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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition)
Autoren: Sophia Farago
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auswiesen. Er zog den Degen aus der Scheide und ging in Angriffsstellung: » En garde, Monsieur! « rief er aus.
    Der Geistliche wußte nicht, wie ihm geschah: »Jus! Bist du verrückt geworden? Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich mich mit dir duelliere?« Der Degen Seiner Lordschaft strich haarscharf an seinem Ohr vorbei. Der Reverend ließ vor Schreck sein Buch fallen. Dann zückte er den Degen, um den nächsten Angriff abzuwehren.
    »Also noch einmal, Bernard: Wo ist Silvie?« wiederholte sein Widersacher und zielte gekonnt auf den Oberarm des Reverends. Dieser parierte und wich auch den nächsten Angriffen geschickt aus.
    »Laß es genug sein!« rief er schwer atmend.
    »Nicht bevor du mir sagst, wo Silvie ist«, beharrte St. James hartnäkkig.
    »Du wist doch nicht im Ernst annehmen, Jus, daß du das auf diese Weise erfährst«, entgegnete der Geistliche.
    »Das werden wir ja sehen«, zischte der Earl zwischen geschlossenen Zähnen zurück. In diesem Augenblick wieherte ein Pferd ganz in der Nähe. Reverend Westbourne war sofort abgelenkt. Erschrokken fuhr er herum. In diesem Augenblick spürte er einen stechenden Schmerz im rechten Oberarm. Er stolperte und fiel der Länge nach auf den Rücken. Sein Kopf schlug auf dem festgefrorenen Boden des Weges auf. Benommen blieb er einige Augenblicke liegen.
    Als er wieder zu sich kam, blickte er in das wutentbrannte Gesicht seines Widersachers, der sich zu ihm hinabbeugte: »Bist du verrückt geworden, Westbourne!« fuhr ihn Seine Lordschaft mit scharfer Stimme an: »Wie konntest du so unvorsichtig sein, dich mitten im Duell abzuwenden? Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte dich niedergestochen.«
    Der Reverend setzte sich stöhnend auf: »Ich dachte, das wäre von Anfang an deine Absicht gewesen«, sagte er trocken und griff sich aufseufzend an den schmerzenden Hinterkopf.
    »Unsinn«, wiedersprach St. James entrüstet. »Ich wollte nichts dergleichen. Du weißt genau, daß ich nie ernsthaft vorhatte, dich zu verletzen. Es ging mir einzig und allein darum zu erfahren, wo Silvie…« Er unterbrach sich, als sein Blick auf den Ärmel des Geistlichen fiel. Aus einem glatten Riß begann Blut zu sickern.
    »Zieh deine Jacke aus!« forderte er mit befehlsgewohnter Stimme.
    »Ich scheine dich doch ärger getroffen zu haben, als ich zuerst angenommen hatte.«
    Reverend Westbourne stützte sich auf seine linke Hand und erhob sich mühevoll. Es fiel ihm nicht leicht, das Gleichgewicht zu halten. Schwankend ging er ein paar Schritte zur Seite, um seinen Hut aufzuheben, den er beim Fallen verloren hatte. Dieser sah reichlich mitgenommen aus. Es war schwer, ihn mit einer Hand halbwegs wieder in Form zu bringen. Der rechte Arm brannte. Er wagte nicht, ihn zu bewegen. So drückte er mit der Linken den Hut auf seine kurzen Locken und machte sich daran, das Versbuch zu suchen.
    St. James verstellte ihm den Weg: »Sei kein Kindskopf, Bernard«, sagte er, und ein reuevolles Lächeln erschien auf seinen Lippen: »Laß mich die Wunde ansehen. Du weißt, ich war Offizier. Ich habe schon ganz andere Schnittwunden verbunden.«
    »Wenn du mir bitte aus dem Weg gehen würdest…« Der Reverend fuhr sich mit erschrockener Geste an den Hals: Seine Lordschaft hatte ungerührt damit begonnen, ihm die Jacke aufzuknöpfen. Energisch schlug er ihm mit seiner Linken grob auf die Hand: »Du denkst doch nicht, daß ich mich von dir auf offenem Feld entkleiden lasse«, fuhr er ihn gereizt an.
    »Du wirst verbluten«, prophezeite ihm der Earl düster.
    »Deine Sorge ehrt mich«, entgegnete der Reverend spöttisch. »Dennoch fällt es mir schwer, sie ernst zu nehmen. Hättest du mich nicht in dieses haarsträubende Duell verwickelt, so hätten wir uns unterhalten können, wie es zivilisierten Menschen zukommt. Doch dazu sehe ich mich nunmehr außerstande. Leb wohl, St. James. Ich mache mich jetzt auf den Heimweg. Mein Pfarrdiener ist ein heilkundiger Mann. Er wird wissen, was zu tun ist.« Mit schwankenden Schritten, das Versbuch unter den linken Arm geklemmt, den rechten Arm auf die linke Hand gestützt, machte er sich auf den Weg. St. James, dereben die Degen im Kutschkasten verstaut hatte, rief über die Schulter hinweg: »Komm zurück, Bernard, und steig auf. Ich fahre dich nach Hause.«
    Der Geistliche zögerte. Eigentlich hatte er genug von St. James, doch dieses verlockende Angebot konnte er nicht ablehnen. Widerwillig ließ er sich auf den Kutschbock helfen. Der Earl nahm auf dem
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