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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett
Autoren: Monica Dickens
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pflichtete ihr stets bei, und zehn Minuten später war sie wieder da, mit ein paar Lockenwicklern mehr und einer bedeutungsvollen Idee.
    »Lies nicht so lange«, sagte sie stets, wenn sie hinausging, und er antwortete regelmäßig: »Bin gleich am Ende des Kapitels«, und las dann vielleicht noch eine Stunde. Wenn sie die Vorhänge ihres Schlafzimmers zurückzog, sah sie manchmal noch den Widerschein seines Lichtes auf dem Rasen und kam dann nochmals hinunter, um nachzusehen, ob er etwa bei brennendem Licht eingeschlafen wäre.
    Er hoffte, daß sie nun bald kämen. Er lag sehr unbequem. In seinem Bett waren Krümel, sein Verband mußte gewechselt werden, und die Kopfkissen hatten sich unter seinem Nacken zu einem harten Klumpen zusammengeballt. Heather hatte ihn nach dem Frühstück mit einem zu trockenen Schwamm abgewaschen, so daß noch Seife an seiner Haut haftengeblieben war, und Violet hatte ihm etwas später sein Rasierzeug auf den Bett-Tisch gestellt und dabei Wasser übergeschwappt, das nun durch die Decke und den Bezug hindurch auf seinen Pyjama sickerte. Außerdem hätte er gern gewußt, was es zum Lunch gäbe, ehe er seine Schokolade anbrach, die ihm Bob aus Amerika geschickt hatte.
    Als sich seine Mutter zurückwandte, winkte und lächelte sie in seine Richtung, obwohl sie ihn trotz des offenen Fensters hinter den Mullgardinen nicht sehen konnte. Arbeitete sie im Garten oder lag sie im Liegestuhl unter der Zeder, so guckte sie stets von Zeit zu Zeit auf und winkte ihm zu, zum Zeichen, daß er nicht vergessen war.
    Sie sagte etwas zu Elisabeth, die daraufhin auch in seine Richtung blickte. Er war zu weit entfernt, um ihre Züge erkennen zu können, aber der allgemeine Eindruck war nicht unerfreulich. Gut.
    Als sie in sein Zimmer trat, sah er porzellanblaue Augen in einem sanften, gesitteten Gesicht, weder hübsch noch häßlich, aber seltsam unbelebt. Und doch war es kein verschlafenes Gesicht: Es war klug und gesund, jedoch zu beherrscht für seine Jugend. »Das ist deine neue Pflegerin, Liebling«, sagte Mrs. North, »Elisabeth Gray. Und das ist mein Sohn — Oliver. Sie werden sich an unserer Stelle um ihn kümmern, nicht wahr?« Elisabeth trat einige Schritte vor, wobei sie die Hand, die Mrs. North bereit hielt, um sie ans Bett zu führen, entweder versehentlich oder mit Absicht übersah.
    »Guten Tag!« sagte sie höflich, mit einem sachverständigen Blick auf das unordentlich gemachte Bett, auf die verknüllten Kopfkissen und das Pflaster auf Olivers Brust, das aus seinem am Halse offenstehenden Pyjama hervorsah. Liegt man im Bett, dachte Oliver stets, so gibt einem das eine gewisse Überlegenheit über die anderen. Durch eine kleine Wendung des Kopfes konnte man alle ihre Bewegungen im Zimmer verfolgen, und sie waren immer deines Blickes bewußt. Ein fast königliches Gefühl. Behaglich wartest du, bis sie zu dir kommen, sie, die sich sehr unbehaglich fühlen, denn du liegst im Bett, und da ist der kleine Wulst unter der Bettdecke, von dem sie nicht recht wissen, ob sie ihn sehen sollen oder nicht. Selbst Menschen, die er sehr gut kannte, wurden verlegen, wenn sie ihn zum erstenmal besuchten. Dies Mädel schien außerordentlich selbstbeherrscht, aber natürlich war sie an Menschen im Bett und Wülste unter der Bettdecke gewöhnt. Sie lächelten sich gemessen an, schätzten sich ab und überlegten, ob sie wohl an der ständigen, gegenseitigen Anwesenheit Gefallen finden würden.
    »Sie werden bald merken, daß alles nur Angabe ist«, sagte Oliver. »Kein Grund zur Aufregung. Ich fürchte, ich bin kein interessanter Fall, aber der kärgliche Rest wird Ihnen nicht viel Kummer machen.«
    »Aber Oliver«, sagte Mrs. North hastig. Sie fürchtete erschrocken, das Mädel könnte sich falsche Vorstellungen machen. »Red doch nicht so. Es hat doch keinen Zweck, daß du dir vormachst, du könntest alles allein tun, wo du doch genau weißt, daß du es nicht kannst. Miß Gray wird dich schon nicht für bequem und egoistisch halten. Sie ist Pflegerin und wird schon wissen, was ein Mann mit einem schwachen Herzen tun darf und was nicht. Wir haben uns schon eingehend über dich unterhalten, und ich habe deinen Zustand genau geschildert. Darum brauchst du jetzt gar nicht erst zu versuchen, sie in Verwirrung zu bringen.« Sie wandte sich an Elisabeth, »Nicht wahr, ich habe Ihnen alles erzählt? Ein Granatsplitter hat genau den äußeren Herzmuskel gestreift. Sie sagen, daß es ganz gut verheilen wird. Das letzte
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