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Nachtjäger

Nachtjäger

Titel: Nachtjäger
Autoren: Vanessa Farmer
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Metall, was einen schrillen Ton hervorrief, der sich mit den viehischen Lauten des Vampirs Maurice Lengton mischte.
    Sie rissen ihn in Fetzen, zuerst die Arme, die noch zuckten, als sie wie dicke Schlangen auf dem Boden lagen, dann verkrallten die Vampire sich in seinen Eingeweiden und zogen diese aus seinem Körper, sie öffneten seinen Brustkorb und einer von ihnen hielt das tote graue Herz in die Höhe und Maurice wehrte sich noch immer. Sein armloser Oberkörper zuckte und wackelte, als ein Ausbeinmesser ihm die Beine vom Körper trennte. Der Torso schwamm in weißer Brühe und der Schädel des Gepeinigten knallte wieder und wieder mit dem Hinterkopf auf den Steinboden, als könne er sich auf diese Art retten.
    Daargon, die Arme vor die Brust verschränkt, folgte dem Geschehen regungslos. Er nahm seine Sonnenbrille ab und seine Augen glühten rot wie magische Rubine oder das Feuer der Hölle.
    Das, was von Maurice noch übrig war, wollte nicht sterben, konnte nicht sterben, denn es war schon tot. Der Torso verhedderte sich in Gedärm und vibrierte wie eine weiße Larve.
    »Beendet es!«, rief Daargon.
    Einer der Männer, er sah aus wie ein bekannter TV-Moderator, zog unter seinem Mantel ein Kurzschwert hervor und schlug den Resten von Maurice den Kopf ab. Weiße Brühe spritzte, aus den Augen des Schädels zuckten Blitze und Rauch waberte auf den Überresten, die sich augenblicklich auflösten, flüssig wurden und in sich zusammenfielen.
    Vor ihren Augen im Zeitraffer verging Maurice, wurde zu Schleim und floss als Rinnsal in einer schmalen Spur den schwach geneigten Boden entlang zu einem Abflussloch.
    Als es vorbei war, traten die Mörder zurück ins Glied, die Kleidung sauber, als sei nichts geschehen.
    Daargon drehte sich zu den Gefangenen um. »Hör auf zu heulen, Priesterin! Er war tot. Seit dem September 1940 war er ein toter Mann. Ich habe es lediglich herausgezögert.«
    »Er hat dich geliebt«, knurrte Frederic.
    »Womit wir beim Thema wären«, gab Daargon zurück. »Ich gehe davon aus, dass ihr Vier euch nicht egal seid. Vermutlich haltet ihr es für Liebe. Wie sonst hättet ihr es hundertdreißig Jahre miteinander ausgehalten, nicht wahr? Ich wette, ihr habt euch viele Male gegenseitig das Leben gerettet und tragt eine große Verantwortung füreinander. Beste Voraussetzungen.«
    Caroline schwitzte und fror gleichzeitig.
    »Eigentlich ist es eine alte Geschichte«, sagte Daargon. »Das macht sie allerdings nicht schlechter. Es geht um die Auswahl und um das, was Liebe ausmacht. Zeigt mir eure Menschlichkeit und die dahinter verborgene Düsternis. Beweist mir, dass ihr keinen Befehl braucht, um zu töten. Nicht aus Treue, wie meine Leute, sondern aus reinem Eigennutz.«
    Ludwig hielt Lilou im Arm. Sie waren jetzt ganz still.
    Warteten.
    »Du bist pervers«, flüsterte Caroline.
    »Nein, schönes Weib. Ich bin ein Suchender. Ich will sehen, wie treu ihr euch seid. Doch denkt daran, dass Shakespeare auch sagte, dass die Pflicht, die fest an Toren hält, Treue zur Torheit macht. Letztendlich stirbt jeder für sich alleine. Und ihr habt nun fünf Minuten, um festzulegen, wen von euch wir töten dürfen. Die verblieben Drei werden wir laufen lassen. Ihr werdet nach dieser Erfahrung nie wieder als Nachtjäger unterwegs sein. Das, was gleich mit euch geschieht, wird euch ein für alle Mal verändern. Die Überlebenden werden in Düsternis fallen.«
    Er breitete die Arme aus.
    »Das, Nachtjäger, ist der Fluch, mit dem ich euch belege!«
     
     
    Daargon ging zu seinen Leuten, die sich um ihn sammelten und die Köpfe zusammensteckten. Es schien, als habe er seine Gefangenen vergessen.
    »Fünf Minuten«, sagte Ludwig. »Eine schöne Scheiße ist das.«
    »Sie sollen mich nehmen«, sagte Lilou tonlos. In ihren Augen zitterte der Wahnsinn.
    »Unsinn«, fauchte Ludwig. Der Zorn verunstaltete sein Gesicht. »Niemand von uns wird sterben.«
    »Er meint es Ernst«, sagte Frederic. »Also werde ich gehen und mich ihnen überlassen.«
    Caroline schluchzte hell auf. »Auf keinen Fall. Glaubst du, ich bin aus dem Totenreich zurückgekehrt, um dich jetzt zu verlieren?«
    Frederic beugte sich über sie und seine nun wieder normalen Finger streichelten ihr Kinn. Er küsste sie sanft und sagte: »Wir hatten so viel Zeit miteinander, Liebste. So viel Zeit, mehr als wir verdient haben.«
    Caroline liefen Tränen über die Wangen, die der schöne Mann sanft wegküsste.
    »Ich bin ein alter Mann«, sagte Ludwig. »Ich bin der
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