Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Millionär

Millionär

Titel: Millionär
Autoren: Tommy Jaud
Vom Netzwerk:
»Arschkrapfen« noch »Schnellfickerschuhe« kennt. An Vittel schicke ich eine Mail, weil ihre scheiß Plastikflaschen stundenlang nachknacksen, wenn man sie mal eingedellt hat. Mehrfach bin ich schon vor Schreck aus dem Bett geschossen wegen des Geräusches, Einbrecher hab ich gedacht und bin mit Taschenlampe wirr durch die Wohnung gestolpert, dabei war's nur 'ne billige Franzeckenflasche. Mail Nummer drei geht an das Management von Kai Pflaume, weil der Werbung für versalzene Viva Vital-Putenwiener macht. Hella von Sinnen fordere ich in einer weiteren Mail nachdrücklich dazu auf, nicht mehr so laut rumzuschreien im Fernsehen. Ich beschließe meinen Bürovormittag mit einer Nachricht an die Kölner Verkehrsbetriebe, in der ich mich über stinkende Fahrgäste und Florian-SilbereisenLaufschriften beschwere.
    Mit einem lauten »Mahlzeit« verabschiede ich mich von Shahin und gehe zielstrebig Richtung Jägerklause. Die Jägerklause ist die Sorte von Eckkneipe, in der man bei einem leckeren Frühstücksschnaps und einem Zwiebel-Mett-Brötchen das ARD-Morgenmagazin gucken und über Politik reden kann mit Leuten, die auch keine Ahnung haben. Sie ist aber auch die einzige Gaststätte Kölns, die ein komplettes Mittagsmenu für nur € 4,35 anbietet. Wenn man mit der Schmach leben kann, das so genannte Hartz-IV-Menu zu bestellen, wird man mit dampfender Buchstabensuppe, frischer Bratwurst auf Grünkohl und einem Vanilleeis bedient. Wichtig bei einem Besuch der recht abgeranzten Jägerklause ist allerdings, dass man gar nicht erst versucht das von Wirt Karl-Heinz persönlich auf den Tresen geklebte 2-Euro-Stück wegzunehmen. Wichtig ist auch sich möglichst weit weg von den anderen Gästen zu setzen, denn die haben meist schon gegen Mittag einen halben Kranz Kölsch im Hals und sind stets für ein sinnloses Gespräch zu haben. Die Buchstabensuppe ist lecker, doch noch während des Essens reift in mir ein schlimmer Verdacht. Ich zücke mein Notizbuch und notiere: Nachprüfen, ob Alphabet in Suppen vollständig.
    DINKEL-RÜBLI-KNIESCHONER
    Meine Nachmittage verbringe ich im Außendienst. Ich teste zum Beispiel wie lange ich in den verschiedenen Autohäusern in einem Neuwagen sitzen muss, bis mich ein Verkäufer anspricht. Einmal in Jeans und billigen Turnschuhen und einmal im Anzug. Den Negativrekord für Jeans und Turnschuhe hält noch immer das Kölner Autohaus Igel, wo ich vor einer Woche in einem Toyota Prius fast verdurstet bin. Nur der leistungsstarken Audioanlage (Sonderausstattung) und einer brasilianischen Putzfrau ist es zu verdanken, dass ich mein Experiment nach sieben Stunden und elf Minuten abbrechen konnte. Auf Platz zwei der »wir missachten schlecht angezogene Kunden«-Rangliste liegt BMW Hemmer wo ich drei Stunden und 49 Minuten in einem X5 verbrachte. Der zwielichtige Verkäufer des Peugeot-Autohauses Nadel in Köln-Sülz ersparte mir hingegen unnötige Sitzerei und fing mich bereits wenige Schritte vor einem 307 Cabrio mit einem Prospekt ab: »Da steht alles drin ...«
    Wie soll ich sagen: Die Autohaus-Tests waren den Aufwand wert. Schon mal wegen der dummen Gesichter, die die Verkäufer am nächsten Tag gemacht haben, als ich ihnen im Anzug verklickert habe, dass ihr Autohaus durchgefallen sei und ihnen das wütende Lenkrad verliehen werde. Es sind allerdings weniger die großen Aktionen wie die im Autohaus als eher viele Kleinigkeiten, mit denen ich die Welt jeden Tag ein kleines bisschen verbessere. Das können trödelnde Passanten sein wie ein schneckengleich arbeitender Pfandautomat, Plus-Supermärkte, in denen kein einziger kleiner Preis mehr wohnt oder eine Diät-Salami mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum. Natürlich kommt es im Außendienst hin und wieder auch zu Streitereien, so wie gestern im Schlecker, als ich mich über den unverschämten Preis der Ab durch die Hecke-DVD beschwert habe und die Kassiererin mir riet, einfach ein Jahr lang zu warten, dann würde sie schon billiger. Ich hab ihr gesagt, das mit dem Warten wäre kein Problem, die Zeit hätte ich, und habe mich mit einem Sanddorn-Saft auf den Stuhl der Nachbarkasse gesetzt. Nach einem längeren Streit mit dem Marktleiter wurde ich dann doch nach draußen begleitet. Ohne DVD.
    Heute Nachmittag habe ich den kürzlich eröffneten BioSupermarkt in der Nähe meiner Wohnung auf der Liste. Mit einem grünen Plastikeinkaufskorb als Kunde getarnt schlurfe ich hinein. Das Erste, was mir auffällt, ist, dass hier alles doppelt so viel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher