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Hilfe, ich habe Urlaub

Hilfe, ich habe Urlaub

Titel: Hilfe, ich habe Urlaub
Autoren: Erma Bombeck
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gesagt: Laßt eure Mutter zufrieden. Sie hat alle Hände voll zu tun, diesen Sattelschlepper zu lenken«, meinte mein Mann unwirsch.
    Damit hatte er recht. »Mami« fuhr nicht einfach Auto. Sie umklammerte das Lenkrad, als ob sie ein Panzerfahrzeug mit radioaktivem Atommüll steuerte. Bei jedem Blick in die großen Außenspiegel sah ich hinter mir sieben Meter Wohnwagen und einen Stau, der bis zurück an die Grenze der USA zu reichen schien.
    Die letzten tausend Kilometer war ich hinter Ruby und Rusty aus Indiana in ihrem
    Wohnmobil namens »Wahre Liebe« hergezuckelt. Allein der Gedanke daran, sie zu überholen, hätte bei mir vorzeitig die Wechseljahre aus gelöst.
    Von Ferien war bisher nicht viel zu merken. Keiner von uns hatte geahnt, wie anstrengend es sein würde, mehrere Tonnen Gewicht über die Autobahn zu ziehen. Dieses liebenswerte
    Halsabschneiderpärchen, das uns den Campinganhänger verkauft hatte, hatte uns wohlweislich verschwiegen, wieviel Freude es machte, mit ihrem Gefährt nachmittags um fünf durch die Innenstadt von Detroit zu fahren, oder wie aufregend es sein konnte, auf einer Brücke, die gerade breit genug für einen Kleinwagen und ein Fahrrad war, einem entgegenkommenden Fahrzeug zu begegnen. Und sie hatten uns in keiner Weise auf das allabendliche Ritual namens »Parken Sie Ihr Heim auf Rädern« vorbereitet.
    Beim Einparken wirkte die gesamte Familie mit. Mein Mann saß am Steuer und starrte
    krampfhaft in die beiden großen Außenspiegel, während sich am rechten Hinterrad ein Kind in der Nase bohrte und am linken Hinterrad ein Kind Steine auf Eichhörnchen warf; das dritte Kind suchte derweil nach einer Toilette. Meine Aufgabe bestand darin, das Unternehmen zu
    koordinieren.
    »Dreh nach da!« rief ich.
    »Wohin? Ich kann dich nicht sehen. Was heißt >da    »Links. Dreh nach links.«
    »Den Wohnwagen oder das Auto nach links?« rief er.
    »Recht so.«
    »Wie - >recht so    »Weil du nicht zugehört hast, als ich >Halt!< gerufen habe. Im übrigen regnet es gar nicht. Du hast gerade den Wasseranschluß vom Campingplatz gerammt.«
    »Ich setze wieder vor. Und gib mir um Gottes willen bessere Anweisungen. Wieso winkst du jetzt? Soll ich in die Richtung fahren?«
    »Ich winke unseren Nachbarn.«
    »Laß doch mal die Nachbarn, bis wir mit dem Einparken fertig sind. Dann kannst du dich immer noch mit ihnen anfreunden.«

    »Wir freunden uns besser sofort an. Du bist ihnen hinten in ihr Zelt gefahren.«
    Dieses Einparken blieb immer ein Problem. In Quebec fuhren wir mit hungrigem Magen von morgens bis nachmittags auf der Suche nach einem geeigneten Parkplatz für unseren Kleinlaster herum - wir hätten etwas in der Größe eines Fußballstadions gebraucht. Mein Mann stellte sich schließlich in seiner Verzweiflung direkt an eine stillgelegte Eisenbahnstrecke. Nach dem Essen kümmerten mein Sohn und ich uns darum, die Miniküche wieder klarzumachen. Die übrige Familie ging spazieren.
    Da hörte ich die Lok pfeifen und erstarrte.
    Komisch, woran man so denkt, wenn einem das letzte Stündchen auf Erden geschlagen hat.
    Man tut nicht das, was man angeblich tun soll - sein Leben an sich vorüberziehen lassen oder auf die Knie fallen und seine Sünden bekennen. Alles, woran ich denken konnte, waren die Frauen auf der Titanic, die sich an dem Abend, als das Schiff den Eisberg rammte, ihren Nachtisch verkniffen hatten, weil ihre Kleider spannten. Als mein Sohn summte: »Näher mein Gott zu dir«, stopfte ich mir einen Schokoriegel in den Mund, und der Zug donnerte vorbei.
    Jeder Teller im Anhänger krachte zu Boden. Ich mußte wieder an das Wohnmobil »Wahre
    Liebe« denken und fragte mich, ob Rusty und Ruby aus Indiana sich gut amüsierten. Menschen, denen man tausend Kilometer hinterherfährt, lernt man ziemlich gut kennen. Ich wußte, daß sie ein »Baby an Bord« hatten, Williamsburg und den Freizeitpark Knotts Berry Farm besichtigt hatten und im Verein der Schußwaffenbesitzer waren. Sie mochten die Landstraße, und auf einem Aufkleber auf ihrer Stoßstange stand »CAMPER SIND DIE EHRLICHSTEN  MENSCHEN DER WELT« (und natürlich hatten sie ein Tankschloß).

    Irgendwie wußte ich auch, daß Ruby zum Kartenlesen verdammt war, während ihr Mann am Steuer saß und erklärte, daß er »verdammt noch mal nach Osten fahre, und wenn dort die Sonne untergeht, hat Gott eben einen Fehler gemacht!«
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