Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Titel: Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
Autoren: Juli Rautenberg
Vom Netzwerk:
habe mich genaugenommen sogar jeder Kontaktaufnahme verweigert. Aber ich habe beobachtet. In unserem Club haben sich Pärchen gefunden, einige nur für diesen Urlaub, einige waren nach wenigen Stunden schon wieder getrennt, aber bei einem Pärchen schoss mir fast die Milch ein: Hermann und Siglinde, beide Mitte vierzig, beide weniger schön, beide unglaublich nett und offen, beide mit einer Vorliebe für Leberwurst. So haben sie sich wohl auch am Buffet kennengelernt. Am dritten Tag. Und seit diesem Tag schmierte Hermann Siglinde morgens ein Leberwurstbrötchen und sie lächelte ihn dabei an. Und jeden, wirklich ausnahmslos jeden Morgen fragte er: »Zusammengeklappt?«, und sie lächelte und sagte jeden Morgen: »Ja, danke, zusammen klappt besser.« Blöder Witz, aber bei den beiden irgendwie süß.
    Als ich die Leberwurstzeremonie das erste Mal gesehen habe, dachte ich an Konrad. Ja, an Konrad. Und ich stellte mir vor, wie wir uns in circa dreißig Jahren gegenseitig Leberwurstbrote schmieren und die immer gleichen, wahrscheinlich schlechten Witze machen. Und das fand ich schön. Ich dachte an Konrad. Das ist die einzige Erkenntnis meines Single-Urlaubs. Ich dachte an Konrad.

Es ist Nacht. Es regnet. Die Scheibenwischer schlagen monoton von links nach rechts. Mein Beifahrer sieht zu mir rüber, lächelt mich an. »Ist dir immer noch kalt?«, fragt er. Ich schüttle den Kopf. Nein, mir ist warm. Überall, auch im Herzen.
    Wir sind kurz vor Kassel. Es ist vier Uhr früh. Wir haben noch ein paar Stunden vor uns, wir sind mitten in der Nacht auf einer deutschen Autobahn, es regnet, es ist September, und die Welt steht still.
    Gestern Nachmittag, vor vielen, vielen Stunden, bin ich in Hamburg am Bahnhof angekommen. Ich stehe wieder vor der klappernden Anzeigentafel, dieses Mal habe ich nicht den Wunsch, in einen anderen Zug als in den nach Hause einzusteigen. Britta, die beste Bahnangestellte von allen, ist heute nicht im Service Point, ich gerate an einen schnauzbärtigen Mittvierziger mit schlecht sitzendem Toupet und schlecht sitzender Stimmung. Seine Laune sinkt weiter, als ich versuche, mit meiner EC-Karte zu bezahlen. Geht nicht. Verdammt. »Monatsende, Froilein«, brummt er in seinen hässlichen Schnauzer, »wohl das Konto überzogen. Das hamm wa gern.«
    Ich seufze. Ach Mann. Der Blick auf die Uhr verrät, dass mein Zug in fünf Minuten fährt, den werde ich wohl nicht mehr kriegen. Gut, ich hab’s nicht eilig, ich werde einen Zug später nehmen. Bargeld habe ich leider auch keines mehr, mit dem letzten Zusammengekratzten habe ich Sünjes Bleibe und die Fahrt mit der Regionalbahn nach Hamburg bezahlt. Also zur Bank.
    Ich betrete die kleine Sparkassen-Filiale mitten im Hamburger Bahnhof. Der Automat schluckt meine Karte, ich gebe meine PIN ein. Plötzlich erklingt ein sehr, sehr hässliches Geräusch, das mich ein bisschen an den Ton erinnert, der erklingt, wenn mein Antiviren-Programm auf meinem Rechner einen Virus findet. Es scheppert. Der Automat rülpst metallisch, dann erscheint eine Nachricht auf dem Display: Unbekannter Fehler. Ihre EC -Karte wird einbehalten. Wir bitten um Ihr Verständnis.
    Ich starre auf den Monitor. Wie bitte, was? Ich starre weiter. Drücke auf »Abbrechen«. Nichts passiert. Ich drücke erneut, diesmal noch fester. Der Monitor zeigt mir die Startseite. Herzlich Willkommen. Bitte EC -Karte einführen.
    Nein, nix einführen. Bitte EC-Karte ausführen! Ich werde leicht panisch. Ich stehe am Hamburger Bahnhof, ich habe keinen Cent mehr in der Tasche, allem Anschein nach auch keinen mehr auf dem Konto (gut, das ist jetzt keine SO große Überraschung mehr, immerhin habe ich zwei Wochen nicht gearbeitet und nur Geld ausgegeben), ich will nach Hause, ich habe Hunger, ich habe Durst, mir ist kalt und ich muss aufs Klo! Nicht mal mehr das kann ich mir leisten, das kostet nämlich 50 Cent und ich habe nur noch 38. Verdammt! Ich wollte zwar wieder Realität, aber doch nicht so eine!
    Meine Verzweiflung verwandelt sich in Wut, ich zücke mein Handy und wähle die Notfallnummer der Bank, die rechts neben dem Automaten auf einem kleinen roten Schildchen steht. Die können was erleben! Ein unerwarteter Fehler! Pah! Ich hänge sehr, sehr, SEHR lange in der Warteschleife, nach mehrerem Weiterverbinden von Abteilung zu Abteilung komme ich endlich bei jemandem an, der von irgendetwas Ahnung zu haben scheint. Jedenfalls hat er Ahnung davon, dass meine Karte eingezogen wurde, weil mein Konto so schlimm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher