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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett
Autoren: Monica Dickens
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hätte sie keine Zeit.«
    »Das hört sich ganz nach der alten Vi an«, sagte Oliver. »Sie schuftet wie ein Neger. Sie ist eine gute Seele; sie wird Ihnen gefallen.« Er musterte Elisabeth, neugierig, ob sie durch eine Bewegung ihre Meinung verraten würde. »Sie scheint sehr nett zu sein. Nun, wenn Sie wirklich keine Wünsche haben...« Sie ging zur Tür. Er mochte das Häubchen gern, das so etwas keck auf ihrem Hinterkopf saß.
    »Danke, wirklich nicht. Sagen Sie — Schwester!« Sie drehte sich sofort herum und strahlte förmlich die Bereitschaft aus, ihm ein Glas Wasser oder irgend etwas anderes zu bringen oder seine Kopfkissen aufzuschütteln.
    »Sehen Sie mal, ich glaube, ich werde nicht >Schwester< zu Ihnen sagen, wenn Sie nichts dagegen haben. Es hört sich so albern an, wo Sie doch mehr oder weniger zur Familie gehören werden. Ich denke, ich werde besser >Elisabeth< zu Ihnen sagen, meinen Sie nicht?«
    »Ja, ganz wie Sie wünschen, Major North.«
    »Sandy — das war die letzte Pflegerin, die ich hatte — nannte mich immer Oliver, wenn sie nicht gerade Jungchen zu mir sagte, was sie sich auch manchmal leistete.«
    Elisabeth wartete, ob er ihr noch mehr zu sagen hätte, und ging dann hinaus, wobei sie die Tür vorsichtig und geräuschlos hinter sich schloß.
     
     
     
    Seit Oliver aus dem Lazarett gekommen war, war es Familiensitte geworden, sich vor dem Abendessen zu einem kleinen »drink« bei ihm zu versammeln. Ehe Mrs. Cowlin um sechs Uhr in irgendeinem modernen Gewand, in dem sie unmöglich aussah, zu ihrer Bauernhütte ins Tal trottete, stieß sie mit dem Knie die Tür von Olivers Zimmer auf und brachte ein Tablett mit Gläsern, Eiswürfeln, Gin, Whisky, Bier oder was nun Mrs. North gerade beim Kaufmann in Shrewsbury erwischt hatte, der Oliver seit Jahren kannte und sehr betrübt über sein Schicksal war. Dann erschienen meist Olivers jüngere Schwester Heather mit David, ihrem kleinen Jungen, in Pyjama und Bademantel, und einem Kindertisch, auf dem die heiße Milch und Butterbrot für David standen sowie ein Becher mit kalter Milch und fertigen Broten, Keksen oder irgend etwas Eßbarem für Evelyn, falls es gelang, sie von der Farm hereinzuholen. Evelyn war die Tochter des verwitweten Bruders von Mrs. North und lebte für die Zeit des Krieges auf Hinkeley.
    Heather goß dann Oliver einen »drink« ein und trank meist selber einen Schluck, während David sein Abendbrot aß. Aber sie blieb nie sehr lange, es sei denn, daß man sich über etwas Amüsantes unterhielt. Nach den fünf Kriegsjahren zu Hause fand sie eine Unterhaltung mit der Familie nicht mehr so anregend, und Oliver war nun auch wieder so lange da, daß der Reiz dieser Neuheit schon verblaßt war. Dann kam meist Mrs. North auf ein kleines Schlückchen, verschwand wieder, um nach dem Abendessen zu sehen, kam wieder auf ein Schlückchen, verschwand wieder, kam wieder, wie ein Vogel, der immerzu von seinem Wassernapf fortflattert, oder besser, wie ein Nilpferd, das unentwegt an seinem Wasserloch gestört wird.
    Violet richtete es meist so ein, daß sie auch kommen konnte, falls sie nicht zu lange auf dem Feld arbeiten mußte. Manchmal kam Fred mit, um Oliver einen Besuch zu machen. Mrs. North mochte ihn nicht gern und tat so, als wenn das Zimmer nach Stall rieche, sobald er wieder weg war. Sandy war immer dabei, ihre kleinen Finger um ein Glas Sherry gekrallt, und machte fröhlich Konversation mit jedem, der ihr zuhören wollte. In dem faltenreichen, schillernden Seidenkleid, in das sie sich zum Abendbrot warf, sah sie noch unmöglicher aus als in ihrer Tracht.
    Oliver hatte es gern, wenn er vor sechs Uhr gewaschen und sein Bett in Ordnung gebracht wurde, um vor seiner Familie repräsentabel zu erscheinen. Außerdem konnte er das Abendbrot besser genießen, wenn er von der Feuchtigkeit, den Falten und den Schmerzen befreit war, die sich im Laufe des Tages angehäuft hatten. Elisabeth arbeitete schweigsam, antwortete zwar höflich auf seine Bemerkungen, gab aber freiwillig nichts von sich. Es freute ihn, wie fest und sicher sie zupackte. Sie stieß niemals versehentlich an eine empfindliche Stelle, und obgleich er sehr, sehr schwer für sie sein mußte, brachte sie es beim Hochheben mit einem bestimmten Kunstgriff fertig, ihn in eine bequeme Lage zu bringen. Sie war zart gebaut, aber ihre Arme, wohlgerundet und kräftig, strömten einen Hauch von Jugend und Gesundheit aus. Sie waren sehr hübsch, wie sie so aus den kurzen Ärmeln der
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