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Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe
Autoren: Daniel Defoe
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mutig unternommen und so kurzweilig geführt worden wie der, der gleich darauf zwischen Freitag und dem Bären stattfand und über den wir alle, ungeachtet unseres ersten Schreckens, noch lange herzlich lachen mußten.
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    Der Bär ist ein plumpes, unbehilfliches Tier, nicht so leichtfüßig wie ein Wolf, und hat zwei besondere Eigenarten in seinem Verhalten. Erstlich fällt er für gewöhnlich keinen Menschen an, wenn man nicht zuerst auf ihn losgeht; obwohl ich nicht sagen kann, ob ihn nicht übermächtiger Hunger dazu treiben würde, wie etwa jetzt, wo alles Erdreich mit Schnee bedeckt war. Im allgemeinen aber ist man, wenn man ihm im Walde begegnet und ihm nichts tut, sicher vor ihm. Nur muß man fein höflich gegen ihn sein; denn er ist ein sehr kitzliger Herr und würde keinem König ausweichen. Am besten ist es, sich nach einem ändern Weg umzuschauen und zu verschwinden; denn wenn einer stille steht und ihn starr ansieht, so nimmt er es oftmals als Schimpf; wirft oder stößt man aber etwas nach ihm, und sei es auch nur ein Steckchen so lang wie ein Finger, so hält er sich für so tief gekränkt, daß er an nichts anderes mehr denkt, als sich zu rächen und völlige Genugtuung für seine verletzte Ehre zu erlangen. Dies ist seine erste Eigenschaft. Die zweite besteht darin, daß er, wenn er sich einmal von jemandem beleidigt glaubt, ihm nie wieder von den Fersen geht, sondern ihm Tag und Nacht auflauert, bis er ihn zu fassen kriegt.
    Freitag war, als wir herankamen, eben dabei, unserm Führer vom Pferde zu helfen; denn der Mann war verwundet und erschrocken, das letztere vielleicht noch mehr als das erstere. Da sahen wir plötzlich den Bären aus dem Walde herauskommen. Es war ein ungeheures Tier und wohl der größte, den ich je gesehen habe. Bei seinem Anblick erschraken wir alle.
    Als aber Freitag ihn gewahr wurde, konnte man an seinen Gebärden merken, daß er keine Angst hatte,
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    sondern aufs höchste belustigt war. «O! O! O!» rief er dreimal, auf den Bären deutend: «O Herr! du mir erlauben! Ich Hand schütteln mit ihm, dich machen gut lachen!»
    Ich wunderte mich, den Burschen so vergnügt zu sehen. «Du Narr», sag' ich, «er wird dich auffressen!».
    «Mich auffressen! mich auffressen!» sagt Freitag zweimal: «Ich ihn auffressen, dich machen gut lachen!
    Ihr alle hierbleiben, ich euch zeigen gut lachen.»
    Damit setzte er sich nieder, streifte seine Stiefel im Nu ab, zog ein Paar Pumps oder leichte Halbschuhe an, die er im Sack hatte, gab meinem anderen Diener sein Pferd und lief mit seiner Büchse so schnell wie der Wind davon.
    Der Bär trabte langsam weiter und begehrte niemandem etwas zu tun, bis Freitag ziemlich nahe zu ihm hinkommt und ihm, gleich als ob es der Bär verstünde, zuruft: «Hör du, hör du, ich sprechen mit dir!» Wir folgten in einiger Entfernung; denn wir waren jetzt auf der gascognischen Seite des Gebirges, in flaches Land hinuntergelangt und befanden uns in einem sehr großen, aber ziemlich lichten Wald, wo die Bäume weit voneinander entfernt standen.
    Freitag, der, wie gesagt, dem Bär auf den Fersen war, erreichte ihn sehr bald, nahm einen großen Stein, warf ihn auf ihn und traf ihn mitten auf den Kopf, womit er ihm jedoch so wenig Schaden tat, als ob er an eine Mauer geworfen hätte. Aber er erreichte doch damit seinen Zweck; denn der lose Vogel, der keine Furcht kannte, tat es nur, damit ihm der Bär nachliefe und er den versprochenen Spaß mit ihm treiben könnte.
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    Kaum hatte der Bär den Stein gespürt und seinen Mann erblickt, so drehte er sich mit einem schrecklichen Satz nach ihm um und regte die Tatzen so gewaltig hinter ihm drein, daß einer zu Pferde in mäßigem Galopp Mühe gehabt hätte, mitzukommen.
    Freitag, der sich aufs Laufen verlegt hatte, sprang auf uns zu, als ob er Hilfe bei uns suchte. Wir beschlossen daher, alle auf den Bären zu feuern, um Freitag zu retten, obwohl ich recht böse auf ihn war, daß er das Tier, das vorher seine eigene Straße gewandert war, uns auf den Leib brachte. Vor allem verdroß es mich, daß er den Bären zu uns herlockte und dabei selber davonlief.
    «Du Hund», ruf ich, «ist das dein Lachenmachen?
    Weg mit dir und auf dein Pferd, damit wir das Biest schießen können!» Er hört mich und ruft: «Nicht schießen, nicht schießen, still stehen, ihr bekommen viel lachen!» Und da der flinke Gesell gut zwei Schritte lief, ehe der Bär einen tat, machte er plötzlich dicht vor uns eine Wendung auf
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