht von mir, doch von den Vier Ländern und ihren Völkern, den Rassen der neuen Welt. Wenn du meinen Auftrag nicht annimmst, gibt es für sie keine Hoffnung mehr … -
    Walkers Zorn war grenzenlos. Die Druiden, die es nicht mehr gab, und das verschwundene Paranor wiederbringen? Gewiß doch, dachte Walker zur Antwort. Gewiß doch, Schatten von Allanon. Ich werde meinen ruinierten Leib, meinen vergifteten Arm auf die Suche nach dem, was du haben willst, schleppen, auch wenn ich am Sterben bin und keine Hoffnung hegen kann, irgendwem zu helfen, doch ich …
    - Akzeptiere es, Walker. Du akzeptierst es nicht. Gesteh dir die Wahrheit deiner selbst und deines Schicksals ein. -
    Walker verstand ihn nicht.
    - Verwandtschaft mit jenen, die vor dir gegangen sind, jenen, die die Bedeutung des Akzeptierens verstanden. Das ist es, was dir fehlt. -
    Walker schauderte, und die Vision seines Traums wurde unterbrochen. Seine Kräfte verließen ihn. Er sackte am Ufer des Hadeshorns zusammen, fassungslos vor Angst und Verwirrung, und fühlte sich so verloren, daß es ihm unmöglich schien, je wiedergefunden werden zu können.
    Hilf mir, Allanon, flehte er verzweifelt.
    Der Schatten hing reglos vor ihm in der Luft, ätherisch vor dem Hintergrund winterlichen Himmels und kahler Gipfel, aufsteigend wie das Gespenst des Todes, das gekommen war, sich ein neues Opfer abzuholen. Plötzlich kam es Walker so vor, als ob Sterben das einzige war, das ihm noch blieb.
    Willst du, daß ich sterbe? fragte er ungläubig.
    Der Schatten sagte nichts.
    Wußtest du, daß mir das zustoßen würde? Er streckte seinen Arm vor, den angesplitterten Steinstumpf und das giftdurchzogene Fleisch.
    Der Schatten blieb still.
    Warum willst du mir nicht helfen? heulte Walker.
    - Warum willst du mir nicht helfen? -
    Die Worte hallten scharf durch sein Bewußtsein, drängend und voll finsterer Entschlossenheit. Aber er sprach sie nicht. Es war Allanon.
    Dann begann der Schatten plötzlich in der Luft vor ihm zu schimmern und verblaßte. Die Wasser des Hadeshorns dampften und zischten, brodelten zornig und wurden wieder still. Die Luft rundum war dunkel und dunstig, voller Gespenster und wilder Einbildungen, ein Ort, wo Leben
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