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Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)

Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
Autoren: Danielle Stevens
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die reglose May in seinen Armen. Behutsam wiegte er sie, wie ein schlafendes Baby. Ihre sanften braunen Augen waren geschlossen, ihre Züge entspannt. Es sah aus, als ruhte sie nur, doch Ben wusste, dass dies nur eine Illusion war.
    Das Herz in ihrer Brust hatte aufgehört zu schlagen. Ingrams brutaler Faustschlag hatte seine Nichte zu Boden geschleudert und getötet.
    Ihre samtweiche Haut fühlte sich kühl und klamm an, als Ben ihr zärtlich über die Wangen strich. Noch einmal küsste er ihre Lippen, doch der Schmerz darüber, dass sie seinen Kuss nie mehr erwidern konnte, überwältigte ihn schier.
    May war tot. Nie wieder würde er ihr helles Lachen oder ihre bezaubernde Stimme hören können.
    Und sie würden niemals Mann und Frau werden.
    Er blickte auf und sah ihn . Den Teufel in Menschengestalt, der mit einem einzigen Fausthieb gleich zwei Leben – Mays und das seine – zerstört hatte.
    Ingram Wood.
    Seine Miene war starr und ausdruckslos. Nichts deutete darauf hin, dass er bereute, was er getan hatte. Es ist ihm egal, erkannte Ben zu seinem Entsetzen. Nein, mehr als das: Es kommt ihm sogar gelegen.
    Durch Mays Tod war der vermeintliche Schandfleck, der seine Familienehre Zeit ihres Lebens beschmutzt hatte, endlich getilgt. Er brauchte nicht länger für ein Mädchen zu sorgen, das er aufgrund seiner Herkunft verachtete. May war fürihn seit jeher nur eine Last gewesen – eine Last, die er nun nicht länger tragen musste.
    In dem Moment, in dem er dies begriff, stieg ein so brennender Zorn in Ben auf, dass er rot sah.
    An das, was danach passierte, erinnerte er sich später nur schemenhaft …
    Zelle der Polizeiwache von Queenstown, Central Otago – 1. Oktober 1954
    »Und Sie sind sicher, dass es sich genau so abgespielt hat?« Der Polizeichef von Queenstown, der ihm gegenüber auf dem Stuhl der einzigen Zelle des kleinen Reviers Platz genommen hatte, während Ben selbst auf der schmalen Pritsche saß, bedachte ihn mit einem zweifelnden Blick. Es war offensichtlich, dass er ihm seine Schilderung der Ereignisse, die zu Mays tragischem Tod geführt hatte, nicht so recht abkaufte.
    Ben war es gleichgültig.
    Seit May gestorben war, schien sich sein Herz in Eis verwandelt zu haben. Er spürte nichts mehr – nicht einmal Schmerz. Und die Dinge, die sich um ihn herum abspielten, nahm er nur noch wie ein unbeteiligter Beobachter wahr.
    »Ja, Sir«, antwortete er mit teilnahmsloser Stimme. »Genau so ist es abgelaufen. Ich glaube, ich hätte ihn tatsächlich umgebracht. Wären nicht Ihre Kollegen aus Queenstown eingetroffen, die von unserer Pensionswirtin alarmiert worden waren …«
    Der Polizeichef hob eine Braue. »Sie behaupten also, das bedauernswerte Mädchen sei von Mr Wood unbeabsichtigt niedergestreckt worden, als es sich in ein Handgemenge zwischen ihm und Ihnen einmischte? Es war also eine Art Unfall?«
    »Wenn Sie so wollen«, entgegnete Ben leidenschaftslos.
    »Nun, Mr Wood schildert die Ereignisse ein wenig anders, müssen Sie wissen. Er gibt an, Sie hätten die junge Frau – Miss May Wood, eine entfernte Verwandte der Familie, die auf der Durchreise einen Besuch auf Emerald Downs machte – gegen ihren Willen verschleppt. Mr Wood sagt weiterhin aus, er habe daraufhin eine Belohnung ausgesetzt für jeden, der ihm einen stichhaltigen Hinweis auf Ihren Aufenthaltsort liefere. Er hat Ihre Beschreibung auch an den Pfarrer der Gemeinde von Queenstown geschickt, der Sie sofort erkannte, als Sie wegen eines Termins für die Trauung mit Miss May Wood bei ihm erschienen.«
    So hatte Ingram Wood sie also gefunden. Aber was spielte das schon für eine Rolle? Ben vermochte nicht einmal Wut oder Hass für den Mann zu empfinden, der May und ihn verraten hatte. Er fragte sich, ob er überhaupt jemals wieder etwas würde empfinden können.
    »Bezüglich der Rauferei vor der Pension von Mrs Amalia Baker deckt sich die Aussage von Mr Wood mit der Ihren in vielen Punkten«, fuhr der Chief mit seinen Ausführungen fort. »Allerdings gibt er an, Sie hätten dem Mädchen den tödlichen Faustschlag versetzt, als es ihm zur Hilfe eilen wollte.«
    Zum ersten Mal seit zwei Tagen begann sich etwas tief in Ben zu regen. Er schloss die Augen und sah May vor sich, ihr Strahlen heller als die Sonne, das Haar vom Wind zerzaust. »Ich hätte ihr niemals etwas antun können«, brachte er mit heiserer Stimme hervor. »Dazu habe ich sie viel zu sehr geliebt …«
    Seine letzten Worte hallten noch einen Moment in der Stille
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