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01 - Botschaft aus Stein

01 - Botschaft aus Stein

Titel: 01 - Botschaft aus Stein
Autoren: Hubert Haensel
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einen ruhigen Flug vor uns.«
    Für einen Moment schaute sie ihn an. Furcht lag in ihrem Blick.
    »Sie sind nie mit einem Kleinflugzeug geflogen?«
    Die Frau schüttelte den Kopf und presste die Lippen fest zusammen.
    »Alles halb so wild. Versuchen Sie die Etappe zu genießen, Helen. Das ist anders als in den großen Jets.«
    Tom schaute nach vorn. Der Hagere war wach, seine Rechte verkrampfte sich um die Sitzkante. Zweifellos war er ebenso wie sein Begleiter Insulaner. Der Versuch, ihn einzuschätzen, ließ Ericsons Überlegungen wenig Spielraum.
    Die Beechcraft drehte aufs Meer hinaus, das sich bald in tiefem Blau nach allen Seiten erstreckte. Der Motorenlärm wurde ein wenig erträglicher, trotzdem fiel es schwer, sich zu unterhalten.
    Wilson nahm die Kopfhörer ab und drückte mit den Fingerspitzen auf seine Ohren. Nach einer Weile wandte er sich zu Tom um und nickte zufrieden.
     
    Nuku Hiva fiel zurück, ein dunkelgrüner Edelstein im gleißenden Sonnenlicht. Ericson warf einen Blick auf die Uhr. Zehn Minuten seit dem Start, die Beechcraft befand sich weiterhin im Steigflug. Die Höhe schätzte Tom auf mehr als 13.000 Fuß.
    Zwei Sitze vor ihm wurde der Hagere unruhig und zerrte an seinem Gurt. Erst als sein Begleiter auf ihn einredete, ließ seine Anspannung wieder nach.
    Eine Dissonanz mischte sich in das gleichmäßige Dröhnen ‒ und verschwand ebenso schnell. Ericson schürzte die Lippen. Das Geräusch gefiel ihm nicht.
    Drei Minuten später kam es wieder. Diesmal hielt es länger an und wurde deutlicher. Einer der Motoren lief nicht mehr rund. Er stotterte, schnurrte wieder, und dann kam das dröhnende Krachen, das Ericson beinahe schon befürchtet hatte.
    Robert Wilson starrte ihn an. »Was war das?«, konnte Tom von den Lippen des Mannes ablesen.
    Mit einem knappen Kopfnicken deutete er schräg nach rechts. Einer der Propeller war plötzlich deutlicher zu erkennen. Er schien sogar rückwärts zu laufen, aber das war nur eine optische Täuschung.
    Ein Rauchfaden wirbelte auf, huschte wie Nebel an den Fenstern vorbei. Augenblicke später drehte sich der Propeller nur mehr zögernd, als würde er lediglich vom Fahrtwind bewegt.
    Die Beechcraft schwankte. Der Pilot hatte merklich Mühe, die Maschine mit nur einem Motor in der Horizontalen zu halten. Möglicherweise kämpfte er auch gegen Höhenwinde an.
    »Der Motor brennt!«, keuchte Helen Wilson. Tatsächlich war der Qualm fetter geworden, beinahe schwarz.
    Vom vorderen linken Sitz erklang ein gurgelnder Schrei. Der Hagere trampelte mit den Füßen und zerrte an der Gurtverankerung, als wollte er sie aus der Wand reißen. Dass sein Begleiter ihn zu beruhigen versuchte, schien er nicht einmal wahrzunehmen. Und dann, urplötzlich, löste sich der Gurt. Schwankend kam der Mann auf die Beine, gleichzeitig erhob sich auch sein Begleiter und versuchte ihn wieder auf den Platz zurückzudrängen.
    Ob der Hagere sich bewusst auf den Sitz zurückfallen ließ oder ob der neuerliche Linksruck der Maschine ihn von den Füßen riss, konnte Ericson nicht erkennen. Er sah nur, dass der Mann mit aller Kraft zutrat und seine Stiefel den anderen Insulaner im Gesicht und am Brustkorb trafen.
    Gurgelnd riss der Angegriffene die Arme hoch, suchte vergeblich nach Halt. Rückwärts prallte er gegen die Kante seines Sitzes, schrammte daran entlang und stürzte auf Wilson. Während die Frau und ihre Tochter gellend schrien, rutschte der Insulaner in den schmalen Mittelgang. Seine aufgeplatzten Lippen bluteten stark.
    Tom hatte sein Gurtschloss geöffnet, kam aber nicht schnell genug hoch. Die Beechcraft schmierte über die linke Tragfläche ab und er musste sich festklammern.
    Sekunden später kam die Gegenbewegung. Tom kämpfte sich auf die Beine ‒ als der Hagere bereits beim Durchstieg zum Cockpit war. Mit einem Brüllen, in dem sich Angst und Wut mischten, griff er nach vorn und krallte eine Hand ins Haar des Piloten.
    Der schrie auf, während sich die Maschine weiter nach rechts neigte. Tom Ericson hatte Mühe, sich nach vorn zu hangeln. Er stolperte über den am Boden liegenden Insulaner hinweg und stieß schwer gegen die Rückenlehne vor Wilson. Für Sekunden rang er nach Atem, doch er durfte nicht innehalten.
    Wie besessen schlug der Hagere jetzt auf den Piloten ein. Der hatte das Steuer losgelassen und riss wie ein Ertrinkender beide Arme hoch, doch sein Versuch, nach dem Angreifer zu fassen, misslang. Ein brutaler Schlag ließ ihn nach vorn sinken, und in diese
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