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Alle Weihnachtserzählungen

Alle Weihnachtserzählungen

Titel: Alle Weihnachtserzählungen
Autoren: Aufbau
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junger Menschen gebraucht hätte.“
    Ihre ruhige Stimme war ruhiger als je zuvor, als sie den Arm ihres Mannes ergriff und ihren Kopf dagegenlehnte.
    „Kinder lieben mich so, daß ich mir manchmal fast einbilde – es ist eine dumme Einbildung, William –, sie haben in irgendeiner Weise, die ich nicht kenne, ein Gefühl für mein kleines Kind und mich und verstehen, warum ihre Liebe für mich so wertvoll ist. Wenn ich seither still gewesen bin, William, war ich doch auf hundertfache Weise glücklich. Nicht zuletzt deshalb glücklich, Schatz, weil mir – selbst als mein kleines Kind tot geboren wurde und ich ein paar Tage schwach und unglücklich war und mich etwas grämen mußte – doch der Gedanke kam, daß ich, wenn ich ein gutes Leben zu führen versuchte, im Himmel einem strahlenden Geschöpf begegnen würde, das mich Mutter nennt!“
    Redlaw fiel mit einem lauten Aufschrei auf die Knie.
    „O du“, sagte er, „der du durch die Lehre reiner Liebe gnädig mein Gedächtnis wiederhergestellt hast, was die Erinnerung an Christus am Kreuz und all die Rechtschaffenen war, die für ihn starben, nimm meinen Dank und segne sie!“
    Dann drückte er sie an sein Herz, und Milly, die heftiger als je zuvor schluchzte, rief lachend: „Er hat zu sich selbst gefunden. Auch er hat mich wirklich sehr gern! O du lieber Himmel, hier ist noch einer!“
    Dann trat der Student ein, der ein hübsches Mädchen an der Hand hielt, das sich scheute, näher zu kommen. Und Redlaw – dessen Haltung ihm gegenüber sich gewandelt hatte, da er in ihm und seiner jugendlichen Wahl den schwächeren Schatten jenes demütigenden Abschnitts in seinem Leben sah, zu dem die Taube, die so lange in ihrem einsamen Zufluchtsort eingesperrt war, wie zu einem schattenspendenden Baum fliegen könnte, um sich auszuruhen und Gesellschaft zu suchen – fiel ihm um den Hals und bat sie inständig, seine Kinder zu sein.
    Da Weihnachten eine Zeit ist, in der von allen Zeiten des Jahres die Erinnerung an jedes heilbare Leid, Unrecht und Sorgen auf der Welt in uns lebendig sein sollte, nicht weniger als unsere eigenen Erfahrungen, legte er seine Hand auf den Jungen und gab, wobei er Ihn schweigend als Zeugen anrief, der in alten Zeiten Kindern die Hand auflegte und jene in der Erhabenheit seines prophetischen Wissens zurechtwies, die sie von ihm fernhielten, das Versprechen, ihn zu beschützen, zu belehren und auf die richtige Bahn zurückzubringen.
    Dann reichte er Philip fröhlich seine rechte Hand und sägte, daß sie an diesem Tage dort ein Weihnachtsessen einnehmen wollten, wo früher, ehe die zehn armen Herren ihn eintauschten, ihr Speisesaal war; und daß sie dazu so viele von der Familie Swidger einladen wollten – die, wie ihm sein Sohn erzählt hatte, aus so vielen Mitgliedern bestand, daß sie sich die Hände reichen und einen Kreis um England ziehen könnten –, wie sie so kurzfristig zusammenbekämen.
    Und das wurde an diesem Tage getan. Es waren so viele Swidgers, Erwachsene und Kinder, anwesend, daß ein Versuch, sie in einer runden Zahl anzugeben, bei den Mißtrauischen Zweifel an der Wahrheit dieser Geschichte erwecken würde. Deshalb soll der Versuch nicht gemacht werden. Doch da waren sie zu Dutzenden, und auf sie warteten gute Nachrichten und berechtigte Hoffnungen in bezug auf George, den sein Vater, sein Bruder und Milly wieder besucht und in ruhigem Schlaf zurückgelassen hatten. Ebenfalls beim Essen anwesend waren die Tetterbys, einschließlich des jungen Adolphus, der mit seinem leuchtenden Wolltuch noch zur rechten Zeit zum Rindfleisch erschien. Johnny und das Baby kamen natürlich zu spät und ganz zur Seite geneigt, der eine erschöpft, das andere in einem Zustand, als sollte es einen Doppelzahn bekommen; aber das war nicht neu und nicht besorgniserregend.
    Es war traurig, das Kind anzusehen, das keinen Namen und keine Familie hatte, wie es die anderen Kinder beobachtete, als sie spielten, und nicht wußte, wie es sich mit ihnen unterhalten oder tummeln sollte, und den Gewohnheiten in der Kindheit fremder gegenüberstand als ein wilder Hund. Es war traurig anzusehen, wenn auch in anderer Hinsicht, wie die kleinsten Kinder dort instinktiv wußten, daß er sich von den übrigen unterschied, und sich ihm schüchtern mit sanften Worten und Berührungen sowie kleinen Geschenken näherten, damit er nicht unglücklich sein sollte. Aber er hielt sich an Milly und fing an, sie zu lieben – das war noch einer, wie sie sagte! –, und da
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