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Jagd auf eine Bestie 1. Teil: Thriller (German Edition)

Jagd auf eine Bestie 1. Teil: Thriller (German Edition)

Titel: Jagd auf eine Bestie 1. Teil: Thriller (German Edition)
Autoren: Oliver Lierss
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sich, über die offensichtliche Brüskierung in Kriminalrat Herzogs Bemerkung hinwegzuhören. Er mochte, nachdem er nun gesehen hatte, was er wollte, keinen unnötigen Streit mehr provozieren. Dazu war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Es gab im Moment wichtigere Dinge, die es galt, umgehend in Gang zu bringen. Mit Herzog und seiner Abteilung würde er sich später befassen. »Nun, ich danke Ihnen jedenfalls für den Bericht, Herr Kollege. Für alles Weitere finden wir bestimmt bald einmal Gelegenheit, uns in aller Ruhe auszutauschen. Ich werde mich dann jetzt mal an die Arbeit machen. Schönes Wochenende wünsche ich Ihnen.« Marquart nahm seine Kopie, stand auf und verließ Herzogs Büro. Als er mit seinem Wagen das Gelände vor dem BKA verließ, stand Herzog am Fenster und sah ihm nach. Dann ging er langsam zu seinem Schreibtisch zurück und starrte einen Moment lang versonnen auf die Akte vor sich. Er schüttelte den Kopf und arbeitete weiter.
     
    Im noblen Villenviertel von Bad Godesberg, einem Vorort von Bonn, fuhr Marquart mit quietschenden Reifen in die Auffahrt zu einer Jugendstilvilla hoch und parkte seinen Wagen. Er stieg aus und eilte mit schnellen Schritten zur Haustür. Endlich konnte er etwas unternehmen. Der kurze Blick in die Akte hatte ihm genug verraten. Der Fall war von der Kripo Offenburg, Prinz Eugen Straße, aufgenommen worden. Marquart öffnete die Tür und warf seinen Hut und Mantel auf die Garderobe in der Diele. Dann ging er durch zum Wohnzimmer. Groß und kahl wirkte der Raum mit den hohen Decken und auch nicht gerade sauber. Kein einziges Bild hing an den Wänden. Auf den Fensterbrettern herrschte gähnende Leere. Kein noch so kleines Accessoire war auf den Ablagen oder in den Regalen der Schränke zu entdecken. Nichts von all dem, was in der Regel aus einem Haus ein Zuhause machte war hier. Marquart wohnte alleine. Eigentlich wohnte er alleine, solange er denken konnte, und das war ihm auch lieb so. Es gab ihm ein Gefühl von Sicherheit. Er traute niemandem über den Weg. Eine Familie hatte er nicht mehr. Seine Eltern waren längst tot. Ihr Grab, das er noch nie gesehen hatte, war an jenem verhassten Ort, an dem er als Kind aufgewachsen war. Arcadia in Oklahoma. Schon vor langer Zeit hatte er seine Eltern und dieses verschlafene Nest aus seinem Gedächtnis gestrichen.
     
    Schon damals als Junge war er anders gewesen, und ein Vorfall in dieser Zeit hatte für erhebliches Aufsehen gesorgt. Einem kleinen Mädchen hatte er einen Stoffbeutel über den Kopf gestülpt und es in eine Scheune geschleppt. Es war der Göre gelungen, mit letzter Kraft ein paar laute Schreie auszustoßen. Das Ehepaar, denen die Scheune gehörte, war in seinem Haus nebenan wach geworden und hatte nachgesehen. 
    Gerade noch rechtzeitig hatte er sich aus dem Staub machen können. Mehrmals war er während der Ermittlungen in der Sache befragt worden. Der zuständige Sheriff wollte einfach nicht locker lassen. Der Boden dort wurde ihm endgültig zu heiß. Obwohl man ihm in diesem Fall nichts beweisen konnte, war er ein paar Monate später nach New York gezogen. Die Anonymität des Molochs verschluckte ihn. Seine Eltern zu verlassen, hatte ihm nicht das Geringste ausgemacht. Sie hatten sich, solange er denken konnte, kaum um ihn gekümmert. Sein Vater war ein in der ganzen Gegend bekannter Alkoholiker gewesen. Seine Mutter hatte wohl schon die Männer der halben Stadt in ihrem Bett gehabt.
    Er konnte sich nicht daran erinnern, dass einer der Beiden auch nur einmal ein gutes Wort für ihn gehabt hätte. Nur ein einziges Mal hatte seine Mutter ihn in den Arm genommen. Ein Brief war gekommen. Nachdem sie ihn gelesen hatte , war sie in Tränen ausgebrochen, hatte ihn umarmt und fest an sich gedrückt. Aus dem Briefumschlag, den sie in der Hand hielt, war ein Foto herausgefallen. Als er sich bücken wollte, um es aufzuheben, kam sie ihm zuvor und steckte es zusammen mit dem Brief in ihre Tasche. Er hatte dennoch etwas erkennen können und war sich sicher gewesen, auf dem Bild zwei Neugeborene gesehen zu haben. Auf sein Nachfragen hin war seine Mutter sofort zu ihrer alten Schroffheit zurückgekehrt und hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass ihn dieser Brief nichts anginge. Eine ganze Zeit lang hatte ihn die Sache noch beschäftigt. Überall im Haus hatte er damals nach dem Brief und dem Foto gesucht. Beides blieb verschwunden, und so geriet das Ganze für ihn schließlich in Vergessenheit.
     
    In New York
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