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Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Titel: Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
Autoren: Juli Rautenberg
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der Jahreszeit sei da nix los, meinte Britta. Sie nahm sich, sehr zum Missfallen der anderen Auskunftsinteressierten, die schon zu einem Murren ansetzten, auch noch die Zeit, ihre Cousine Sünje anzurufen und ein Zimmerchen für mich zum Sonderpreis zu reservieren. Sünje heißt Sonne, und als ich wenige Stunden später in Schockumerdeich ankam, ging tatsächlich die Sonne auf, denn Sünje drückte mich fest an ihren riesigen Busen und raunte mir in ihrem von Wind und Wetter gegerbten Mezzosopran zu: »Britta hat mir alles erzählt. Komm her, mien Deern, ich mach dir erst einmal eine heiße Schokolade.«
    Und nun sitze ich hier, in Schockumerdeich und lasse es mir gutgehen. Niemand weiß, dass ich hier bin. Mein Guthaben vom Handy ist fast leer, aber ich habe eh grade niemanden, den ich anrufen kann. Selbst schuld. Aber telefonieren soll auch nicht Zweck des Ausflugs sein. Ich möchte mir einen Strandkorb suchen und den ganzen Tag darin sitzen bleiben. Ich möchte im Sand liegen und Schneeengel machen, mir den Wind um die Nase und das Wasser um die Schuhspitzen spülen lassen. In diesem Sinne: Ich bin dann nochmal kurz weg.
    Der Deich und ich
    Dienstag, 21. September um 11:09 Uhr
    Es ist schön hier in Schockumerdeich. Die Sonne knallt vom Himmel, der Wind braust und die Schuhe versinken im Sand. Es geht mir gut. Seit langer Zeit bin ich mir wieder einmal selbst genug, kann die Probleme irgendwo in eines der hinteren Stübchen des Hirns verbannen und mich auf die einfachen und lebensnotwendigen Dinge des Alltags konzentrieren. Einatmen, ausatmen. Laufen. Ein Fuß vor den anderen.
    Sünje kümmert sich ganz herrlich um mich. Morgens presst sie mir frischen Orangensaft, abends mästet sie mich mit heißem Grog und Weihnachtsplätzchen vom Vorjahr. Ich weiß, dass der Kalender behauptet, wir hätten erst September. Hier oben scheinen andere Naturgesetze zu gelten, hier oben ist nämlich schon viel später im Jahr. Und ich habe dank Kreta auch vollkommen falsche Klamotten dabei. Trotzdem: Ich bin die Ruhe selbst. Gelassener als jemals zuvor, befreiter, entspannter. Konrad ist da, irgendwo in meinem Kopf, aber anstatt wie normalerweise dem Karussell noch einen zusätzlichen Stoß zu verpassen, damit die Gedanken in ihren Kettenschaukeln um ihre eigene Achse fliegen, steht alles still. Ich gratuliere mir selbst zu meiner Entscheidung, noch nicht nach Hause gefahren zu sein. Hier komme ich endlich zur Ruhe. Hier kann ich endlich mein Grübeln beenden. Egal was du tust, tue es gut und beende das Denken. Denken kann ziemlich krank machen. Und einsam. Wenn man immer alles durchanalysiert, hoch- und runterrechnet, hin und her wendet, dann bleibt am Ende nicht mehr viel übrig. All das Gute, Wahre, Schöne geht verloren, wie bei heißem Tee, den man zum Abkühlen von einer Tasse in eine andere schüttet: Ein paar Tropfen gehen immer daneben, und wenn man so zwanzig- bis dreißigmal alles von links nach rechts und wieder zurückgeschüttet hat, dann ist der Tee kalt, und außerdem ist nur noch halb so viel übrig wie am Anfang. So ist das mit meinen Gedanken. Am Ende bleibt nur die Hälfte von dem, was mal der Ursprung war.
    Fühlen sollte ich üben. Fühlen und machen, und die Dinge Dinge sein lassen, und die Menschen Menschen. Ich hab mich in meinen Gedanken um Moritz verlaufen. Ich habe so lange darüber nachgedacht, warum ich nicht das für Moritz fühle, was ich sollte, dass ich am Ende gar nichts mehr fühlen konnte. Oder nicht mehr viel.
    Hier in meinem Strandkorb fühle ich. Ich fühle die raue Luft und die Möwen, die über meinem Kopf Loopings schlagen. Ich fühle meine Hände, meinen Herzschlag, meine kalten Füße. Ich fühle mich, endlich, wieder. Und stelle mit einer leichten Verwunderung fest: Ich brauche ja gar niemanden, um nicht allein zu sein. Ich hab ja mich.
    Im Auge des Sturms
    Samstag, 25. September um 14:05 Uhr
    Und jetzt hab ich genug von mir. Ich hatte mich jetzt für ganze sieben Tage, nur ich, nur der Strandkorb, nur die Möwen über dem Kopf. Ich bin bereit für die Realität. Und ich hoffe, die Realität ist bereit für mich. Ich packe meinen Koffer. Kein Abschiedsschmerz, kein »Ich-will-noch-nicht-nach-Hause-zurück«, sondern das perfekte Gefühl, dass es genug ist. Genau richtig dosiert, alles prima. Ich freue mich auf meine Wohnung, auf mein Zuhause, meinen Kiez, meine Stadt, meine Leute. Ach, was freu ich mich auf meine Hühner!
    Gestern Abend, als Sünje mir zum letzten Mal bei einer heißen
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