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Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Neobooks - Das Leben in meinem Sinn

Titel: Neobooks - Das Leben in meinem Sinn
Autoren: Susanna Ernst
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Licht-Spielereien und übersteuerten Farben immer fröhlich halten. Viele Weitwinkel-Aufnahmen, alles breiter und offener als in der Realität. Es gibt sogar einen Erzähler, mit einer richtig sarkastischen Art. Und mit jeder weiteren Folge, mit jedem Bruchstück, das wir hinzufügen und ergänzen, werden wir eine Show erschaffen, die zeigt, wie wunderschön das Leben sein kann, wenn man sich nur darauf einlässt. Nichts Trübes. Wir zeigen die Welt, wie sie sein sollte.
›Das Leben in meinem Sinn‹
, so wird die Serie heißen.«
    Ungeachtet der Tatsache, dass wir telefonieren, nicke ich – wie immer, wenn Randy in einen Redeschwall verfällt und mich seine Euphorie packt. Niemand kann sich so ansteckend für etwas begeistern wie er.
    »Also, dann morgen um eins?«, fragt er.
    »Jepp!« Die Wahl des Restaurants ist bereits getroffen. Es kann nur eines geben! Wir sind seit Ewigkeiten eingefleischte Stammkunden des
›Biaggio‹
und werden es vermutlich bis an unser Lebensende bleiben. Marios genialer Pizza sei Dank! Außerdem hat das winzige Restaurant rund um die Uhr geöffnet, was Randys Spontaneität und Nachtaktivität schon das eine oder andere Mal zugute gekommen ist.
    »Na dann, träum süß weiter, Dornröschen«, flötet Randy.
    »Penner!«, gebe ich zurück. Ein kurzes Lachen, dann hat er das Gespräch beendet.
    Ich lege das Handy aus der Hand, knipse das Licht aus und drehe mich auf die Seite. Versuche, mich zu entspannen, und scheitere erbärmlich dabei. Vielleicht liegt es an dem Traum, aus dem Randy mich mit seinem Anruf gerissen hat: Sobald ich meine Augen schließe, sehe ich ihr Gesicht vor mir. Shirley …
    An Schlaf ist so schnell nicht mehr zu denken, das wird mir bald schon bewusst. Wenn die Erinnerungen an sie so glasklar sind wie in dieser Nacht, dann höre ich tausend Geräusche – so still die Realität auch sein mag. Ich versuche vergeblich, mich auf Jacks regelmäßige Atmung zu konzentrieren. Der Glückliche wird schon bald wieder im Land der Träume ankommen. Mir hingegen bleibt dieser Zutritt verwehrt, denn die Geräusche in meinem Kopf sind zu laut, als dass ich zur Ruhe kommen könnte. Die Reihenfolge dieser Geräusche ist festgelegt, ebenso wie die damit einhergehenden Bilder. Erinnerungen, die mir auch dieses Mal wieder die Luft zum Atmen rauben werden und denen ich mich dennoch nicht entziehen kann.
    Schon wird Shirleys Lachen, ausgelassen und glücklich, durch ihr erstes leises Weinen überschattet. Es folgt der Streit, unsere sich überschlagenden Stimmen, das Quietschen der Bremsen, das schreckliche Scheppern und ein Schrei, den ich damals viel zu spät als meinen eigenen erkannte …
    Ja, es ist immer wieder dieselbe Abfolge. Ohne Chance, sich dem schrecklichen Ende zu entziehen.
    Noch schlimmer jedoch sind die fehlenden Töne. Laute, die ich erwartete – ja, herbeisehnte – die jedoch nie kamen: das tiefe Durchatmen nach dem schrecklich dumpfen Aufprall, ein erleichtertes Seufzen, ein weiteres »Ich liebe dich« aus ihrem Mund … und, vielleicht vor allem anderen, der erste Schrei des Babys.
Unseres
Babys.
    Jack, der meine Unruhe wohl bemerkt, springt auf das Bett, rollt sich an meiner Seite zusammen und legt seinen Kopf auf meinen Bauch. »Ja, du hast recht, Junge«, murmele ich, atme tief durch, reibe mir den letzten Rest Verschlafenheit aus den Augenwinkeln und knipse das Licht wieder an. Ergreife das Skript auf meinem Nachttisch und setze mich auf.
    ›Das Leben in meinem Sinn‹
steht auf dem Cover.
    Verdammter Randy
, durchzuckt es mich.
Mal sehen, was er nun schon wieder ausgebrütet hat.
    Und so beginne ich, mitten in einer lauen Aprilnacht, im Skript der ersten Folge einer neuen Serie zu lesen, die – laut meinem besten Freund – die Geschichte des Fernsehens revolutionieren wird.
    Nein, er ist nicht überheblich. Randy ist schlichtweg größenwahnsinnig. Und ich kenne niemanden, der damit so gut fährt wie er.
    Sicher, an seinen Ideen spalten sich die Meinungen der Kritiker. Seine Werke sind immer anders und einen Ticken schräger als alle anderen. Viele lieben seinen Stil, manche hassen ihn. Er polarisiert – und findet das klasse.
    »Lieber ein paar Tausend Mal in die Kacke greifen und dann
einmal
Gold darin finden, als sein Leben lang nur immer und immer wieder Kartoffeln zu ernten.«
    Das ist Randys Philosophie. Und die lebt er mit einer bewundernswerten Beharrlichkeit.
    Er schreibt Drehbücher und hat bereits unzählige Flops mit seinen Ideen
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