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Computer der Unsterblichkeit

Computer der Unsterblichkeit

Titel: Computer der Unsterblichkeit
Autoren: Mark Clifton , Frank Riley
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völlig außerhalb ihres Begriffsvermögens. Und hätte jemand ihnen den Gedanken nahegelegt, wäre er als Verrückter angesehen worden.

2
     
     
    Das Deluxe Hotel, im Herzen des Armenviertels gelegen, versuchte seinem Namen Ehre zu machen, indem es die Schlafabteile durch brusthohe Bretterwände und von da bis zur Decke mit dem üblichen Maschendraht gegeneinander abgrenzte. Dies war sowohl ein Schritt zu höherem Komfort als auch eine Erschwerung für kleine Diebereien. Man wechselte die Bettwäsche zwischen den Schlafgästen, wie es die Gesundheitsbehörde vorschrieb, und man tat es nicht ganz so widerwillig wie in anderen Nachtasylen, aber der typische Geruch von Desinfektionsmitteln war genauso stark und durchdringend wie anderswo.
    Jonathan Billings saß auf dem Rand seiner Liegestatt, die Ellbogen auf den knochigen Knien, den Kopf in die Hände gestützt – ein müder alter Mann, den man seiner Würde und Sicherheit beraubt hatte, hilflos und verloren in dieser Umgebung.
    Er blickte zu seinem Gefährten Duane Hoskins auf, ehemals Professor für Kybernetik an der Universität Hoxworth, der jetzt in fast der gleichen Position auf seinem Bett hockte und verwundert darüber nachdachte, daß sie sich in ihrer äußeren Erscheinung durch nichts von den Herumtreibern, Trinkern und gescheiterten Existenzen unterschieden, die in diesem Viertel von San Francisco lebten.
    »Drei Tage sind eine lange Wartezeit«, murmelte Billings leise, weil er wußte, daß jedes lautere Wort jenseits der dünnen Trennwände gehört werden konnte. »Ich wünschte, Joe würde bald eine Lösung finden.«
    Hoskins löste sich von seinen trüben Gedanken. »Ich habe überlegt, Doktor Billings«, sagte er. Es war charakteristisch für die zwei Männer, daß sie selbst in dieser Umgebung die formelle Höflichkeit des Universitätslebens beibehielten. »Ich habe überlegt, daß wir ein Paar Dummköpfe sind. Wovor laufen wir weg? Warum sind wir…« Er brach ab, aber sein Blick wanderte durch das kleine Abteil, das nur ihre beiden Feldbetten und einen kleinen Waschtisch enthielt, und deutete an, daß er das Obdachlosenasyl selbst meinte.
    »Wissen Sie, Doktor, wir stehen unter Anklage«, erinnerte ihn Billings.
    »Na und?« erwiderte Hoskins heftig.
    »Ruhe da, ihr zwei!« grollte eine heisere Stimme hinter der Trennwand. »Redet entweder so laut, daß ich euch verstehen kann, oder so leise, daß ich schlafen kann.«
    Die beiden Männer wandten die Köpfe und blickten ärgerlich zur Trennwand, bevor sie einander warnend zunickten.
    »Also gut«, sagte Hoskins, und seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Wir stehen unter Anklage. Aber dieses Versteckspiel macht die Sache nur schlimmer, nicht besser. Wir haben kein Verbrechen begangen. Unsere Gewissen sind rein. Wir müssen den Dingen ins Gesicht sehen. Ich verstehe nicht, warum wir uns von einer Panik mitreißen ließen und flüchteten. Wie unvernünftige Tiere.« Er dachte nach und fügte bedeutungsvoll hinzu: »Es gibt vieles, was ich dabei nicht verstehe.« Er schaute den anderen fragend, beinahe herausfordernd an.
    Billings erwiderte den Blick über die Brillengläser hinweg. Er war versucht, Hoskins zu eröffnen, daß Joe ein Telepath war; daß Joe genau wußte, was er tat; daß manches anders aussähe, hätte er selbst rechtzeitig auf Joe gehört.
    Er ließ die Hände sinken und massierte seine Handgelenke. Er öffnete seinen Mund zum Sprechen und schloß ihn wieder. Sogar jetzt, wo er auf Hoskins’ Mitarbeit und Verständnis angewiesen war, brachte er es nicht über sich, das Geheimnis zu enthüllen.
    »Vielleicht ist doch etwas an der alten Redensart von den zerstreuten Professoren, Doktor«, sagte Hoskins mit unsicherem Lächeln. »Wir neigen in der Tat dazu, uns in unsere Arbeit zu vergraben und die Verbindung mit dem zu verlieren, was der Laie Realität nennt. Aber diese wochenlange Flucht, dieses Versteckspiel – und nun dies hier. Ich frage mich, warum?«
    »Das ist verständlich, Doktor«, antwortete Billings im Flüsterton. »Aber vergessen Sie nicht, daß es in der Welt nichts Furchtbareres gibt als eine Masse wütender und aufgeputschter Menschen.«
    Er senkte den Kopf, um den Schmerz in seinen Augen zu verbergen, seinen zerstörten Glauben an das Gute im Menschen, seine Verzweiflung über die dämmernde Erkenntnis, daß die Vernunft vielleicht doch nicht über die Unwissenheit triumphieren würde.
    »Vielleicht«, murmelte er etwas lauter, »ist der Glaube an den
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