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Zwölf tödliche Gaben 4: Vier singende Vögel

Zwölf tödliche Gaben 4: Vier singende Vögel

Titel: Zwölf tödliche Gaben 4: Vier singende Vögel
Autoren: Stuart MacBride
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 …«, kommt es vom anderen Ende der Leitung.
    »Mein Gott, du bist ja so groß!« Es hat etwas ausgesprochen Befreiendes, am Telefon mit wildfremden Leuten gespielten Sex zu haben. Sachen zu sagen, die sie in ihren kühnsten Träumen nicht zu John sagen würde. »O ja, das gefällt mir – ich liebe es, wenn du mir in den Hintern beißt!«
    » Uaahhh, aaahhh, ooooaaahhh! «
    »Komm auf meine Titten!«
    » Ooooaaaaaaaahhhhhhhhh! « Keuch, keuch, keuch. »O Gott …« Seufz.
    Tracys Blick geht zur Zeitanzeige – drei Minuten fünfzehn Sekunden. Der Schnellste bisher. Fast hätte sie ihm gesagt, er solle sich keine Gedanken machen, das passiere jedem Mann irgendwann einmal, aber das ist wahrscheinlich nicht das, was der Keucher am anderen Ende hören wollte. Und so sagt sie stattdessen: »Oh, du warst ja soooooo gut! Ich reibe meine großen, festen Brüste mit deiner Soße ein.« Ein paar postkoitale Sauereien dehnen das Ganze auf sechseinhalb Minuten aus.
    »Wissen Sie, meine Liebe«, sagt Agnes, lehnt sich an die Trennwand und späht über den Rand ihrer Halbmondbrille, »Sie müssen sie ein bisschen bremsen . Wenn sie einmal … Sie wissen schon …« Sie ersetzt das Wort durch eine pumpende Geste, was ironisch ist, da sie den größten Teil des Abends damit verbringt, wildfremde Männer aufzufordern, sie »härter zu ficken«. »Sie wissen schon. Wenn sie einmal ›fertig‹ sind, legen sie gleich auf, und Sie verdienen nichts mehr an ihnen. Wenn Sie sie länger hinhalten, können Sie viel mehr rausholen. Gehen Sie nicht gleich ans Eingemachte – lassen Sie sie zappeln. So springt viel mehr dabei raus.« Sie blickt nach links und nach rechts, als ob sie im Begriff sei, ein Betriebsgeheimnis zu verraten. »Ich mache immer so einen langen, ausgedehnten Striptease. Das lieben sie.«
    »Striptease, ja?«, sagt Daphne McCafferty, deren Kopf aus der Kabine gegenüber auftaucht. »Ich fummel ja am liebsten an mir rum, von oben bis unten. Das macht sie so richtig an, und bei meiner Figur dauert das ewig.« Sie wirft den Kopf in den Nacken und lacht, dass ihr Doppelkinn nur so wackelt. Daphne McCafferty, besser bekannt als Naughty Nikki, wird nächsten April dreiundsechzig.
    Die Einzige, die keinen guten Rat parat hat, ist »Busty Becky«, eine Oma aus Dundee mit einem künstlichen Hüftgelenk, weißen Haaren und einem großen beharrten Muttermal am Kinn. Sie sitzt nur da und klappert mit ihren Stricknadeln, während sie ins Mikro stöhnt – im Moment arbeitet sie an einem großen Wollpullover mit einem Rentier vorne drauf, während der Typ in ihrem Kopfhörer sich zum überhöhten Tarif einen runterholt. »Oh, du bist ja so groß!«, sagt sie. Eine links, eine rechts, eine fallenlassen. »Du weißt, dass du es willst. Bettel drum! Bettel mich auf Händen und Knien an!«
    Mr Aziz kommt herbei, um zu sehen, warum sie alle herumstehen, anstatt zu telefonieren. »Was ist los?«, fragt er, die Hände so tief in den Taschen seiner Strickjacke versenkt, dass er den Stoff ganz verzieht. »Warum höre ich kein leidenschaftliches Stöhnen?«
    Agnes haut ihm auf den Rücken, dass er fast das Gleichgewicht verliert. »Wir weihen gerade die junge Tracy in die Geheimnisse der Branche ein, nicht wahr, Daphne?«
    » Aye «, sagt »Naughty Nikki« grinsend, »wir machen aus ihr noch ein erstklassiges Telefonsex-Mädel. Wie in dem Film mit Rex Harrison und diesem alten Knacker.« Sie runzelt die Stirn. »Ach, wie hieß der noch mal … Ihr wisst schon, wo dieses Lied drin vorkommt: › I’m gettin’ married in the mornin’ … ‹« Sie stimmt den Song an, Agnes fällt ein, und die Stimmung ist ganz ausgelassen, bis »Busty Becky« aufsteht und ihr Mikrofon mit einer Hand bedeckt. »Könnt ihr vielleicht mal leise sein? Ich bin gerade dabei, es einem Anwalt aus Castleview namens Steve anal zu besorgen, und mein riesiger Strap-on macht ihn ein bisschen nervös.«
    Die Gesangseinlage endet mit fröhlichem Grinsen und bedauerndem Seufzen, dann gehen alle wieder an ihre Telefone. Bis auf Agnes und Tracy.
    Mr Aziz sieht Tracy stirnrunzelnd an. »Wieso sind Sie jetzt an dem Sexy-Sadie-Anschluss? Ich meine, nichts für ungut, aber ich glaube, für das Telefonsex-Geschäft sind Sie noch ein bisschen zu jung.«
    »Ich brauche das Geld für die Beerdigung meiner …«
    »Hören Sie, Tracy.« Mr Aziz legt ihr eine Hand auf die Schulter. »Ich mag Sie, und ich verstehe, dass Sie Probleme haben, aber meine Kunden erwarten eine gewisse
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