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Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
Autoren: Celia Friedman
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Macht, mit der die Djira sie lähmte, war wahrhaft furchterregend, und Nasaan war froh, dass er ihr keinen Anlass gegeben hatte, sie gegen ihn einzusetzen.
    Mit donnernden Hufen sprengte seine kleine Streitmacht auf die Stadt zu. Unterwegs formierte sie sich neu. Diesmal flogen ihnen weniger Pfeile entgegen; Nasaans Helfer im Inneren von Jezalya hatten die Wachen wohl aus dem Verkehr gezogen. Das Tor stand noch offen, und dahinter war Kampflärm zu hören – Schreie von Menschen, einstürzende Verteidigungswälle und das Klirren von Stahl auf Stahl. Endlich stieg nun auch im Osten die Sonne über den Horizont, schickte goldene Lichtlanzen über die Ebene und krönte seine Reiter mit Feuer.
    Er passierte das Stadttor mit erhobenem Schwert, die Namen seiner Vorfahren auf den Lippen wie ein Gebet. Und Alwats Namen – zum Dank für diesen unverhofften Sieg.
    So ritt er in das Feuer der Hölle.
    Und in das Feuer des Ruhmes.
    Jezalyas Kapitulation wurde im Haus der Götter besiegelt. Nasaan hatte Dervastis prächtigen Palast ebenso verschmäht wie den großen Vorplatz, auf dem sein Vorgänger offizielle Zeremonien abgehalten hatte. Beide Orte empfand er bei allem Prunk als leer und unecht, sie hatten keine Ausstrahlung. Jezalyas wahre Macht befand sich hier, in diesem fensterlosen Tempel am Rand der Stadt, bei den Göttern der Region. Und Nasaan wollte ganz deutlich machen, wer diese Macht jetzt in seinen Händen hielt.
    Inmitten von etlichen hundert Götterstatuen empfing der Eroberer von Jezalya in seinem blutbespritzten Panzer nacheinander die führenden Persönlichkeiten der Stadt. Die uralten Götter sahen schweigend zu. Neben Statuen aus gehämmertem Gold standen primitive Stammestotems, heilige Felsen und sogar einige Gegenstände, von denen längst niemand mehr wusste, was es damit auf sich hatte. Jeder Stamm in der Region hatte irgendwann einmal ein Abbild seiner Gottheit hier aufgestellt, jeder Händler seinen Schutzpatron, jeder Pilger seinen Schutzgeist. Jezalya ehrte alle Götter dieser Welt, und dafür, so hieß es, wurde Jezalya von allen Göttern dieser Welt behütet.
    Schon waren die Priester eifrig darum bemüht, Nasaans Einmarsch in diesen Zusammenhang zu stellen. Einige munkelten, die Götter hätten den Fall der Stadt von vornherein gewollt; Fürst Dervasti hätte die alten Gottheiten erzürnt, und deshalb hätten sie ihn vom Thron gestürzt. Vielleicht, weil er die heiligen Zeremonien aus dem Haus der Götter in seinen prächtigen, aber seelenlosen Palast verlegt hatte. Oder weil er die Wüstengottheiten ohne Wissen seiner Untertanen auf weniger offenkundige Weise beleidigt hatte. In einem Punkt waren sich alle Gerüchte einig: Gegen den Willen der Götter wäre die Stadt nicht gefallen. Hätten die Götter nicht gewollt, dass Nasaan Jezalya eroberte, dann wäre er dazu nicht imstande gewesen.
    Nasaan hatte für diese Gerüchte gut bezahlt.
    Als nun ein Würdenträger nach dem anderen vor ihn trat, um ihn seiner Ergebenheit zu versichern, spürte er, dass die Augen der alten Götter auf ihm ruhten. Durch die Entscheidung, diese Zeremonie in ihrer Gegenwart abzuhalten, wollte er sich vor der einheimischen Bevölkerung als rechtmäßiger Herrscher präsentieren, auch wenn kein Orakel sich eindeutig für ihn ausgesprochen hatte. Und er wollte sich das Wohlwollen der Priester sichern, indem er sich hier huldigen ließ und nicht in dem pompösen Palast, den Dervasti sich in seiner Vermessenheit hatte bauen lassen. Das war in einer Stadt, die für Hunderte von Stämmen die zentrale Kultstätte war, keine Kleinigkeit. Kein anderer Rahmen hätte sich besser geeignet.
    Die Zwangsuntertanen betraten nacheinander den fensterlosen Raum, verneigten sich – mehr oder weniger respektvoll – vor ihm und traten dann näher. Natürlich würde sich niemand offen auflehnen. Die Reihe von aufgespießten Köpfen gleich vor dem Haupttor der Stadt machte jedem, dem der Stand der Dinge etwa missfiel, überdeutlich klar, dass seine Meinung nicht gefragt war. Diese Männer würden ihre wie auch immer gearteten Befürchtungen für sich behalten. Aber in Gegenwart so vieler Götter fiel es schwer, sich zu verstellen, und denen, die am meisten vor Nasaan zu verbergen hatten, war die Anspannung deutlich anzumerken. Er notierte sich im Geiste ihre Namen, während er die förmlichen Ergebenheitsbekundungen entgegennahm. So kurz nach der Eroberung konnte eine Stadt leicht außer Kontrolle geraten, und er wollte nichts
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