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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band
Autoren: Haymon
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betraten die Männer eine Kellerröhre, die vom großen Gewölbe abzweigte und nach links führte – in die Richtung von Albert Hahns Preßhaus. Die Röhre schloß mit einer glatten Wand aus fest gepreßtem Löß ab. Kurzbacher wies auf ein kreisrundes Loch, etwa so groß wie sein Handteller. „Mein Vater und der alte Hahn waren recht gut miteinander, und einmal haben sie überlegt, ob man die beiden Keller nicht verbinden könnte. Sie haben dieses Loch gebohrt, um zu sehen, wie weit die Keller voneinander entfernt sind.“
    „Und das Loch …?“ fragte Polt mit spröder Stimme, „es geht immer noch durch, bis drüben?“
    „An sich schon“, antwortete Friedrich, griff hinein und holte einen alten Jutesack hervor. „Den habe ich hineingesteckt, damit nichts passiert, aber man weiß ja nie, wie dicht so etwas ist. Außerdem, glaube ich, steht zwischen der Rückwand des Kellers, den dieser Swoboda gekauft hat, und dem Hahnkeller nur eine Ziegelwand, und der Keller vom Brunner Karl ist auch nicht weit weg. Der vom Schachinger Josef ist irgendwo in der Nähe, aber nicht so dicht dran, glaube ich. Weißt du, irgendwie hängt hier herunten alles zusammen.“
    Simon Polt nickte und griff nun selbst in das Loch, bis er das grobe Gewebe des Sacks ertastete. Ob der Friedrich je auf den Gedanken gekommen war, daß ein einziger Handgriff alle Sorgen mit dem Prozeß aus dem Weg räumen konnte?
    „Schachinger …“, der Inspektor überlegte. „Das ist doch der Vater von dem kleinen Buben, den der Hahn damals in den Keller geschleppt hat?“
    „Ja. Es ist ein Jammer mit dem Kind … Da kommt jemand!“ Kurzbacher ging mit raschen Schritten nach vorne und richtete sich spähend auf, wie ein neugieriges Ziesel. „Der Herr Swoboda!“ sagte er dann sichtlich ohne Freude.
    „Hallöchen, ihr Kellergeister“, klang es auch schon von der Treppe her, und Florian Swoboda bewegte sich unsicher durch den Keller, indem er einmal an den Fässern, dann wieder an der Wand Halt suchte. „Ich hatte eine Weinverkostung mit einem wichtigen Gast, ihr versteht? Ach, was versteht ihr schon!“ erklärte er mit schwerer Zunge und fuhr fort: „Wie ist der Sturm, Freund Kurzbacher, einigermaßen trinkbar?“
    „Hoffentlich“, sagte der Weinhauer trocken und machte keinerlei Anstalten, aufs Faß zu steigen. Dann aber gehorchte er doch unwillig den ungeschriebenen Gesetzen unterirdischer Gastfreundschaft und fragte: „Wollen Sie vielleicht was trinken?“
    „Immer! Auch wenn’s einmal nicht vom Feinsten ist. Her mit dem Gesöff!“
    Polt spürte, wie er auf dem Rücken Gänsehaut bekam. Kurzbacher stieg die kleine Leiter hoch, füllte den Weinheber und goß sein größtes Glas voll, um den ungeliebten Gast für eine Weile beschäftigt zu wissen. Er sollte sich getäuscht haben. Swoboda soff den Sturm in einem Zug hinunter und schüttete einen imaginären Rest über die Schulter „Für die Götter“ sagte er mit fettiger Stimme, „wie bei den alten Römern. Von wegen alt: Hast du noch irgendeinen Alten hier unten liegen, für einen durstigen Menschen?“
    Friedrich Kurzbacher holte eine Doppelliterflasche mit Grünem Veltliner, öffnete sie und stellte sie wortlos auf den kleinen Tisch, der im Keller stand. Swoboda nahm Platz und begann zu trinken. Polt und Kurzbacher, die beide stehengeblieben waren, schauten ihm dabei staunend zu: Noch nie hatten sie einen Menschen gesehen, der sich in solcher Hast und mit derart gnadenloser Konsequenz berauschte.
    Der Sturm im Weinglas
    Florian Swoboda hatte eine befremdliche Art zu trinken: Schweigend, den Kopf auf den linken Arm gestützt, fixierte er das volle Glas, und es vergingen ein, zwei Minuten, bis er es mit der Hand umfaßte, aber immer noch stehenließ. Wieder verstrich einige Zeit, dann folgte eine rasche, fließende, wohl auch vertraute Bewegung, und Sekunden später war das Glas leer.
    Längst war der anfängliche Redefluß Swobodas versiegt, und die beiden anderen Männer ließen ihn ungestört. Der einsame Trinker schaute nicht einmal hoch, als ein weiterer Besucher auf der Kellerstiege erschien: Christian Wolfinger, einer der Jäger von Brunndorf. An die vierzig Jahre alt, dunkel und schlank, mit einem markanten Raubvogelgesicht, gehörte er zu jener Sorte von Männern, bei denen die sittsamen Mädchen und Frauen des Dorfes allenfalls Lust auf ein verschwiegenes Abenteuer verspürten, doch keinerlei ernste Absichten. Natürlich war der Wolfinger in Jagdgrün gehalten, von Kopf
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