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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller
Autoren: Hundert Jahre Zaertlichkeit
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Murmeln der Menge wie Donnergrollen. »Wenn ich tot bin, Walter«,
rief Jonathan, »ist das wohl für uns beide ein großer Schock.«
    Er stand im
Mittelgang, seine Kleidung zerrissen und rußbedeckt, einen Arm in einer
behelfsmäßigen Schlinge, die er aus einem Seidenhalstuch gemacht hatte, das Elisabeth
in ihrem anderen Leben gesammelt hatte. Seine grauen Augen richteten sich auf
sie, während er fortfuhr: »Ich lebe offensichtlich und Trista auch.«
    Überall im
Raum fielen Frauen in Ohnmacht, und einige der Männer sahen auch ziemlich weiß
um die Nase aus. Doch Elisabeths Reaktion war reine, ungetrübte Freude. Sie
warf sich Jonathan entgegen und umarmte ihn, wobei sie bemüht war, seinen
verletzten Arm nicht zu drücken.
    Er küßte
sie und preßte sie mit seiner gesunden Hand ungeniert an sich. Und selbst als
er seine Lippen von den ihren löste, schien er die Menschenmenge in der Schule
nicht wahrzunehmen.
    Es war
Farley, der sich seinen Weg zu Jonathan bahnte und fragte: »Verdammt, Jon, wo
sind Sie gewesen?«
    Jonathans
Zähne hoben sich weiß gegen sein rußgeschwärztes Gesicht ab. Er schlug dem
Marshal freundschaftlich auf die Schulter. »Eines Tages, Farley, wenn wir
beide so alt sein werden, daß es keine Rolle mehr spielt, werde ich es Ihnen
vielleicht erzählen.«
    »Ruhe!
Ruhe!« schrie der Richter und schlug mit seinem Hammer auf das Pult.
    Die Leute
kümmerten sich nicht darum. Alle schrien Jonathan Fragen entgegen, die er
jedoch ignorierte. Er schob die benommene Elisabeth durch den Mittelgang und
hinaus in die helleJulisonne.
    »Sieht so
aus, als hätte uns die Zeit wieder einen häßlichen Streich gespielt«, sagte
er, als er und Elisabeth unter den schützenden Blättern eines Ahornbaums
standen. Er strich mit der Spitze seines Zeigefingers an ihrem Kinn entlang. »Laß
uns schwören, Lizzie, daß wir nie wieder getrennt sein werden.«
    Tränen
liefen über Elisabeths Wangen, Tränen der Freude und Erleichterung. »Jonathan,
was ist passiert?«
    Er hielt
sie fest, und sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter, ohne sich an dem
beißendem Geruch von Rauch zu stören, der von ihm ausströmte. »Ich bin mir
nicht ganz sicher«, antwortete er, und sein Atem bewegte ihre Haare. »Ich
wachte auf, Trista schrie, und es gab keine Spur von dir. Ich hatte die
Halskette in meiner Hand. Alle
drei Treppen waren abgeschnitten, und das Dach brannte. Ich packte Trista,
schickte ein Stoßgebet zum Himmel und ging über die Schwelle.«
    Elisabeth
klammerte sich an ihn und konnte kaum glauben, daß er zu ihr zurückgekommen
war. »Wie lang warst du dort?« fragte sie.
    Er stützte
sein Kinn auf ihren Kopf, und die Leute hielten Abstand, obwohl sie aufgeregt
redend und gestikulierend aus dem Schulgebäude strömten. »Das ist das
Verrückte, Elisabeth«, sagte er. »Es sind höchstens ein paar Stunden vergangen.
Ich habe nur gewartet, bis ich einigermaßen sicher sein konnte, daß das Feuer
aus war. Dann kam ich wieder herüber und habe diesmal Trista auf meinem Rücken
getragen. Es hat eine Weile gedauert, durch die verkohlten Ruinen
herunterzuklettern.«
    »Woher hast
du gewußt, wo du mich suchen mußt?«
    Er zuckte
mit seinen kraftvollen Schultern. »Es sind viele Pferde und Wagen
vorbeigekommen. Ich habe den alten Cully Reed angehalten, und er hat fast seine
Zähne ausgespuckt, als er mich sah. Dann erzählte er mir, was vor sich geht,
und brachte mich auf seinem Heuwagen hierher.«
    Sie
verkrampfte sich, blickte in sein Gesicht hoch und suchte nach irgendeinem
Anzeichen eines Geheimnisses. »Und Trista wurde nicht verletzt?«
    Er
schüttelte den Kopf. »Sie ist bereits überzeugt, daß alles nur ein Alptraum
war, ausgelöst durch zuviel Rauch, den sie eingeatmet hat. Vielleicht können
wir ihr später, wenn sie älter ist, erzählen, was wirklich passiert ist, aber
jetzt würde es sie nur verwirren. Der Himmel weiß, es verwirrt sogar mich.«
    Der
Richter, der noch vor wenigen Minuten bereit gewesen war, Elisabeth zum Galgen
zu schicken, wagte es, den unsichtbaren Kreis zu durchbrechen, der die Leute
zurückhielt. Er legte eine Hand auf Jonathans Schulter und lächelte. »Sieht so
aus, als brauchten Sie ärztliche Versorgung für diesen Arm, mein Sohn.«
    »Was ich
als erstes brauche«, entgegnete Jonathan, ohne seine Augen von Elisabeth
abzuwenden, »ist eine Ehefrau. Meinen Sie, Sie könnten die Zeremonie durchführen,
Richter? Sagen wir, in einer Stunde draußen an der Brücke?«
    Der Richter
stimmte mit
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