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Der Scherbensammler

Der Scherbensammler

Titel: Der Scherbensammler
Autoren: Monika Feth
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vergessen und von vorn anfangen.«
    »Halt an«, sagte Ben zu mir, und ich fuhr an den Straßenrand. Es war still und einsam, und ich betete, dass die Situation nicht eskalieren möge.
    »Gestern hätte ich das noch mehr gewollt als alles andere.« Ben betrachtete diese Minouschka aus zusammengekniffenen Augen. »Aber dann hast du mich weggeschickt. Und jetzt weiß ich nicht mehr, ob ich dir trauen kann.«
    »Du kannst mir trauen, Ben. Wirklich. Sag mir, wie ich es dir beweisen kann.«
    Er überlegte. Trommelte mit den Fingern der freien Hand  auf dem Armaturenbrett. Seine Augen wurden noch schmaler.
    »Würdest du für mich einen Mord begehen?«
    »Ja.«
    Sie hatte ihm ohne das leiseste Zögern geantwortet.
    Ich trat aufs Gaspedal, dass die Reifen aufheulten. Hörte, wie er mich anschrie. Und raste weiter durch die Dunkelheit.
    Er war krank. Krank und gefährlich. Das Spiel, das er mit dieser Minouschka spielte, versetzte mich in Todesangst.
    Wenn Merle und ich heil aus der Sache herauskommen wollten, brauchten wir die Hilfe einer anderen Persönlichkeit.
    Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber ich sehnte mich danach, Cleos Stimme zu hören.
     

Kapitel 24
    Ein karges Frühstück. Das Brot zu hart, der Käse alt und der Kaffee war auch nicht nach Bens Geschmack. Aber das Schlimmste war, dass der Wagen am Ende ihrer Spritztour den Geist aufgegeben hatte. Etwa einen Kilometer vorm Ziel hatte er gestreikt und sie hatten ihn den Rest des Wegs schieben müssen.
    Ben verstand nichts von Autos und Motoren. Für diese Arbeiten war immer Max zuständig gewesen. Pralle Muskeln, wenig Hirn, ein grober Klotz, der ein Kaninchen beim Streicheln totgedrückt hätte, wenn er jemals auf die Idee gekommen wäre, Zärtlichkeit an ein Kaninchen zu verschwenden.
    Jetzt wünschte Ben, er hätte seinen Widerwillen gegen Max ein paarmal überwunden, um ihm bei der Arbeit zuzugucken. Der Blick unter die Motorhaube hatte ihn keinen Schritt weitergebracht. Sie waren in diesem Haus gefangen.
    Sie saßen um den Wohnzimmertisch. In der Küche herrschte ein einziges Chaos. Niemand hatte bisher auch nur einen Finger gerührt, um mal ein bisschen aufzuräumen oder sauber zu machen. Wie denn auch? Wie ein Schafhirt musste er die Mädchen beisammenhalten. Keiner von ihnen durfte er auch nur für eine Sekunde den Rücken kehren.
    »Wir brauchen was Anständiges zu essen.«
    Angeekelt warf er das Stück Käse, das er in der Hand gehalten hatte, auf den Teller zurück.
    Sie schauten ihn an, erwartungsvoll. Er wusste, dass sie nur auf eine Gelegenheit lauerten, ihn außer Gefecht zu setzen. Eine winzige Unachtsamkeit, und sie würden sie sich zunutze machen.
    Auch Mina. Er würde sich von ihrer plötzlichen Nachgiebigkeit nicht blenden lassen. Und ihr nie wieder gestatten, ihn zu verletzen.
    Einen Teil der Nacht hatte er wach gelegen und nachgedacht. Zu viert konnten sie nicht in den Ort laufen, um einzukaufen, das wäre zu auffällig. Außerdem konnte er die Mädchen nicht kontrollieren, sobald sie in der Öffentlichkeit waren. Er musste eine auswählen und sie damit unter Druck setzen, dass er die andern in seiner Gewalt behielt.
    Mina kam nicht in Frage. Dazu war sie in manchen Momenten viel zu verwirrt. Nicht auszudenken, wenn sie im Laden einen ihrer Anfälle bekäme.
    Merle war zu aufbrausend. Sie hatte sich schon einige Male mit ihm angelegt. Er konnte sich vorstellen, dass sie sich zu einer Kurzschlusshandlung hinreißen ließ.
    Blieb Jette. Sie war die Vernünftigste. Vielleicht war sie sogar die Einzige, die den Ernst ihrer Lage begriff.
    Doch zuerst musste er überlegen, wie viel Zeit sie für den Fußmarsch und den Einkauf benötigte. Er würde eine exakte Uhrzeit mit ihr ausmachen. War sie dann nicht wieder zurück, würde ihre Freundin dafür bezahlen. Dann konnte Mina beweisen, wie viel sie für ihn zu tun bereit war.
     
    Tilo war auf Imkes Drängen hin doch in die Praxis gefahren, um ein bisschen zu arbeiten, und auch Imke hatte sich an den Schreibtisch gesetzt. Doch statt sich von den quälenden Gedanken abzulenken, hatte sie sich immer weiter hineingesteigert.
    Nach dem Frühstück hatte sie mit ihrer Mutter telefoniert und es doch nicht fertiggebracht, ihr die Wahrheit zu sagen. Danach hatte sie den Kommissar angerufen. Es gab nichts Neues, und er hatte nicht um den heißen Brei herumgeredet.
    »Wir tun, was wir können«, hatte er gesagt.
    Und wenn das nicht ausreichte?
    Ihr fiel eine Geschichte ein, die Frau Bergerhausen
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