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Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)

Titel: Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition)
Autoren: Kooky Rooster
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summten ein paar meiner Leute bedauernd. Offenbar waren sie der Ansicht, sie wohnten gerade einer Seifenoper bei.
    „Ich fasse es nicht!“, schnaubte mein Onkel wütend.
    „Du irrst dich, Onkel Wolfgang“, brachte Julia endlich auch mal ein Wort zur Situation heraus.
    „Und du unterstützt ihn auch noch bei dem feigen Spiel! Schäm' dich!“, herrschte er sie an. Wow. Normalerweise tat sich mein Onkel höchstens mit Witzen hervor, war ein lustiger Kerl, hatte zwar einen sehr schwarzen Humor, aber so wütend hatte ich ihn bis heute noch nie erlebt. Auch niemand von meiner Familie, wie es schien. Er holte ein Stofftaschentuch hervor und betupfte seine hochrote Stirn.
    „Du solltest dir
so etwas …
“, Onkel Wolf sprach zu Patrick und zeigte auf mich, „… nicht gefallen lassen.“
    „Junge, du brauchst dich dafür doch nicht zu schämen“, ergriff meine Mutter die Initiative, drückte mich kurz aber heftig und erhob sich. Sie wackelte schnurstracks auf Patrick zu, nahm erst seine Hände, entschied sich dann spontan anders und riss ihn in ihre Arme.
    „Es freut mich so sehr, dass mein Sohn einen netten Mann gefunden hat der ihn liebt. Ich hab mir schon solche Sorgen gemacht!“, summte sie dabei in sein Ohr und zerdrückte Patrick beinahe. Er sah mich über ihre Schulter hinweg überrumpelt an, legte aber schließlich zögernd die Arme um sie. Als Freund meiner Schwester hatte er keine so herzliche Begrüßung erfahren. Meine Mutter ließ ihn wieder los, schnappte nach seiner Hand – als habe sie Angst, er könne sonst entkommen – und erklärte:
    „Ich habe mir gleich gedacht, dass es Julia gar nicht ähnlich sieht, mit jemandem wie dir zusammen zu sein. Sie hat es mehr auf langhaarige Rocker und Motorradfahrer mit gefährlichen Tattoos abgesehen, musst du wissen.“ Dann begann sie, Patrick in meine Richtung zu schieben und schnatterte weiter:
    „Du darfst das meinem Jungen nicht übelnehmen, er ist ein bisschen schüchtern und konnte ja nicht ahnen, dass wir alle Bescheid wissen.“
    Ich bohrte mit den Fingernägeln in meinen Handballen, biss mir auf die Lippe, wippte mit einem Bein und war kurz davor, völlig hysterisch loszulachen. Patrick schien sich über das Theater, das hier gespielt wurde, prächtig zu amüsieren. Er wirkte nicht böse oder dergleichen, sondern lächelte bloß ungläubig. Wer konnte ihm das verdenken? Die Situation musste für ihn völlig surreal wirken, aber er ertrug sie mit erstaunlicher Fassung. Ich begann mich zu fragen, ob einer der anderen Männer, mit denen Julia bisher zusammen gewesen war, auch bis hierhin mitgespielt hätte. Sich belustigt darüber gegeben hätte, dass man ihn für schwul hielt – oder ob er nicht eher irgendwelche Möbel zertrümmert hätte und mich K.o. geschlagen.
    „Na komm schon, setz' dich zu ihm, Junge“, drängte meine Mutter.
    Hatte sie gerade zu Patrick
'Junge'
gesagt? So nannte sie sonst nur mich, ihren
Sohn
!
    Patrick ließ sich folgsam neben mich aufs Sofa sinken und rutschte dabei so dicht an mich heran, dass sich unsere Körper berührten. Das lag nicht nur an seiner atemberaubenden Schauspielkunst sondern auch daran, dass das Sofa recht alt war und neben mir eine hochschwangere Frau saß. Ich war gegen Susi gekippt, als sich meine Mutter vorhin erhoben hatte, ebenso kippte Patrick nun gegen mich. Alle Augenpaare waren auf uns gerichtet. Ich bekam kaum Luft vor Aufregung und Verlegenheit. Man lächelte uns an, als erwarte man irgendeine Showeinlage.
    Hilfe. Wie sollte ich diesen Tag überleben? Vielleicht sollte ich einfach aufstehen und raus laufen. So peinlich, wie mir die Situation im Moment war, wäre ich auch glatt zu Fuß bis nach Hause gerannt – und das lag fast hundert Kilometer weit entfernt.
    Doch dann griff Patrick nach meiner Hand und steckte die Finger zwischen meinen hindurch, als mache er tagein tagaus nichts anderes, und schubste mit der Schulter aufmunternd gegen meine. Ich lief augenblicklich rot an und verknallte mich immer mehr in diesen Kerl. Er war wirklich locker drauf und hatte Humor. Außerdem fühlte sich seine Nähe so verdammt gut an, und trotz der mehr als vertrackten Situation schien es so richtig, neben ihm zu sitzen und mit ihm Händchen zu halten. Ich wünschte, das alles wäre kein Missverständnis sondern echt. Ich wollte, ich hätte ihn tatsächlich als meinen festen Freund mitgebracht.
    Spätestens auf der Heimreise würde mir Julia den Kopf abreißen. Wie Patrick reagieren würde, wenn das
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