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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22
Autoren: Joseph Heller
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Möchtest du vielleicht wissen, warum sie das getan hat?«
    Es war immer noch unmöglich, sich vorzustellen, was er getan haben konnte, um sie so wütend zu machen, daß sie ihm fünfzehn oder zwanzig Minuten lang auf dem Kopf herumhämmerte, aber nicht wütend genug, um ihn an den Füßen zu packen und mit dem Kopf gegen die Wand zu schmettern. Groß genug dazu war sie gewiß, und Orr war gewiß klein genug. Orr hatte vorstehende Zähne und Glubschaugen, die gut zu seinen dicken Backen paßten, und er war sogar noch kleiner als der junge Huple, der im Schreibstubenbereich jenseits der Eisenbahntrasse in der schlechten Gegend jenes Zelt bewohnte, in dem Hungry Joe des Nachts im Schlafe schrie.
    Der Schreibstubenbereich, in welchem Hungry Joe versehentlich sein Zelt aufgestellt hatte, befand sich in der Mitte des Staffelbereiches zwischen dem Einschnitt der Bahnlinie mit ihren verrosteten Geleisen und der gewölbten schwarzen Asphaltstraße.
    Entlang dieser Straße konnten die Männer Mädchen zu sich ins Auto nehmen, wenn sie ihnen versprachen, zu fahren wohin die Mädchen wollten. Es waren rundliche, junge, unansehnliche, grinsende Mädchen mit Zahnlücken, mit denen man von der Straße abbiegen und sich ins wildwachsende Gras legen konnte, und Yossarián tat dies, wann immer er konnte, aber längst nicht so oft wie Hungry Joe ihn darum bat, der sich zwar einen Jeep beschaffen, aber nicht fahren konnte. Die Zelte der zur Staffel gehörenden Mannschaften standen auf der anderen Seite der Straße entlang dem Freiluftkino, in dem zur täglichen Ergötzung der Sterbenden nichtsahnende Armeen bei Nacht auf einer aufrollbaren Leinwand aufeinander stießen, und in dem am gleichen-Nachmittag eine Fronttheatertruppe auftreten sollte.
    Die Theatertruppen wurden von General Peckem ausgesendet, der sein Hauptquartier nach Rom verlegt und nichts besseres zu tun hatte, während er Intrigen gegen General Dreedle spann. General Peckem war ein General, der sehr auf properes Auftreten hielt. Er war ein beweglicher, weltgewandter, auf Genauigkeit bedachter General, der den Umfang des Äquators kannte und immer >erhöht< schrieb, wenn er >verstärkt< meinte. Er war ein Widerling, was keiner besser wußte als General Dreedle, der vor Wut über General Peckems jüngste Verlautbarung kochte. General Peckem verlangte in seiner jüngsten Verlautbarung, daß sämtliche Zelte auf dem mediterranen Kriegsschauplatz entlang parallel verlaufender Linien aufgestellt werden sollten und zwar dergestalt, daß die Zelteingänge nach Westen, in Richtung auf das Denkmal von George Washington zeigten. General Dreedle, der eine Kampftruppe führte, sah darin den reinsten Schwachsinn. Im übrigen ging es General Peckem einen Dreck an, wie General Dreedle die Zelte seiner vier Geschwader aufstellen ließ. Es folgte ein hitziger Streit über Kompetenzen zwischen diesen beiden Kriegsherren, der zu General Dreedles Gunsten entschieden wurde und zwar vom Exgefreiten Wintergreen, der Postordonnanz im Hauptquartier der 27. Luftflotte. Wintergreen führte die Entscheidung herbei, indem er alle von General Peckem verfaßten Schriftstücke in den Papierkorb beförderte. General Peckems Prosa war ihm zu weitschweifig. General Dreedles Ansichten, die in einem weniger anspruchsvollen literarischen Stil zu Papier gebracht wurden, erfreuten den Exgefreiten Wintergreen und wurden von ihm diensteifrig und hurtig weiterbefördert. General Dreedle siegte in Ermangelung eines Gegners.
    Um seinen Prestigeverlust wieder einzubringen, begann General Peckem, mehr Theatertruppen auszusenden als je zuvor, und er beauftragte Colonel Cargill damit, für die erforderliche Begeisterung zu sorgen.
    In Yossariáns Geschwader mangelte es jedoch an Begeisterung.
    Das einzige, woran es in Yossariáns Geschwader nicht mangelte, war eine steigende Zahl von Mannschaften und Offizieren, die sich mehrmals am Tage in feierlicher Prozession zu Sergeant Towser aufmachten, um zu fragen, ob ihre Marschbefehle eingetroffen seien. Es waren dies Leute, die fünfzig Feindflüge hinter sich hatten. Es waren jetzt mehr als bei Yossariáns Abgang ins Lazarett, und sie warteten immer noch. Sie kauten sorgenvoll an ihren Fingernägeln. Sie wirkten grotesk, wie überzählige junge Männer während einer Wirtschaftskrise. Sie drückten sich seitwärts durch die Gegend wie Krebse. Sie warteten darauf, daß der Marschbefehl in die Heimat vom Hauptquartier der 27. Luftflotte aus Italien eintreffe, und während sie
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