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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition)
Autoren: Yuna Stern
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mit Ihrem neuen Familienmitglied einnehmen.«
    In ihren Gedanken wiederholte Light die Menüfolge, um ihre Nerven zu beruhigen. Gemäß der Tradition wurden die Wesen der alphabetischen Reihenfolge ihrer Nachnamen entsprechend vergeben, so dass man als Delegierter nicht wissen konnte, ob man der Erste oder der Letzte war, der sein Wesen zugeordnet bekam.
    Kane, der noch immer ihre Hand hielt, schenkte Light ein liebevolles Lächeln. Seine Haut war nicht länger kühl, denn ihre feuchten, verschwitzten Hände hatten sie erwärmt.
    »Adrian, Rane«, rief der Bürgermeister den ersten Namen. Die Spannung im Raum war kaum zu ertragen. Niemand wagte es Luft zu holen, aus Angst, etwas zu verpassen. »Adrian, Rane«, wiederholte er. »Ist das Wesen von Singer, Nicolai.« Die Stille wurde vom Applaus zerschnitten. Die Leute pfiffen und jubelten, während Rane sich zu Familie Singer setzte.
    Da Rane für Light ohnehin keine Option gewesen war, erlaubte sie sich einen flüchtigen Blick zu den Singers. Rane war ein Lykanthrop, wie unschwer zu übersehen war, vielleicht ein Werwolf oder eine Werkatze. Er war groß und hatte einen drahtigen Körper, ganz ähnlich dem von Nicolai. Die beiden grinsten einander an und schienen sich auf Anhieb zu verstehen. Die Familie wirkte zufrieden, sie klopften Rane auf die Schulter und hießen ihn willkommen.
    »Nicht mehr lange«, flüsterte Kane. Er sah sie aus dem Augenwinkel heraus an und lächelte sanft. Vor seinem Gesicht hielt er eine Kamera, um den Moment, in dem Light ihr Wesen erhalten würde, genauestens einzufangen.
    Die Delegation war eine nervenaufreibende Prozedur. Alle im Raum hielten gespannt den Atem an und warteten auf die Verkündung der nächsten Namen. Anschließend brachen sie in lauten Jubel aus. Dieses Spiel wiederholte sich immer und immer wieder. Brandy Lane, ein Mädchen aus Lights Parallelklasse, bekam eine Furie zugeteilt. Light war erleichtert, noch nicht aufgerufen worden zu sein, denn Furien hatten den Ruf anstrengend und diebisch zu sein.
    Wann war sie endlich an der Reihe? Nervös wippte Light mit ihren Füßen auf dem Boden hin und her. Die lange Tafel, an der die Wesen saßen, leerte sich. Das sympathische Mädchen mit den braunen Haaren, von dem ihre Mum geschwärmt hatte, hatte ihre Delegierte bereits gefunden.
    »Leroy, Dante«, verkündete der Bürgermeister und wieder herrschte Schweigen im aufgeheizten Raum. »Leroy, Dante ist das Wesen von Adam, Light.«
    Lights Herz hörte für einen Moment auf zu schlagen. Sie bekam keine Luft mehr. Adrenalin pumpte durch ihren Körper. Sie riss den Kopf in die Höhe, um ihr Wesen anzusehen. Ihr Blick fuhr suchend die Tafel entlang, doch keines der Wesen erhob sich, um zu ihr zu kommen. Nur am Rande hörte Light das Jubeln und Klatschen der anderen, das allmählich verstummte wie abklingender Regen.
    »Leroy, Dante«, wiederholte der Bürgermeister mit Nachdruck. »Bitte erheben Sie sich, um Ihre Delegierte Adam, Light willkommen zu heißen.« Hilfesuchend sah er zu Mrs Elisa, die aufgeregt mit einem Mann sprach. Die Stimmen der anderen Gäste im Saal wurden lauter. Alle starrten Light an, die nicht wusste, was sie tun sollte.
    Sie spürte, wie Kane seinen Griff lockerte und kaum merklich die Achseln hob. Sollte sie lachen oder weinen?
    »L-e-r-o-y, Dante«, sagte der Bürgermeister noch einmal klar und deutlich.
    Ein bitterer Geschmack breitete sich auf Lights Zunge aus. In ihren Ohren rauschte es. Dieses Wesen war ihr keine Minute zugeteilt und schon zeigte es Ungehorsam. Was sollten die anderen Leute denken?
    »Vielleicht ein Fehler in der Liste«, tuschelte die Frau am Nachbartisch, deren Tochter ihr Wesen bereits erhalten hatte. Plötzlich wurde ein Stuhl am linken Rand der langen Tafel zurückgeschoben. Wie auf Befehl drehten sich alle Köpfe in diese Richtung. Jeder wollte wissen, welches Wesen so unverschämt war sich seiner Delegierten zu entziehen und das schon am ersten Tag.
    Dante Leroy war kein sympathisches, braunhaariges Mädchen. Sie war auch nicht blond oder rothaarig. Sie war noch nicht einmal ein Mädchen. Sie war ein sportlich gebauter junger Mann um die zwanzig. Seine Jeans waren verwaschen, ebenso wie sein T-Shirt. Zwischen den elegant gekleideten Gästen wirkte er fehl am Platz. Die Krönung seines schlechten Äußeren aber waren seine Haare, die er seitlich abrasiert hatte. In der Mitte kräuselten sich ein paar gefärbte Strähnen in exakt demselben Grün wie das von Lights
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