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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Handhabung des Wagens zu studieren.
    Der Weg zur Höhle war mit diesem Wagen nur kurz, die Zufahrt infolge der Größe des Wagens nicht ganz leicht zu nehmen, doch wurde der Parkplatz ohne merkliche Mühe erreicht.
    Die Familie machte sich auf, um Erinnerungen zu genießen, und es war selbstverständlich, daß Joe mitkam.
    »Haben Sie die Höhle schon gesehen, Paul?«
    »Nein.«
    »Kommen Sie mit, das müssen Sie kennenlernen!« Jerome wollte von diesem Verlangen nicht abstehen. Paul fluchte innerlich über die erwachte Leutseligkeit der Familie, aber er konnte nicht absagen, und so schwand seine Hoffnung auf eine Stunde Schlaf dahin.
    Es hatten sich noch etwa zwanzig weitere Besucher eingefunden. Der Führer lachte, als er Jerome, Caroline und Joe wiedererkannte. Der Abstieg über die Treppe, die den Blick in die Tiefe erlaubte, begann. Der Führer erklärte. Paul und Joe hatten kurz um den letzten Platz gewetteifert, schließlich war Joe großzügig vorangegangen, aber nun auch als erster hinter dem Führer, durch die lange Schlange der Besucher von Paul getrennt.
    Paul hatte keine Schußwaffen mehr, und es war nicht sehr wahrscheinlich, daß er einen Stein werfen würde.
    Die Reihenfolge ergab, daß Joe beim Wiederaufsteigen der letzte wurde und alle anderen vor Augen hatte. Nach dem Verlassen der Höhle erhielt der Führer von Familie Bergen noch einmal ein reichliches Trinkgeld. Joe setzte sich auf den Sitz neben dem Fahrer. Paul ging an das Steuer. An Schlafen war für ihn wieder nicht zu denken.
    Jerome und Caroline hatten beschlossen, die Bad Lands zu besichtigen und dann über Joes Reservation zu fahren, die sie zu interessieren begann. Daddy nickte. Auf ein paar Meilen kam es nun keineswegs mehr an. Paul machte ein mürrisches Gesicht.
    »Sie brauchen etwas, was Sie aufmuntert«, sagte Joe. »Haben Sie schon lange nichts mehr genommen?«
    »Seit gestern nicht«, fuhr es Paul heraus, und er bereute es sofort.
    Das mußte ihm passieren, ihm! Er war nicht auf der Höhe. Es fehlte ihm sein Marihuana, es fehlte ihm der Schlaf, es fehlte ihm die gewohnte Selbstsicherheit, wenn er diesen Indianer neben sich hatte. Er konnte nicht wissen, wie weit die Polizei mit ihren Nachforschungen gekommen und seiner Doppelrolle auf der Spur war. Das Radio meldete, daß ein weiterer Verdächtiger in Calgary festgenommen worden sei. Diese armen Teufel waren völlig unbeteiligt oder wußten nicht viel, aber irgendeinen Anhaltspunkt konnten sie doch ausplaudern. Paul hatte keine Zeit, er mußte nach Frisco gelangen, um unterzutauchen. Dort war alles dafür vorbereitet. Er begann, den Wagen auf die für die Straße nicht zulässige Geschwindigkeit von siebzig und achtzig Meilen zu bringen, allerdings ohne ihn darauf festzulegen.
    »Endlich geht es vorwärts!« Caroline war wieder zufrieden.
    Joe spielte mit einer Pistole.
    »Was haben Sie für eine Marke?« wollte Jerome wissen.
    »Eine unfehlbare, Mister Bergen.«
    Paul beschloß, in den nächsten beiden Stunden zu handeln. Ein Verbrechen paßte jetzt nicht in seinen Plan, doch wie sollte er sich anders retten? Seine Gereiztheit steigerte sich, wenn er daran dachte, daß er sich das Gesetz des Handelns von einem anderen aufzwingen ließ. Er schätzte Joe als rachsüchtigen Desperado ein, der zu allem fähig wäre. Er mußte ihm zuvorkommen, und zwar bald, solange er noch seine fünf Sinne beisammen hatte. Das zerrissene Gelände der Bad Lands konnte eine Gelegenheit bieten.
    »Paul, haben Sie heute nacht gesoffen?« fragte Vater Bergen unvermittelt. »Sie sind müde und unsicher. Wir umfahren die Bad Lands. Nehmen Sie die Umgehungsstraße.«
    Paul beachtete die Anordnung nicht, sondern ließ den Wagen in der bisherigen Richtung weiterlaufen.
    »Lassen Sie sich ablösen, Paul. Sie sehen grau aus!« Daddy wurde besorgt um Paul, aber vor allem um seine Sicherheit und die seiner Kinder. »Was fahren Sie diese Straße, wo jedes Versagen sofort die übelsten Folgen haben kann?«
    Paul antwortete wiederum nicht, sondern fuhr mit wachsender Geschwindigkeit weiter. Vater Bergen geriet in helle Aufregung.
    »Was fällt Ihnen ein! Stoppen Sie sofort und lassen Sie einen anderen ans Steuer!«
    Paul konnte vom Fahrerplatz aus alle Fenster regieren. Er ließ sie geschlossen bis auf das eine unmittelbar beim Fahrersitz. Dieses Fenster öffnete er.
    »Machen Sie das Fenster zu!« rief Carol böse. »Was nützt die Klimaanlage, wenn Sie mir den Sturm und den Staub hereinwehen lassen! Sind Sie denn
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