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Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Titel: Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)
Autoren: Roberto Zapperi
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der sich nicht scheute, den gleichen Namen anzunehmen, nämlich Alexander VII. (Fabio Chigi, 1655–1666), das Fresko ablösen ließ, um dem Skandal, den diese Geschichte immer noch erregte, endlich ein Ende zu setzen. Rabelais erwähnt auch die Heirat der schönen Giulia Farnese mit Orsino Orsini, dem Herrn von Bassanello (heute Vasanello) und Verwandten des berühmten Condottiere Renzo da Ceri (mit wahrem Namen Lorenzo Dell’Anguillara), der Orsini von der Liebschaft der Gemahlin mit dem Papst in Kenntnis gesetzt habe. Renzo, so Rabelais, habe dagegen protestiert: Die skandalöse Liebschaft sei nicht nur eine Schande für die Familie Orsini, sondern beflecke wegen der engen Verwandtschaft auch die Ehre der Anguillara. Renzo da Ceri habe Orsini damit gedroht, persönlich die Bestrafung Giulias zu vollziehen, falls ihr Ehemann nicht eingreife. Da Orsini aber nichts unternahm, habe Renzo da Ceri Giulia getötet, um die Schande abzuwaschen. Ihr Bruder Alessandro habe sich darüber bei Papst Alexander VI. beklagt, der ihn, um ihn zum Schweigen zu bringen, zum Kardinal erhoben habe. Hier aber bringt die von Rabelais erzählte Geschichte einiges durcheinander.

    Abb. 3: Tizian, Paul III. und seine Enkel, Neapel, Museo die Capodimonte
    Wie sich die Dinge wirklich zugetragen haben, lässt sich den zeitgenössischen Quellen entnehmen. Diesen zufolge wurde Giulia weder von Renzo da Ceri getötet, noch fiel sie überhaupt einem Mord zum Opfer. Ermordet wurde dagegen ihre ältere Schwester Girolama Farnese. Diese hatte 1494 ihren Ehemann, den angesehenen Florentiner Juristen Puccio Pucci, verloren und heiratete 1495 durch die Vermittlung ihres Bruders Alessandro, der 1493 Kardinal geworden war, Giuliano Dell’Anguillara. Seit ihrer Heirat wohnte sie im nördlich von Rom gelegenen Kastell Stabia (heute Faleria), einem Lehnsgut ihres Gemahls. Die Ehe mit diesem kleinen Feudalherrn des nördlichen Latiums hatte ohne Zwischenfälle fast zehn Jahre gedauert, und eine Tochter, Sabella, hatte das Licht der Welt erblickt. Dann kam es plötzlich zur Tragödie.
    Die Ereignisse werden von einem gut unterrichteten Chronisten überliefert, dem päpstlichen Zeremonienmeister Johannes Burckard, der vieles sah und einiges auch in seinen «Tagebüchern» aufzeichnete. Nach seinem detaillierten Bericht erschien am 1. November 1504 der Sohn aus erster Ehe von Girolamas Gemahl, Giovanni Battista Dell’ Anguillara, mit einigen Bewaffneten vor den Toren von Stabia und rief den Burgherrn mit dem Vorwand heraus, dass Renzo da Ceri mit ihm zu sprechen wünsche. Kaum hatte Giuliano dell’Anguillara die Burg verlassen, drangen die Bewaffneten in sie ein. Sie fanden Girolama beim Essen, fielen über sie her und machten sie mit Dolchstößen nieder. Während sie die Burg verließen, kamen ihnen Zweifel, ob Girolama wirklich tot war, woraufhin einer von ihnen zurückkehrte und ihr zur Sicherheit die Kehle durchschnitt. Girolamas Tod wurde sofort ihrer Schwester Giulia gemeldet, die im nahen Bassanello residierte. Sie ließ den Leichnam dorthin überführen und begraben. Giovanni Battista Dell’Anguillara und seine Truppe nahmen nach dem Mord noch zwei Männer gefangen, die in Girolamas Dienst gestanden hatten, einen gewissen Nanne und den Geistlichen Guglielmo Andrea, den Burckard selbst, wie er angibt, kurz zuvor zum Priester geweiht hatte. Die beiden wurden ins Kastell Magliano gebracht, das Renzo da Ceri, dem Haupt der Sippe, gehörte und wo dieser offenbar auch die feudale Gerichtsbarkeit ausübte. Hier wurden die beiden im Beisein eines Notars verhört. Nanne sagte aus, dass er in Rom das Gift besorgt habe, mit dem Girolama ihren Gemahl, den Stiefsohn, die Diener und Geistlichen sowie mehrere Einwohner von Stabia habe töten wollen, um sich des Kastells zu bemächtigen. Er fügte noch hinzu, dass Girolama seit Jahren eine Liebschaft mit dem Priester Guglielmo Andrea unterhalten habe. Dieser gestand zwar den Ehebruch, versicherte aber, vom Gift nichts gewusst zu haben. Am folgenden Abend wurde Nanne wieder frei gelassen, um nach Stabia zurückzukehren, aber schon im Borgo des Kastells von einigen Bewohnern überfallen und getötet. Die Mörder verscharrten seinen Leichnam so oberflächlich, dass ihn die Wölfe fraßen.
    Die Nachricht des Gemetzels, das durch seine Brutalität bestürzt, gelangte schon wenige Tage später nach Rom, wo nach Burckards Bericht am 11. November in der Sixtinischen Kapelle von Kardinal Francesco Soderini im Beisein
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